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Österreich und Österreich-Ungarn in der Darstellung eines Lexikons
im Dritten Reich 1934


Geschichtsverdrehung zwischen vielen richtigen Statistiken

Abschrift von Michael Palomino

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Österreich     Österreich-Ungarn

aus:
Österreich; In: Das Kluge Alphabet. Konversations-Lexikon in 10 Bänden. Propyläen-Verlag Berlin 1934

Kommentar
Die Darstellung über Österreich und Österreich-Ungarn in einem renommierten Lexikon des Dritten Reichs scheint eine wichtige Komponente der Beeinflussung der Volksmassen. Die hierfür wichtigen Passagen für die Unschuldserklärung gegenüber der Geschichte sind fett markiert. Sie verstecken sich zwischen vielen zutreffenden und neutral gehaltenen Angaben.

Michael Palomino 1999 / 2005


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Österreich
Österreich, Freistaat in Mitteleuropa, 83'838 km2, 6,7 Mio. E; Hauptstadt: Wien. 9 Bundesländer: Burgenland, Kärnten, Nieder-, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Wien (vgl. Karte Deutsches Reich). das etwa 550 km lange, im Westen nur 40-60 km breite Staatsgebiet umfasst den Hauptteil: Hohe Tauern und Ötztaler Alpen, etwa 3800 m), ferner ausser dem Wiener Becken Teile des nördl. Alpenvorlandes, des Böhmischen Massivs (nördl. der Donau), Übergänge zur Oberungar. Tiefebene (Südostrand der Alpen) sowie ein kleines Stück von dieser selbst (und den Neusiedler See). Vielfach offene Grenzen, sogar in den Alpen; auch der grossenteils durch Kammlinien (Wasserscheiden) abgeschlossene Süden (im Westen Rätische, Ötztaler und Zillertaler Alpen, im Osten Karnische Alpen und Karawanken) bietet bequeme Zugänge (u.a. Brenner, Pustertal). -

Flüsse und Seen:
überwiegend Stromgebiet der Donau, deren Zuflüsse häufig den Längstalzonen zwischen Zentral- und Kalkalpen folgen (im Norden: Inn mit Salzach, Enns, im Süden: Drau). reich an Seen sind Salzburger Alpen und Salzkammergut sowie das Klagenfurter Becken; Anteil am Bodensee und bes. am Neusiedler See.

Klima
sehr verschieden. Unter dem Einfluss der vorherrschenden Nordwestwinde am Nordwestrand weit höhere Niederschläge (150-200 cm und mehr) als in den inneren Tälern und im Osten 50-80 cm). Warme Sommer in Vorarlberg, Inntal (Föhn) und den Südalpen, kalte Winter in den abgeschlossenen Becken (z.B. Klagenfurter Becken). Schneegrenze in den Nördlichen Kalkalpen rund 2500 m, in den Zentralalpen rund 3000 m. Grösster Gletscher: Pasterze; östlichste Vergletscherung am Dachstein. Vgl. Tafeln - Tier- und Pflanzenwelt -> Europa, Alpen.

Bevölkerung:
überwiegend bayrischen Stammes, in Vorarlberg und Nordwesttirol alemannisch, im Osten fränkischer Einschlag; ganz geringe nationale Minderheiten (Tschechen, Slowenen, Kroaten). Infolge des grossen Anteils an den Alpen, in denen fast nur die Täler besiedelt sind, geringe druchschnittliche Dichte (80 je km2); grösste im Wiener Becken, im nördl. und südöstl. Alpenvorland und im Rheintal, niedrigste in Tirol und Salzburg. Höchstes Dorf: Obergurgl im Ötztal (1927m). Grossstädte: Wien (hier über 1/ der Gesamtbevölkerung), Graz, Linz. Sehr geringer Geburtenüberschuss (1933: 1,1 je km2).

Religion:
94% kath., 3% ev., 3% jüdisch. Der Mannigfaltigkeit der Landesnatur und der Abgeschlossenheit mancher Täler und Becken entspricht grosse Verschiedenheit in Mundart, Brauch, Sitte und Siedlungsweise. Das deutsche Volksgebiet greift bes. in Tirol, aber auch sonst gewöhnl. stark über die Staatsgrenze hinaus.

Bildung:
hochentwickeltes Schulwesen. Gliederung: Volksschulen, Hauptschulen (nach dem 4.Volksschuljahr), gewerbl. Fortbildungsschulen, Berufs- und Fachschulen, Mittelschulen (svw. höhere Schulen) u.a.; 36 Lehrerbildungsanstalten. Universitäten in Wien, Innsbruck und Graz, Techn. Hochschulen in Wien und Graz, ferner in Wien: Hochschule für Welthandel, für Bodenkultur, Akad. der bildenden Künste, für Musik und darstellende Kunst, Tierärztl. Hochschule. In Leoben Montanistische Hochschule.

Wirtschaft:
Hauptwirtschaftszweig ist die in der Nachkriegszeit wesentlich verbesserte Landwirtschaft (Steigerung der Erzeugung bes. von Korn, Vieh, Milch und Milchprodukten), 2,3 Mio. ha Ackerland, 1 Mio. ha Wiesen, 1,35 Mio. ha Alpenwirtschaft, 0,1 Mio. ha Ost- und Weingärten. vorzügl. Forstwesen (3,14 Mio. ha Waldungen) und wirtschaftlich bedeutende Alpenjagd. Der Bergbau (Eisen, Magnesit) leidet unter Kohlenmangel (Zufuhr, bes. Koks, nötig) trotz beträchtl. Wasserkräfte.

Von den Erwerbstätigen gehören rd. 31,6% z. Landwirtschaft, 29% zu Industrie und Gewerbe, 12% zu Handel und Verkehr, 8,2% zu öffentlichen und freien Berufen. - Um den Haupthandelsplatz, zugleich Zentrum der Mode- und Luxusartikelherstellung, Wien, konzentrieren sich die wichtigsten Industrien: metallwaren-, Leder-, Textilindustrie im Wiener Becken, in den Nordostalpen und in Ober-Steiermark Automobilindust., Bierbrauerei, Ziegelei, Papier usw., Eisenindust., Holzverarbeitg. (ebenso in Kärnten) und Textilien (auch in Vorarlberg). Unter der Wirtschaftskrise hat Ö. schwer gelitten. Ein- und ausfuhr sind bes. unter der Wirkung der unorganischen Balkanaufteilung durch die Friedensdiktate sehr zurückgegangen; die finanzielle Abhängigkeit von den Siegerstaaten wurde durch hohe Anleihen verstärkt, der Fremdenverkehr ist empfindlich zurückgegangen. Haupthandelsländer: Deutsches Reich, Tschechoslowakei, Ungarn, Polen, Italien. -

Zahlungsmittel: Schilling (S) = 100 Groschen (g) = 0,59 RM Goldparität; etwa 14% entwertet.

Staat:
Das mehrfach geänderte Bundesverfassungsgesetz wurde 1.1.1934 durch die neue österr. Bundesverfassung des Bundesstaates Ö. ersetzt (239.VO der Regierung im Bundesgesetzbl.). Staatsoberhaupt der Bundespräsident (mindestens 35 Jahre alt, in mittelbarer geheimer Wahl von allen über 2 Jahre alten Bundesbürgern auf 6 Jahre gewählt); ernennt die Regierung und beruft sie ab. daneben 4 beratende Körperschaften:
1.Staatsrat (40-50 vom Bundespräsidenten auf 10 Jahre ernannte Mitglieder). -
2. Bundeskulturrat (30-40 Mitglieder, aus den Kreisen der Kirche, der Religionsgemeinschaften, des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens, der Kunst und Wissenschaft entsandt).
3. Bundeswirtschaftsrat (70-80 Mitgl. aus den wirtschaftl. Berufsständen).
4. Länderrat (je 2 Mitglieder aus jedem Land und der bundesunmittelbaren Stadt Wien).

Aus diesen 4 Körperschaften gebildet der beschliessende Bundestag: 20 Mitglieder des Staatsrates, 10 des Bundeskulturrates, 20 des Bundeswirtschaftsrates, 9 des Länderrates. Gesetzesinitiative allein bei der Regierung. -

die Länder (an ihrer Spitze der Landeshauptmann und sein Stellvertreter, der Landesstatthalter) haben eigene Landtage und als Gesamtvertretung den Länderrat. Die Landtage sind nach Landesgesetzen ständisch aufgebaut. Die Bundesregierung hat das Recht, bei gewissen Voraussetzungen im Verordnungswege Gesetze zu erlassen; der Bundespräsident kann auf diesem Wege sogar die Verfassung ändern. -

Heer:
Söldnerheer mit 12jähr. Verpflichtung. Gesamtstärke: 1500 Off., 28'500 Mann; daneben vorläuf. Hilfskorps von 8000 Mann. Einführung der allg. Wehrpflicht für 1935 geplant.

Geschichte:
Schon in der jüngeren Steinzeit finden wir in Ö. neben der Kultur des Donaukreises Ausstrahlungen der nord. Kultur. In der Bronzezeit und bes. in der älteren Eisenzeit wurde die Salzburger Gegend (-> Hallstattzeit) zu einem wirtschaftl. und kulturellen Zentrum Mitteleuropas. Damals noch illyrisch, wurde das ganze österr. Alpengebiet später keltisch, 15 v.Chr. unter Augustus römisch (Raetica und Noricum; Bindabona = Wien ist eine röm. Gründung). Im Verlauf der Völkerwanderung besiedelten die Bayern Ö., ausgenommen Vorarlberg, wo sich Schwaben festsetzten. Karl I. unterstützte im Kampf gegen die Awaren die german. Kolonisation. Otto I. machte 956 das heutige Ö. als bayr. Ostmark zum deutschen Bollwerk gegen die Ungarn; Otto II. unterstellte Ö. dem Babenberger Liutpold als Markgrafen. Für den Verzicht Heinrich Jasomirgotts auf Bayern wurde Ö. 1156 zum selbständigen Herzogtum erhoben; 1192 kam die Steiermark an Ö. Das wirtschaftliche und kulturelle Leben nahm unter den Babenbergern ausserordentlichen Aufschwung; die german. Kolonisation wurde mit Nachdruck fortgesetzt. Nach dem Aussterben der Babenberger (1246) setzte sich Ottokar von Böhmen in den Besitz von Ö.; nach seiner Niederlage auf dem Marchfelde (1278) kam es mit Steiermark und Krain an die Söhne Rudolfs von Habsburg.

Albrechts I. Versuch, durch Angliederung von Böhmen und Thüringen das Reich von Ö. aus zu einigen, misslang durch seine Niederlage bei Lucca (1307). Nach seinem Tode erhielten die Luxemburger (Heinrich VII., Karl IV., Wenzel, Sigismund) und der Wittelsbacher Ludwig der Bayer die Führung, die nach Kräften das Hineinwachsen von Ö. ins Reich hinderten. Mit kaiserl. Unterstützung lösten sich die Schweizer Eidgenossen von Ö. (Niederlagen bei Morgarten 1315 und bei Sempach 1386). Auch wurde Ö. 1356 (Goldene Bulle) nicht Kurfürstentum und damit trotz seiner Grösse nicht zum Tragpfeiler des Reiches gemacht. Der Erwerb Kärntens und Krains 1335, Tirols 1363 und Triests 1382 bedeutete nur eine Machtsteigerung im Südosten.

1438 erhielten die Habsburger zwar mit Albrecht II. das Kaisertum; da sie aber gleichzeitig Böhmen und Ungarn erbten, richteten sie ihr Hauptinteresse nunmehr auf die Angliederung dieser neuen Gebiete. Denn Böhmen und Ungarn widersetzten sich unter einheimischen Königen der Einverleibung; die Ungarn entrissen sogar Kaiser Friedrich III. Ö., das erst Kaiser Maximilian 1490 wiedergewann. Dieser setzte auch die Kräfte seines Landes an der deutschen Westgrenze gegen Frankreich ein und gewann für da Reich aus dem Burgund. Erbe Karls des Kühnen die Niederlande und die Freigrafschaft Burgund zurück. Durch die Heirat seines Sohnes Philipp mit der spanischen Prinzessin Johanna wurde Ö. in das span.-habsburgische Weltreich eingeordnet, bes. unter Karl V. Vor allem aber entwuchs es den Interessen des Reiches, da 1526 durch den Tod Ludwigs II. von Ungarn (Schlacht bei Mohács) dieses und Böhmen mit Schlesien endgültig an Ö. fielen. Damit hörte Ö. auf, ein selbständiges deutsches Land zu sein, und ging in -> Österreich-Ungarn auf.

[weiter: siehe Österreich-Ungarn: 350 Jahre zum Teil rassistische österreichische Kolonialpolitik über den Balkan,  ab 1871 deutsch-österreichische Nationalbewegung nach dem deutschen Sieg gegen Frankreich, die ab dem weltweiten Börsencrash von 1873 aufgrund der bankenfreundlichen Stützungspolitik stark antisemitisch wird, weil die anderen Börsenverlierer fast alle leer ausgehen, v.a. die Bauern: der Boden für die spätere NSDAP, die Kinderstube von Hitler].

Ö. seit 1918:
Nach dem Zusammenbruch von 1918 hofften die Deutschösterreicher, mit dem Deutschen Reiche wieder vereinigt zu werden; die "provis. Nationalversammlung" erklärte durch das Staatsgrundgesetz vom 12.11.1918 Deutsch-Ö. zu einer demokrat. Republik und gleichzeitig zu einem Bestandteil der Deutschen Republik. Der Anschluss wurde aber durch Art. 88 des Diktates von St-Germain (1919) verboten, woran auch die Volksabstimmung in Tirol und Salzburg (Frühjahr 1921) nichts mehr ändern konnte. 1919 erfolgte die Ausweisung der Habsburger und die Abschaffung des Adels. Unter der Vorherrschaft des roten Wien schien Ö. zusammenzubrechen (kommunist. Unruhen, Loslösungsversuche in Tirol und Vorarlberg, Einbruch der Jugoslawen in Kärnten). Durch das Diktat von St-Germain gingen Sudetendeutschland, Südtirol, Südsteiermark und Südostkärnten für Ö. verloren; nur das Burgenland wurde 1921 (mit Ausnahme von Ödenburg) gewonnen.

1920 trat Ö. dem Völkerbund bei. Die Aussenpolitik bestimmte seit 1922 im wesentlichen Prälat Seipel (Führer der Christlich-sozialen Partei, die durch die Wahlen von 1920 zur stärksten Partei geworden war). Die Bundesverfassung vom 1.10. 1920 rückte vom roten Zentralismus ab, überliess jedoch Wien der SPD. Bundespräsident 1920-28 Hainisch, seither Miklas.

Die wirtschaftl. Schwierigkeiten zwangen Seipel Oktober 1922 zur Unterzeichnung des Genfer Protokolls (langfristige internat. Anleihe, mehrjähr. Finanzkontrolle des Völkerbundes, Wiederholung des Anschlussverbotes). Die Niederbrennung des Justizpalastes in Wien (15.6.1927) und die Radikalisierung der SPD (Republikan. Schutzbund) hatten eine Verstärkung der Heimwehren zur Folge, auf deren Unterstützung die ständig wechselnden Kabinette weithin angewiesen waren. Unter ihrem Druck wurde 1929 die Verfassung im Sinne einer Verstärkung der Rechte des Präsidenten abgeändert. Der Plan einer Zollunion mit dem Deutschen Reich wurde durch den Widerstand Frankreichs und Italiens verhindert (->Anschlussfrage). Unter dem christl.-sozialen Kabinett Dollfuss (seit Mai 1932) wurde 15. 7. 1932 das Lausanner Protokoll unterzeichnet, in dem Ö. gegen Gewährung einer unzulänglichen 20jährigen Anleihe erneut auf finanzielle Selbständigkeit und jede Anschlusspolitik verzichtete.

Seit 1930 hatte sich die NSDAP in Ö. zu einer mächtigen Volksbewegung entwickelt; aber auch der Marxismus verstärkte seine Stellung, bes. in Wien. Zwischen beiden Parteien suchte sich Dollfuss zu behaupten, indem er sich auf Heer und Polizei, Heimwehr, die katholische Kirche und die Legitimisten stützte (die Christlich-soziale Partei hatte immer mehr an Boden verloren und ging 1934 in der Vaterländischen Front auf). Gegen den Nationalsozialismus wurde auf das schärfste vorgegangen, wodurch sich das Verhältnis zum Deutschen Reich sehr fühlbar verschlechterte. Dem Widerstand grosser Teile der Bevölkerung gegen seine Politik suchte Dollfuss dadurch zu begegnen, dass er eine militärische Diktatur errichtete und die Staatsmacht an die Heimwehren (Führer seit 1930 Fürst Starhemberg) auslieferte, die in eine besoldete Sicherheitspolizei umgewandelt wurden (Frühjahr 193 blutige Zerschlagung des Marxismus). andrerseits fand er weitestgehende politische und finanzielle Unterstützung bei Frankreich und Italien.

Schliesslich kam es 25.7.1934 zu einem Anschlag einer kleinen Gruppe gegen das Bundeskanzleramt, wobei Dollfuss erschossen wurde; die gleichzeitig ausbrechenden lokalen Aufstände in Steiermark und Kärnten wurden vom Militär niedergeworfen. Diese Vorgänge führten, bes. infolge ausländ. Meldungen über angebl. Unterstützung der Unruhen durch das Deutsche Reich, zu einer europ. Krise (ital. Truppenaufmarsch am Brenner). Der neue Bundeskanzler Schuschnigg verhinderte zunächst einen Putschversuch der Heimwehren und sucht seither mit Geschick der inneren und äusseren Schwierigkeiten Herr zu werden.







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Österreich-Ungarn
(amtlich: Österreichisch-Ungarische Monarchie), ehemalige Monarchie in Mitteleuropa, 676'620 km2, 51,4 Mio. E (1910). Lag im wesentlichen im Donaugebiet ("Donau-Monarchie") und bestand aus 5 grossen Landschaftsgebieten: Alpen-, Sudeten-, Karpathen-, Karstländer und Ungarisches Tiefland. Staatsrechtlich 2 Hauptteile: Kaiserreich Österreich (Zisleithanien, Hauptstadt Wien) und Königreich Ungarn (Transleithanien, Hauptstadt Budapest); ferner seit 1878 das "Okkupationsgebiet" Bosnien-Herzegowina (1908 annektiert).

Wegen der klimatischen Mannigfaltigkeit von Ö.-U., seiner wechselnden, im ganzen aber guten Ausstattung mit Bodenschätzen, ferner infolge der Verschiedenheit seiner Bewohner ergänzten sich die einzelnen Teile des Staates vorteilhaft, weshalb die Wirtschaft stark in sich selbst ruhen konnte. Jedoch führte Ungarn eine immer selbständigere Wirtschaftspolitik. Im Aussenhandel stand das Deutsche Reich weitaus an erster Stelle.

Bevölkerung
nach Sprachen (in %): Deutsche 23 (in Österreich allein 36; kulturell führen), Ungarn 20, Tschechen und Slowaken 16, Kroaten und Serben 10,8, Polen 9,8, Ruthenen 7,8, Rumänen 6,3, Slowenen 2,6, Italiener und Ladiner 1,6. Bekenntnisse (in %): Kath. 65,9, Unierte 10,6, Evang. 8,9, Griech.-Orthodoxe 8,7, Juden 4,4, Mohammedaner 1,2.,

Staat:
Zwischen den unter der Bezeichnung Österreich vereinigten Ländern und Ungarn bestand auf Grund der -> Pragmat. Sanktion von 1713 Personal- und Realunion. Seit 1804 führte der österr. Monarch den Titel Kaiser von Österreich. Die endgültige staatsrechtl. Gestaltung der Donaumonarchie wurde durch den -> Ausgleich von 1867 geschaffen. Die amtliche Bezeichnung des Monarchen lautete: Kaiser von Österreich, König von Böhmen usw. und Apostol. König von Ungarn. Das Kaiserreich Österreich (die im Reichstage vertretenen Königreiche und Länder) hatte einen Reichsrat (zuletzt 241 Mitgl.), ein Abgeordnetenhaus (516 Mitgl.) und in den Kronländern Landtage, Statthalter bzw. Landeshauptleute und selbstverwaltende Landesausschüsse. -

Die Länder der ungarischen Krone bestanden aus Ungarn und dem nur lose damit verbundenen Kroatien-Slawonien. Der ungar. Reichstag, der mit dem König die Gesetzgebung ausübte, bestand aus der Magnatentafel (Oberhaus mit 366 Mitgliedern und der Repräsentantenafel (Unterhaus) mit 453 Mitgliedern; daneben bestand ein kroatisch-slawonischer Landtag. Beide Staaten hatten volle Selbständigkeit in inneren Angelegenheiten, Rechtsprechung und Gesetzgebung, Gemeinsamkeit in folgendem: Auswärtige Angelegenheiten, Kriegswesen (Ausnahmen -> Heer) und die beide Gebiete betreffenden Finanzsachen; in einige Wirtschaftsangelegenheiten (Zoll, Abgaben, Steuern) bestand teilweise Selbständigkeit. -

Heer:
Es bestand allg. Wehrpflicht vom 19.-42. Lebensjahr. Nebeneinander gab es das gemeinsame k.u.k. Heer (unter dem gemeins. Kriegsminister), die österr. (k.k.) Landwehr und die ungarische (k.) Honvéd (unter dem österr. bzw. ung. Landesverteidigungsminister). Die seit 1897 im Ausbau befindliche Flotte war bei Ausbruch des Weltkrieges noch nicht auf der geplanten Höhe.

Geschichte:
Österreich-Ungarn entstand 1526, als Ferdinand von Österreich (seit 1556 deutscher Kaiser) durch den Tod seines Schwagers -> Ludwig II. Ungarn und Böhmen mit Schlesien und Mähren erbte. Ungarn musste jedoch erst den Türken entrissen werden, womit Österreich-Ungarn zugleich die Aufgabe ihrer Abwehr von Mitteleuropa übernahm. Die Einheit und Kraft des Staates wurde im 16.Jh. unter den schwachen Kaisern Maximilian II. und Rudolf II. durch Teilungen gefährdet und durch die Stände, die gleichzeitig kirchlich-reformator. Ideen zuneigten (Majestätsbrief für Böhmen 1609).

Als Kaiser Matthias (1612-19) seinem streng kath. und absolutistisch eingestellten Vetter Ferdinand von Steiermark (Ferdinand II., 1619-37) die Nachfolge verschaffte, lösten sich 1618 die Böhmen von Österreich-Ungarn und wählten Friedrich V. v.d. Pfalz zum König. Ferdinand zwang die Stände nieder, rottete den Protestantismus aus und hob nach dem Sieg am Weissen Berge (1620) Böhmens Selbständigkeit auf. Danach versuchte Ferdinand, nicht nur ganz Deutschland dem Katholizismus zurückzugewinnen, sondern auch das ganze Reich von Österreich-Böhmen aus durch militärische Mittel (Wallenstein) zu einigen. Ferdinand III. (1637-57) liquidierte 1648 im Westfäl. Frieden dieses vergebliche Unternehmen, und Österreich-Ungarn wendete sich dem Balkan zu. Zwar nahm Leopold I. (1658 bis 1705) auch noch die Reichspflichten im Kampf um den Rhein gegen Ludwig XIV. wahr, jedoch nur schwach.

Seine ganze Kraft konzentrierte Österreich-Ungarn auf die Zurückweisung der ständig bedrohlicher werdenden Angriffe der Türken. Als diese vor Wien (1683, Verteidiger Fürst Starhemberg) verlustreich zurückgeschlagen waren, folgte die Eroberung Ungarns: Siege des Markgrafen Ludwig v. Baden bei Peterwardein 1691 und des Prinzen Eugen von Savoyen bei Zenta 1697. Im Frieden von Karlowitz 1699 gewann Österreich-Ungarn ganz Ungarn mit Siebenbürgen (ausgenommen das Banat von Temesvár).

Es war nunmehr europäische Grossmacht und konnte als solche entschieden gegen Frankreich antreten, als sich ihm durch das Aussterben des spanischen Königshauses die Aussicht bot, Spanien mit Österreich-Ungarn zu verbinden (Span. Erbfolgekrieg 1701-14). Josephs I. Tod (1711) verhinderte zwar den vollen Erfolg. Doch erlangte Karl VI. (1711-0) 1714 im Frieden von Rastatt die span. Niederlande (Belgien); ausserdem fasste er in Mittel- und Oberitalien (Mailand) Fuss. Andrerseits liess er Lothringen an Frankreich fallen und ermöglichte damit dessen Vordringen an den Rhein.

Der Türkenkrieg (1716-18, Eroberung von Belgrad) brachte Österreich-Ungarn das restliche Ungarn ein, dazu Serbien und die Kleine Walachei (die Gebiete südlich der Sawe-Donau-Linie musste es 1739 wieder aufgeben). Die Hauptsorge Karls VI. galt der Nachfolge seiner Tochter Maria Theresia (1740-80). Obgleich die europ. Mächte die -> Pragmatische Sanktion anerkannt hatten, griffen Bayern und Frankreich 1740 Österreich-Ungarn an. 1742-45 kam die Kaiserwürde an Bayern (Karl VII.). Preussen, dessen inneres Erstarken Österreich-Ungarn nicht hatte hindern können, gewann unter Friedrich d.Gr. im 1. und 2. Schles. Krieg (1740-42) und 1744-45) Schlesien. Im übrigen behauptete Maria Theresia ihre Erblande in Österreich (Erbfolgekrieg 1740-48). Zum Dank für seine Hilfeleistung erhielt Ungarn eine Sonderstellung im Rahmen der Gesamtmonarchie, während die anderen Länder zentralistisch von Wien aus regiert wurden.

Trotz der Unterstützung durch Frankreich und Russland konnte Österreich-Ungarn im 7jähr. Krieg (1756-63) Schlesien nicht zurückgewinnen. Preussen übernahm an seiner Stelle die Macht an der deutschen Ostgrenze (Dualismus Preussen-Ö.-U.). Joseph II. (1765-90) erkannte die Gefahr und wollte deshalb Bayern zur Stärkung des deutschen Elements an Ö.-U. angliedern, was aber Friedrich d. Gr. verhinderte (Bayr. Erbfolgekrieg 1778-79 und Deutscher Fürstenbund 1785). Ö.-U. erhielt 1779 nur das Innviertel, 1772 durch die 1.pol. Teilung Galizien. Joseph suchte nun Ö.-U. zu einem absolutistisch regierten Einheitsstaat deutschen Charakters umzuformen. Durch sein Toleranzedikt 1781 und seine Eingriffe in das kirchl. Leben (Josephinismus) verfeindete er sich den Klerus. Die Aufhebung der Leibeigenschaft und die Reform des Gerichtswesens richteten sich gegen die Herrschaft des Adels über die Bauern. Leopold II. (1790 bis 1792) nahm manche Reform zurück, weil durch den Widerstand der Nationalitäten Ö.-U. auseinanderzufallen drohte; damit scheiterte zugleich der letzte Versuch, den deutschen Charakter Österreichs zu wahren.

Der Türkenkrieg 1787-92 verlief erfolglos. Durch die 3.poln. Teilung 1795 erhielt Ö.-U. Westgalizien mit Krakau. Gleichzeitig entriss ihm Frankreich 1794 Belgien (1.Koalitionskrieg). 1797 verzichtete es gegen Venetien, Istrien und Dalmatien auf Mailand, seinen niederländ. Besitz und den Breisgau und gab damit die Macht am Rhein auf. Napoleon I. drängte Ö.-U. immer mehr au Deutschland hinaus. Es verlor den 2. und 3. Koalitionskrieg und trat 1805 (Friede von Pressburg) seine ital. Besitzungen ab, ferner Tirol, Vorarlberg, Breisgau und Passau. Franz II. (seit 1792) legte 6.8.1806 die Kaiserkrone nieder und löste damit die Verbindung mit Deutschland endgültig.

Die Erhebung 1809 scheiterte nach dem Siege bei Aspern (Erzherzog Karl) durch die Niederlage bei Wagram. Im Frieden zu Wien gab Ö.-U. das 1805 gewonnene Salzburg, Galizien und alle Gebiete südlich der Sawe auf und fügte sich der frz. Vormachtstellung. Der neue Regierungschef Metternich gab auch die Tiroler Freiheitskämpfer unter Andreas Hofer preis. Die Teilnahme am Befreiungskrieg gegen Napoleon seit August 1813 erfolgte aus dynast. Gründen, u. der Wiener Kongress erfüllte dann alle Habsburg. Wünsche: Ö.-U. erhielt die Lombardei und Venetien, Salzburg und Tirol mit Vorarlberg, Galizien (Krakau 1846), Istrien und Dalmatien. Die Macht am Rhein überliess es Preussen, setzte jedoch über den Deutschen Bund in Deutschland seinen Willen durch und im Bunde mit Russland und Preussen (Heilige Allianz) bis 1830 auch in Europa.

Der Mai-Aufstand 1848 in Wien erzwang die Einberufung eines Reichstages, und die letzte Stunde schien für Österreich-Ungarn gekommen, da sich alle Nationalitäten für ihre Selbständigkeit einsetzten (die Deutsch-Österreicher für die Errichtung eines Deutschen Reiches [Frankfurter Nationalversammlung], die Italiener für ihre Vereinigung mit dem Kgr. Sardinien). Fürst Windischgrätz unterdrückte im Juni die tschech. Erhebung in Prag und eroberte mit kroat. Hilfe am 31.10.1848 Wien. In Oberitalien siegte Radetzky Juli 1948 bei Custozza und März 1849 bei Novarra. Ferdinand I. dankte am 2.12.1848 ab; ihm folgte Franz Joseph, der März 1849 eine Gesamtverfassung erliess, die jedoch niemals in Kraft trat. Die Ungarn unter Kossuth erklärten nun das Haus Habsburg für abgesetzt und konnten erst mit russ. Hilfe niedergezwungen werden. Die österr. Abgeordneten verliessen das Frankfurter Parlament, und Ö.-U. trat sogar den preuss. Unionsbestrebungen in Norddeutschland entgegen.

Durch di -> Olmützer Punktationen (1850) zwang Fürst Schwarzenberg mit russ. Hilfe Preussen zum Nachgeben, und Ö.-U. wurde wieder absolutistisch regiert (Minister Bach). 1859 unterlag es den Franzosen und Sardiniern bei Magenta und Solferina und musste im Züricher Frieden die Lombardei abtreten. Neue Verfassungsversuche (Oktoberdiplom, Februarverfassung) scheiterten am Nationalitätenproblem.

Durch Bismarck wurde Ö.-U. 1864 in den Krieg mit Dänemark hineingezogen und 1866 zum kriege mit Preussen um die Vorherrschaft in Deutschland gezwungen (Niederlage bei Königgrätz, 3.7.1866; Waffenstillstand von Nikolsburg). In Italien siegten die Österreicher bei Custozza, mussten aber Venetien abtreten, und Ö.-U. schied aus Deutschland aus (Friede zu Prag). Franz Joseph sah sich nun gezwungen, den demokrat. Wünschen der Bevölkerung entgegenzukommen, vor allem den Ungarn ihre 1849 verlorenen Rechte zurückzugeben (-> Ausgleich). Ziel war dabei, dass in Ungarn die Magyaren, in Österreich die Deutschen herrschen sollten. Die Ungarn behaupteten auch ihre Herrenstellung gegenüber den Slawen, breiteten ihr Volkstum sogar aus (Magyarisierung Siebenbürgens), sicherten sich auch starken Einfluss auf die Gesamtpolitik (siehe Ungarn [Geschichte]).

In Österreich aber ging die anfangs deutsche Vorherrschaft (Ministerium Auersperg 1871-78) verloren, da die Slawen, bes. die Tschechen, das Deutschtum aufs heftigste bekämpften. Die Regierung machte ihnen dauernd Zugeständnisse, um den Reichsrat arbeitsfähig zu erhalten und Österreich nicht auseinanderfallen zu lassen (Ministerium Taaffe 1879-93). Die deutsche Sprache wurde zugunsten der tschech. zurückgedrängt und in Prag eine tschech. Universität errichtet.

1873 hatte Bismarck mit Ö.-U. und Russland das Dreikaiserbündnis abgeschlossen, das jedoch 1878 zerbrach (Berliner Kongress), 1879 durch das deutsch-österr. Bündnis ersetzt und durch den Beitritt Italiens 1882 zum Dreibund erweitert wurde. Rumänien und England lehnten sich zeitweise an.

Im Innern steigerte sich der Nationalitätenkampf von Jahr zu Jahr [unter Forcierung von Schönerer und Lueger, mit dem Frust des Börsencrash von 1773 im Rücken]. Der Erlass der deutschfeindlichen Sprachverordnungen Badenis (1897) rief die Obstruktion der Deutschen, ihre Zurücknahme die der Tschechen hervor. Die Einführung des allgem. Wahlrechts (1907) beschleunigte den Zerfall. Für Habsburg trat bloss die -> Christl.-soziale Partei ein. Die Alldeutschen (->Deutschvölkisch) erstrebten den Anschluss an das Reich, die Südslawen liessen sich für die grossserb. Idee gewinnen, die Rumänen drängten nach Rumänien, die Italiener nach Italien.

Die Balkankrisen 1908 (Einverleibung von Bosnien und der Herzegowina) und 1912 bis 1913 überstand Ö.-U. nur dank der "Nibelungentreue" des Reichs. Die Sorge, alle Autorität gegenüber den slaw. Völkern zu verlieren, veranlasste Ö.-U. nach der Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand (28.6.1914), gegenüber Serbien seine Kraft zu bekunden. Der Weltkrieg selbst brach ohne Ö.-U.s Willen aus; der russ.-österr. Gegensatz auf dem Balkan war jedoch ein Hauptgrund.

[1.Weltkrieg: siehe andere Literatur].


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