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Afrika. Meldungen

Meldungen über Afrika generell

präsentiert von Michael Palomino

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20 minuten
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24.2.2009: <Kenia: Verdächtige werden erschossen>

aus: 20 minuten online; 24.2.2009;
http://www.20min.ch/news/kreuz_und_quer/story/19861496

<Kenianische Polizisten haben nach Angaben eines Beamten bei Festnahme-Einsätzen Dutzende Verdächtige absichtlich getötet. Das geht aus einem Video hervor, das von der Nationalen Kommission für Menschenrechte veröffentlicht wurde.

Der Polizist Bernard Kiriinya erklärt darin, er sei als Fahrer einer Sondereinheit binnen eines Jahres Zeuge von 58 solcher Erschiessungen geworden.

Seinen Vorgesetzten zufolge sei dieses Vorgehen in einigen Fällen vom nationalen Polizeichef persönlich angeordnet worden, erklärt der Polizist auf den im Juli entstandenen Aufnahmen. Er wurde nach Angaben der Menschenrechtskommission vier Monate später getötet. Die Kommission forderte Ermittlungen und den Rücktritt von Polizeichef Mohammed Hussein Ali.

Erste Untersuchungen deuteten darauf hin, dass für Kiriinyas Tod die Polizei verantwortlich sei, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Kommission, Hassan Omar Hassan. Polizei und organisiertes Verbrechen «sind möglicherweise ein und das selbe». Ein Polizeisprecher nannte die Vorwürfe unverantwortlich.

Quelle: AP >

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20 minuten
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Südafrika 13.3.2009: <Kriminalität: Polizei "verlor" 2500 Pistolen in einem Jahr>

aus: 20 minuten online; 13.3.2009; http://www.20min.ch/news/kreuz_und_quer/story/14016590

<In weniger als einem Jahr sind bei Südafrikas Polizei mehr als 2500 Feuerwaffen "verschwunden". Eine detaillierte Liste liegt dem Parlament vor.

Demnach seien viele der Waffen zwischen April 2008 und Februar 2009 als gestohlen oder verloren, einige auch ohne weitere Erklärung als «verschwunden» gemeldet worden. Die meisten der Revolver, Pistolen und Gewehre wurden in der Provinz KwaZulu-Natal entwendet.

Südafrika hat eine der höchsten Kriminalitätsraten der Welt. Nach der offiziellen Statistik werden jeden Tag mehr als 50 Menschen ermordet.

Quelle: SDA/ATS>


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20 minuten
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12.8.2010: Diamanten und Metalle aus Afrika - zur Finanzierung der Kriege der Warlords

aus: 20 minuten online: «Bluthandys»: Nicht nur an Diamanten klebt Blut; 12.8.2010;
http://www.20min.ch/news/kreuz_und_quer/story/16760756

<von Peter Svensson, AP -

Afrikanische Warlords verkaufen Diamanten, um ihre Kriege zu finanzieren. Dies tun sie aber auch mit anderen Mineralien, die jeder von uns täglich gebraucht.

Klebt an elektronischen Artikeln das Blut afrikanischer Arbeiter?

Klebt an unseren Handys Blut? Haben wir mit dem Kauf unserer Mobiltelefone, Laptops und Digitalkameras Vergewaltigungen und Morde im heissen Herzen Afrikas unterstützt?

Denn nicht nur die sogenannten Blutdiamanten, wie sie der liberianische Expräsident Charles Taylor dem Topmodel Naomi Campbell verehrt haben soll, gehören zu den Konfliktmaterialien - auch Gold und Mineralien wie Tantal, Wolfram und Zinn.

Mineralien, die in fast allen elektronischen Geräte zu finden sind, die wir tagtäglich nutzen, und mit denen - wie mit Blutdiamanten - Kriege in Afrika finanziert wurden oder noch werden.

Der Osten Kongos ist reich an diesen seltenen Bodenschätzen. Ein neues Gesetz in den USA verlangt nun von Unternehmen einmal im Jahr einen Herkunftsnachweis. Sie müssen aufschlüsseln, ob sie eine der vier Konfliktmaterialien aus dem Kongo für ihre Produkte verwendet haben - und wenn ja, die Zuliefererkette «mit grösstmöglicher Genauigkeit» bis zur Ursprungsmine zurückverfolgen.

Neben dem Kongo sind neun benachbarte Staaten von dem Herkunftsnachweis betroffen. Schliesslich wird durch Schmuggel allzu oft versucht, das Ursprungsland der Rohstoffe zu verdunkeln. Wenn die Unternehmen belegen können, dass ihre Produkte keine Mineralien enthalten, deren Abbau direkt oder indirekt bewaffneten Gruppen in einem der zehn Länder zugute kommt, dürfen sie ihre Produkte mit dem Prädikat «konfliktfrei» versehen.


Arbeiter werden häufig ausgebeutet

Der Kongo ist zwar eine Schatzkammer voller Mineralien, aber die Produktion ist gemessen an anderen Ländern relativ gering. Meist werden die Rohstoffe noch per Hand abgebaut. Im Jahr 2008 stammten schätzungsweise nur fünf Prozent der weltweiten Zinnproduktion aus dem zentralafrikanischen Land. Der Anteil an der weltweiten Tantalerz-Produktion ist zwar höher, aber auch hier sind Brasilien und Australien die Marktführer. Dennoch ist der Mineralienabbau ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaftstätigkeit im rohstoffreichen Osten.

Hier kontrollieren Rebellen vielerorts die Minen und bauen die Bodenschätze durch Ausbeutung der örtlichen Bevölkerung ab. Von dem erwirtschafteten Geld kaufen sie neue Waffen für immer neue Konflikte. «Die Konflikte sind keine Kämpfe um Rohstoffe,» sagte Laura Seay, eine Assistenzprofessorin für Politikwissenschaften am Morehouse College in Atlanta. «Die Mineralien werden nur genutzt, um die Kämpfe zu finanzieren.»

Ursache der Konflikte seien Landrechte und der Zustrom von Flüchtlingen und Milizionären aus dem benachbarten Ruanda, die unter dem Eindruck des Völkermords 1994 den Ost-Kongo überschwemmten. Seither sind in den immer wieder aufflammenden Konflikten rund fünf Millionen Menschen umgekommen, grösstenteils Zivilpersonen. Immer wieder kommt es zu systematischen Massenvergewaltigungen durch bewaffnete Gruppen.


Skepsis über Gesetz

Mit dem neuen Gesetz sollen die Finanzquellen der Rebellen ausgetrocknet werden. Kritiker bezweifeln allerdings, dass es die gewünschte Wirkung zeigt. Denn einen vollständigen Boykott wollen weder die Vereinten Nationen noch die USA, weil er die Probleme in dem instabilen Land noch verschärfen könnte. Bestraft würden durch einen Boykott auch die schätzungsweise eine Million Minenarbeiter, denen die Lebensgrundlage entzogen würde.

«Wir wollen nicht, dass sich die Käufer zurückziehen,» betont Sasha Lezhnev, Berater der US-Organisation Enough Project, die gegen den Handel mit Konfliktmaterialien kämpft. «Sie sollen nur genau überprüfen, woher die Rohstoffe stammen und so zum positiven Wandel in der Region beitragen.» Vielerorts fehlt es allerdings an der nötigen Kontrolle durch die Regierung oder der Überwachungsprozess wird Mithilfe korrupter Beamter unterlaufen. Der kongolesische Informationsminister Lambert Mende sagte, die Regierung begrüsse das US-Gesetz. Dadurch werde das Land ermutigt, geeignete Überprüfungsmechanismen einzuführen.

Intel hat seine Tantalhütten bereits vor zwei Jahren von dem geplanten Gesetzentwurf in Kenntnis gesetzt. «Die Herkunftszertifikate werden nur geringfügige Kosten für die Zuliefererkette verursachen,» sagte ein Sprecher. Das International Tin Research Institute (ITRI) befürchtet allerdings, dass die Zeit für viele US-Unternehmen knapp wird, wenn sie bereits ab kommendem Jahr die Herkunft der Rohstoffe nachweisen müssten. Derzeit arbeitet das ITRI an einem Pilotprojekt, um herauszufinden, inwieweit man die Herkunft der Mineralien bestimmen kann. «Es ist ganz offenkundig ein schwieriges Arbeitsumfeld,» sagte Sprecherin Kay Nimmo. «Wir brauchen genügend Zeit, um ein System auszuklügeln. Andernfalls wird es auf eine Handelsblockade hinauslaufen.»>

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n-tv online,
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16.8.2010: Afrikas Unabhängigkeiten seit 1960 haben den meisten Afrikanern nur wenig gebracht

aus: n-tv online: 50 Jahre nach dem Kolonialismus: Afrika und der "Ressourcenfluch"; 16.8.2010;
http://www.n-tv.de/politik/Afrika-und-der-Ressourcenfluch-article1265746.html

<Die ersten 50 Jahre nach der Entlassung in die Unabhängigkeit haben die afrikanischen Staaten gebraucht, um überhaupt die Voraussetzungen für künftige Entwicklung zu schaffen, sagt der Afrikawissenschaftler Bierschenk. Vor allem die koloniale Wirtschaftsstruktur erwies sich dabei als Fluch.

n-tv.de: 50 Jahre sind seit der großen Unabhängigkeitswelle in Afrika vergangen. Werden wir Afrika überhaupt gerecht, wenn wir pauschal von Afrika und den Afrikanern sprechen?

Thomas Bierschenk: Nein, das werden wir nicht. Es gibt eine Tendenz, die großen Unterschiede innerhalb Afrikas nicht wahrzunehmen. Kein Mensch würde von asiatischen Entwicklungsproblemen in der Allgemeinheit sprechen, wie wir über Afrika reden. Jedem ist klar, dass China nicht der Irak ist und Kuwait nicht Afghanistan. In Afrika packen wir Simbabwe in die gleiche Schublade wie Sierra Leone oder Benin oder Algerien. Da gibt es eine Tendenz zur Generalisierung, die wir bei anderen Kontinenten so nicht haben.

Der Kolonialismus wird noch immer für viele Probleme Afrikas verantwortlich gemacht. Ist das nach 50 Jahren noch legitim?

Afrika ist reich an Ressourcen, doch nur wenige Menschen profitieren von den Einnahmen, beispielsweise aus dem Diamantenhandel.

Heute kann man natürlich den Kolonialismus nicht mehr ausschließlich für die Probleme Afrikas verantwortlich machen. Allerdings muss man ganz deutlich sagen, dass die afrikanischen Länder, als sie schließlich unabhängig wurden,  ein schwieriges Erbe angetreten haben. Keine Kolonialmacht hat die zu ihr gehörenden Länder besonders gut auf die Unabhängigkeit vorbereitet. Das sieht  man zum Beispiel an den Einschulungsraten. Der Kontinent hat heute erst Zahlen erreicht, die ein Land wie Korea in den 1950er Jahren bereits hatte. De facto wurden viele Länder auch bankrott in die Unabhängigkeit entlassen. Eine ganz wesentliche Überlegung der Kolonialherren war eben, dass die Kolonien einfach zu teuer geworden waren. Diese Probleme wurden durch den großen Optimismus der damaligen Zeit zunächst einfach nicht so wahrgenommen.

Viele Länder blieben ihrer alten Kolonialmacht verbunden, nicht zuletzt durch die Beibehaltung der wirtschaftlichen Beziehungen. Welche Auswirkungen hatte das?

Mit wenigen Ausnahmen waren die Kolonien durch koloniale Wirtschaftsstrukturen geprägt. Sie sollten Primärprodukte aus der Landwirtschaft und dem Bergbau liefern und dafür Fertigwaren importieren. Da sind die Staaten auch nach der Unabhängigkeit nicht herausgekommen. Es gab zwar verschiedene Ansätze, die sind aber immer wieder zusammengebrochen, zum Beispiel wegen der Erdölkrise in den 1970er Jahren. Ein weiterer Faktor ist sicher eine verfehlte Wirtschaftspolitik, für die aber nicht nur die afrikanischen Länder verantwortlich sind, sondern auch die Unmengen an Beratern, die es auch nach 1960 noch in allen Staaten gab. Selbst die jetzt relativ positiven Wachstumsraten beruhen die noch immer auf der alten Kolonialwirtschaft und dem Handel mit Primärprodukten.

Mit dem Rohstoffhandel haben einige Länder dennoch gutes Geld verdient. Inwieweit ist Afrika wegen seiner korrupten Eliten inzwischen für seine Probleme auch selbst verantwortlich?

Wir benutzen dafür den Begriff des "Ressourcenfluchs". Dahinter steht die These, dass Länder, die ausschließlich Primärprodukte exportieren, meist nicht in der Lage sind, daraus etwas Vernünftiges zu machen. Ob das den arabischen Ölproduzenten gelingt, das muss man abwarten, aber in Afrika war das in der Regel nicht der Fall. Bei Ländern wie Norwegen hingegen ist das Erdöl Teil einer Gesamtstruktur, mit den Einkommen werden Investitionen getätigt. Dass das in Afrika nicht passiert ist, daran haben die Eliten einen erheblichen Anteil, das ist ganz klar.

Warum werden in Afrika so wenig eigene Lösungsansätze für die doch erheblichen Probleme entwickelt?

In dem System, dass sich bereits seit den 1950er Jahren entwickelt hat, haben auch viele Berater leider ein Interesse daran, dass es für die institutionalisierte Hilfe ein dauerhaftes Abhängigkeitsverhältnis gibt. Die gesamte Entwicklungsdiskussion für Afrika wird von Autoren bestritten, die stark mit den Gebern verbunden sind, der Weltbank, der KfW, der GTZ oder auch der französischen Entwicklungsbank. Diese Institutionen haben natürlich kein Interesse, ihre Daseinsberechtigung in Frage zu stellen. Durch diese institutionalisierte Hilfe gibt es wenig Anreize für Afrika, eigene Lösungen zu suchen. Die negativen Zahlungsbilanzen werden immer wieder ausgeglichen, dafür bleibt das System der Unmündigkeit auf Dauer erhalten. Afrikas Problem ist zudem ja nicht nur, funktionierende Staaten und Verwaltungen aufzubauen. In Europa und Asien haben entwickelte Mittelklassen hinter Entwicklung und Demokratie gestanden. Die gibt es in Afrika oft erst in Ansätzen. 1960 haben in Afrika nur 13 Prozent der Menschen in Städten gelebt. Inzwischen gibt es einen rapiden Urbanisierungsprozess, damit wachsen auch die sozialen Kräfte, die auf Entwicklung und Berechenbarkeit drängen.

Thomas Bierschenk ist Professor am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und Vorsitzender der Vereinigung für Afrikawissenschaften in Deutschland.

Erwarten Sie, dass das zunehmende Leben in den Städten zu mehr eigener Kraft des Kontinents führt?

Das wird ohne jeden Zweifel so sein. Es gibt inzwischen eine städtische Kultur in Afrika, die es vor 50 Jahren so überhaupt noch nicht gab. Die Alphabetisierung ist weit vorangeschritten, in den Städten liegt sie bei Jungen schon bei 100 Prozent. Es gibt eine  vitale lokale Kulturproduktion, es gibt neben den Staatssendern private Medien, Zeitungen und Radios. Da entwickelt sich eine dynamische Zivilgesellschaft, die sicher auf Dauer einen positiven Einfluss haben wird. Aber die afrikanischen Länder haben die letzten 50 Jahre gebraucht, um überhaupt bestimmte strukturelle Voraussetzungen für Entwicklung zu schaffen.

Ist Afrika inzwischen schon mehr so, wie wir es in Südafrika bei der Fußball-WM erlebt haben?

Südafrika ist der große Hoffnungsträger des Kontinents. Das Land ist die einzige Wirtschaftsmacht von einiger Bedeutung in ganz Afrika. Mit Blick auf die ostasiatische Entwicklung gibt es  die These, dass die Entwicklung von China, Thailand, Singapur oder Vietnam ohne die Vorreiterrolle Japans nicht möglich gewesen wäre. Eine solche Rolle könnte Südafrika in Afrika zukommen. Aber es gibt natürlich auch noch Hunger, Krieg und Elend. Das Bild ist dennoch sehr viel facettenreicher.

Gibt es heute schon Dinge, die wir von Afrika lernen können?

Was mir in Afrika immer wieder auffällt, ist die Fähigkeit vieler Menschen, sich trotz widrigster Umstände  ein lebenswertes Leben zu schaffen. Ein Mindestmaß an Demokratie aufrecht zu erhalten, das ist in diesem Umfeld schon eine gehörige Leistung. Was ich auch immer wieder bemerke, ist die große religiöse Toleranz vieler Afrikaner. Da gibt es in einer Familie Christen, Moslems und Anhänger der einheimischen Religion. Eine Kopftuchdiskussion ist da schwer vorstellbar. Auch da hören wir eher von religiösen Konflikten. Aber insgesamt gibt es in Afrika eine größere religiöse Toleranz als bei uns.

Mit Thomas Bierschenk sprach Solveig Bach>

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20 minuten
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24.11.2010: Aufforstungsprojekt gegen die Ausweitung der Sahara wird durch die Beschlussländer und durch Bauern torpediert

Es wurde eine "grüne Mauer" quer durch Afrika beschlossen, um die Ausweitung der Sahara einzudämmen. Nun, nur in Senegal hat man sich an diesen Beschluss gehalten, und das auch nur auf einer Länge von 20 km. Und die Bauern brennen den Schutzwald zum Teil sogar wieder ab. Man sieht, dass der Menschenverstand in Afrika irgendwie nicht sehr entwickelt ist. Aber lesen Sie selbst:

aus: 20 minuten online: Sahelzone: Ein gründer Gürtel gegen die Wüste; 24.11.2010;
http://www.20min.ch/wissen/news/story/Ein-gruener-Guertel-gegen-die-Wueste-31617825

<Die Sahelzone ist vor allem für regelmässige Dürreperioden und daraus resultierende Hungersnöte bekannt. Ein Aufforstungsprojekt soll die Situation nun verbessern.

Als Sahelzone bezeichnet man den relativ breiten Gürtel, der sich zwischen der Wüste Sahara im Norden und den Savannen im Süden erstreckt. Er reicht vom Senegal an der Atlantikküste bis Dschibuti am Roten Meer. Theoretisch müssten sich auf dieser geografischen Breite Trocken- und Regenzeiten abwechseln; in der Sahelzone überwiegen die Trockenperioden allerdings deutlich.

In den 1970er- und 1980er-Jahren sanken die Niederschläge sogar unter das Normalniveau, was zu einer Hungersnot führte, der schätzungsweise eine Million Menschen zum Opfer fiel. Seit 1985 ist es wieder feuchter; die Sahelzone präsentiert sich heute daher deutlich grüner als vor 30 Jahren.

Wüstenbildung

Dennoch geht weiterhin täglich fruchtbarer Boden durch Überweidung und Abholzung verloren, was die Wüstenbildung fördert. 2007 kam es daher zu schweren Überschwemmungen, weil die trockenen Böden das Regenwasser nicht mehr aufnehmen konnten.

Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken, beschloss die Afrikanische Union im Juli 2005, eine «grüne Mauer» zu errichten. Konkret soll zwischen der senegalesischen Hauptstadt Dakar und Dschibuti ein 7000 Kilometer langer und 15 Kilometer breiter Waldstreifen entstehen, der in erster Linie aus einheimischen Bäumen und Sträuchern (etwa Akazien oder Tamarinden) sowie weiteren Pflanzen besteht. Dadurch soll die Ernährung der lokalen Bevölkerung sichergestellt, aber auch der Export angeregt werden. Erwünschte Nebenfolgen des Projekts wären häufigere Regenfälle, ein Anstieg des Grundwasserspiegels sowie ein besserer Schutz gegen Sandstürme.

Mangelnde Umsetzung

Bei der Verwirklichung dieser ehrgeizigen Pläne hapert es allerdings noch. Einzig im Senegal ist bisher ein 20 Kilometer langer Baumstreifen entstanden, der im Wesentlichen von der dort ansässigen Bevölkerung gepflanzt wurde. Wenn es nach dem senegalesischen Umweltminister geht, wird er in den nächsten Jahren auf 500 Kilometer anwachsen. Das Geld für die Setzlinge stammt vom Staat, aber auch von der Europäischen Union. Die restlichen Staaten der Sahelzone (beispielsweise Mali, Niger oder der Tschad) müssten nun nachziehen, doch dafür gibt es momentan wenig Anzeichen.

Auch das Projekt im Senegal ist nicht unumstritten. Der einheimische Umweltexperte Haïdar al Ali moniert, dass jedes Jahr deutlich mehr Fläche verloren gehe, als wieder aufgeforstet werde, da die Bauern grosse Teile des Waldes wieder abbrennen würden, um an landwirtschaftliche Nutzfläche zu kommen. Dennoch stimmt optimistisch, dass bisher mehr als 80 Prozent der Setzlinge überlebt haben.

(rm)>

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Financial
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10.12.2010: Wikileaks enthüllt: Shell regiert faktisch Nigeria

aus: Financial Times Deutschland: Shells Einfluss in Nigeria; 10.12.2010;
http://www.ftd.de/politik/international/:wikileaks-splitter-was-shell-und-pfizer-in-nigeria-trieben/50203765.html

<Der Ölkonzern Shell  soll alle für seine Geschäfte relevanten Ministerien in Nigeria unterwandert haben. Die US-Diplomaten berichten von einem Treffen mit der Shell-Topmanagerin Ann Pickard. Sie habe ihnen einen Brief gezeigt habe, aus dem hervorgehe, dass Nigeria China aufgefordert habe, sich um Ölkonzessionen zu bewerben. "Sie sagte, die Regierung habe vergessen, dass Shell Abgesandte in allen wichtigen Ministerien habe und dass Shell folglich Zugang zu allem habe, was in diesen Ministerien passiere."

Nigeria ist Afrikas größtes Erdölexportland. Jahrzehntelang beherrschten Ölkonzerne wie Exxon Mobil , Total  und Shell den wichtigsten Wirtschaftszweig des Landes. Von Mitte 2006 bis zu einer Amnestie im vergangenen Jahr waren die Ölanlagen Ziel zahlreicher Anschläge.

Laut einer Depesche vom September 2008 wollte Pickard ihre Geheiminformationen mit den US-Vertretern teilen. Doch ganz geheuer war ihr das offenbar nicht: "Pickard hat uns wiederholt gesagt, sie spreche nicht gerne mit Vertretern der US-Regierung, weil es dort undichte Stellen gebe", heißt es in dem Dokument.
Der Ölkonzern bezeichnete die Berichte als unwahr. Shell werde sie nicht weiter kommentieren. (FTD.de)>

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Welt
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Mosambik 10.12.2010: 35 leere Luxushotels stehen seit 35 Jahren leer an den Stränden seit der Unabhängigkeit Mosambiks

aus: Welt online: Mosambik: Wenn aus Luxus-Hotels Geisterhäuser werden; 10.12.2010;
http://www.welt.de/reise/Fern/article11526639/Wenn-aus-Luxus-Hotels-Geisterhaeuser-werden.html

<Verblasster Glanz: Einstige Edelherbergen stehen heute in Mosambik zu Dutzenden leer. Es sind keine Touristen, die in den Ruinen der Hotels leben.

Als die Zeit den Tanzsaal des "Chongoene Hotel João Belo“ betrat, da drängte sie den Glamour hinaus. Bald nahmen Diebe Vorhänge mit und Gemälde von der Wand. Dann wurden Türen gestohlen, irgendwann stürzte die Decke links von der Bühne ein. Sonnenstrahlen bahnen sich seither ihren Weg durch das morsche Gebälk. Von rostigen Bauträgern gestützt, harrt er seit Jahrzehnten der Dinge, die da kommen werden, der Treffpunkt der einstigen Hautevolee Mosambiks.

In Mosambik stehen seit der Unabhängigkeit des Landes vor 35 Jahren Dutzende Luxushotels leer. Eines davon ist das "Chongoene Hotel João Belo".

Wer den verfallenen Raum sieht, der mag kaum glauben, dass hier einmal Marrabenta gespielt wurde – jene Musik, die ihn Anfang der 70er-Jahre gefüllt haben muss. Unfassbar auch, dass hier Lederschuhe auf dem Holzboden geklackert haben, der hier einmal den Beton bekleidet hat. Das "Chongoene Hotel João Belo“ ist heute nur noch ein Skelett, sein Leben hauchte es vor vielen Jahren an der Küste der mosambikanischen Kleinstadt Xai-Xai aus, getötet vom Lauf der Geschichte.

"Mehrmals pro Woche gab es Tanzveranstaltungen, bis tief in die Nacht“, sagt Ricardo, der Wachmann mit dem melancholischen Blick. Er hat bis 1975 hier gearbeitet, die Koffer von Urlaubern aus Südafrika und Rhodesien (heute Simbabwe) geschleppt. Der 56-Jährige ist immer noch da, als letzter Bewohner des 110-Zimmer-Hotels. An den meisten Tagen sind verarmte Fischer die einzigen Menschen, die er vor der einst prachtvollen Promenade sieht.

Seit 35 Jahren nun ruht das Relikt aus portugiesischen Kolonialzeiten. Wie so viele verlassene Hotels entlang der Küste, allesamt steinerne Zeugen der Geschichte Mosambiks, das einst zu den populärsten Reisezielen Afrikas gehörte. Bis zu jener sogenannten 20-24-Anweisung im Jahr 1975. Damals gaben die Befreiungskämpfer den gerade entmachteten Kolonialherren 24 Stunden Zeit, das Land zu verlassen – mit maximal 20 Kilogramm Gepäck pro Kopf. Es war der Tag, an dem die Pforten des "Chongoene Hotels“ endgültig schlossen, während der bald beginnende Bürgerkrieg die knapp 20 Millionen Mosambikaner endgültig zu einem der ärmsten Völker der Erde machte.

Der Bürgerkrieg ist zwar seit 18 Jahren beendet, der Wirtschaftsaufschwung kommt trotzdem nur sehr langsam in Xai-Xai an, das einige Autostunden nördlich der Hauptstadt Maputo liegt. Zuletzt betrug das Wirtschaftswachstum Mosambiks bis zu neun Prozent jährlich, der Tourismus wuchs sogar zweistellig. In den kommenden zehn Jahren sollen zwei Milliarden US-Dollar in diesen Sektor investiert werden, versprach die Regierung Anfang Oktober: "Ziel ist es, den Norden in ein führendes Touristenziel zu transformieren.“

Einige der weltweit schönsten Tauchreviere - [1000e verstümmelte Menschen durch den Bürgerkrieg - und 80 Dollar Visumgebühr]

Das Potenzial dazu hat das Land mit seinem wunderbaren Klima und seinen 2470 Küstenkilometern fraglos, es wirbt zu Recht mit einigen der weltweit schönsten Tauchreviere. Und auch die Landminen sind in den meisten Gebieten beseitigt – auch wenn ihr Schrecken durch Tausende verstümmelte Menschen lange allgegenwärtig bleiben wird.

Vor allem Südafrikaner haben das Land als Reiseziel wiederentdeckt, noch aber steckt die Wiederbelebung des Tourismus in den Kinderschuhen. Für eigenständig Reisende bleibt ein gewisses Maß an Unplanbarkeit – und das liegt nicht nur daran, dass gerade der Norden nur mit dem Geländewagen erreicht werden kann. Am Grenzübergang zu Südafrika hängt ein verknitterter DIN-A4-Zettel, auf dem steht, dass die Visumgebühr vor vier Tagen auf 80 US-Dollar festgelegt worden sei. Vorher waren es nur 30 Dollar. Eine den Tourismus fördernde Maßnahme ist das gewiss nicht.

[Willkür-Bussen wegen gar nichts - die Mosambik-Polizei kassiert von weissen Ausländern]

141.000 neue Jobs im Tourismus hat die Regierung versprochen, doch die Korruption könnte eines der größten Hindernisse auf dem Weg zu diesem ehrgeizigen Ziel werden. Dreimal stoppt die Polizei unser Auto auf dem Weg von Südafrika nach Xai-Xai und verlangt Bußgeld. Einmal fehlen angeblich Papiere, ein anderes Mal haben wir verbotenerweise das Navigationssystem in der Nähe eines Parkverbotsschilds bedient, zuletzt wurden wir wegen "riskanten Überholens“ belangt – mit Tempo 80 auf einer leeren Landstraße.

Viele geben sich als Investoren aus

Ricardo hat Arbeit, doch er weiß selbst nicht genau, worauf er in der Hotelruine eigentlich aufpassen soll. "Ich soll verhindern, dass hier Unfälle passieren“, sagt er. Gestohlen werden kann kaum noch etwas. In einigen Zimmern stehen noch leere Bettkästen, alles andere von Wert ist längst verloren gegangen. Auch das Hotel ist verloren: Während einige Kilometer entfernt für acht Millionen Euro ein neuer Hotelkomplex entsteht, wird der alte Bau aller Voraussicht nach nicht renoviert werden.

"Das Gebäude gehört nach wie vor den d'Oliveiras, einer alten Unternehmerfamilie, die sehr zurückgezogen lebt“, sagt Daniel Cromhout. Der drahtige Südafrikaner bietet einige Kilometer weiter Touren mit Quad-Motorrädern an, ihn fasziniert die Geschichte des Hotels. Cromhout sagt, es habe vor einigen Jahren einen dubiosen Investor gegeben, der behauptete, Geld für eine Renovierung aufgetrieben und das Hotel erworben zu haben. Angeblich sollte es vor zwei Jahren neu eröffnen – doch da war von dem Projekt längst keine Rede mehr. "Es gibt viele Leute, die sich in Mosambik als Investoren ausgeben“, winkt Cromhout ab. Der 43-Jährige geht manchmal durch die malerisch verfallenen Ruinen. Sie würden eine Ruhe ausstrahlen, die er nur an wenigen anderen Orten finde.

Im Hotel leben 3000 mittellose Menschen

Auch das ehedem berühmteste Hotel Mosambiks wird wohl nie wieder seinen alten Glanz zurückgewinnen. 1000 Kilometer weiter nördlich steht das "Grande Hotel Beira“, es schloss 1963 nach nur zwölf Jahren Betrieb, als der Unabhängigkeitskampf an Brutalität zunahm. Karl Foufas Stimme klingt ein wenig melancholisch, wenn er über die 350 Räume spricht, die einst mit dem Slogan "Stolz von Afrika“ beworben worden waren. Mehrere Wochen verbrachte der Kameramann im Jahr 2006 in ihnen, als er eine preisgekrönte Dokumentation über das Hotel drehte.

"Heute leben im 'Hotel Beira' 3000 mittellose Menschen, ohne Wasser, ohne Strom“, sagt er. Der Keller des Hotels sei nach der Schließung lange als Gefängnis für politische Häftlinge genutzt worden, der dritte Stock diente Polizei und Armee als Unterkunft. 1981 wurde es von der Bevölkerung übernommen. "Da ist ein eigenes kleines Dorf in dem Gebäude entstanden“, sagt Foufas. Mit Bürgermeister, Richter und eigener Müllabfuhr.

Die Angst vor dem Einsturz ist groß

Das riesige Schwimmbad dient als Waschstätte, die Frauen nutzen das dreckige Regenwasser für die Reinigung der Kleidung. Foufas glaubt nicht, dass dieses Gebäude jemals wieder als Hotel verwendet werden kann. "Die Stadt will das Haus abreißen. Eine Tragödie für die Menschen, die hier leben.“ Aber: Die Mauern sind nicht mehr sicher. Vor fünf Jahren stürzten Teile des Hotels bei einem Erdbeben ein. Damals starb zwar lediglich ein Mensch, der in Panik aus dem Fenster gesprungen war. Doch die Angst vor einem Einsturz ist unter den Bewohnern seither groß.

So konkret wie in Beira sind die Pläne in Xai-Xai noch nicht. Wachmann Ricardo sitzt auf seinem Lieblingsplatz vor dem Hotel, dort, wo einst die Sonnenschirme standen. Unzählige Stunden hat er von hier aus schon auf das Meer gestarrt. "Ich weiß von keinen neuen Plänen“, sagt er. In den vergangenen Jahren war jeder Tag wie der andere, kaum vorstellbar, dass es jemals anders sein könnte. Seine Frau bringt ihm fünf Liter Wasser und ein Brot vorbei – wie immer um elf Uhr morgens.

Er wird sein Hotel noch lange für sich haben. Zum Abschied zeigt er noch die drei Küchen, die Bar und die Rezeption. Mit stolzem Lächeln. Fast, als wäre es sein eigenes Haus.>

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n-tv
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10.12.2010: <Afrikanische Naturschützer greifen an: Klage gegen Serengeti-Strasse>

aus: n-tv online; 10.12.2010; http://www.n-tv.de/reise/Klage-gegen-Serengeti-Strasse-article2118941.html

<Die Tierwanderung von der Serengeti in die Massai Mara lockt alljährliche tausende Touristen nach Tansania und Kenia. Gegen das Straßenbauprojekt durch die Serengeti, die diese "Great Migration" empfindlich stören würde, laufen jetzt afrikanische Naturschützer Sturm.

Das afrikanische Naturschutzbündnis ANAW hat vor dem Ostafrikanischen Gerichtshof in Arusha Anzeige gegen ein geplantes Straßenbauprojekt durch die Serengeti erstattet. Der Rechtsanwalt Saitabao Ole Kanchory kündigte an, das Bündnis wolle bei Gericht nicht nur einen vorläufigen Stopp des Projekts erreichen, sondern auch eine Entscheidung, dass der geplante Highway durch den Nationalpark nicht mit den Vorschriften der Ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft zu vereinbaren seien. Damit soll das Projekt dauerhaft gestoppt werden.

Nach den Plänen der tansanischen Regierung sollen im kommenden Jahr die Arbeiten an der Fernstraße beginnen, die die Städte am Viktoriasee mit der nordtansanischen Stadt Arusha und dem Hafen in der Wirtschaftsmetropole Daressalaam verbinden soll. Bisher kam die wirtschaftliche Entwicklung der Städte in Westtansania wegen der fehlenden Infrastruktur nur schleppend voran.

Proteste aus aller Welt

Allerdings soll ein mehr als 100 Kilometer langer Streckenabschnitt der Straße durch das Naturschutzgebiet Serengeti führen. Umweltschützer aus aller Welt haben in den vergangenen Monaten gegen diese Pläne protestiert. Sie fürchten die Zerstörung der traditionellen Wanderwege Hunderttausender Gnus und Zebras von der Serengeti in die angrenzende Massai Mara in Kenia und dramatische Folgen für das Ökosystem der Serengeti.

Die alljährliche Gnuwanderung lockt tausende Touristen nach Tansania und Kenia, die das Naturschauspiel beobachten wollen. Die Naturschützer argumentieren, dass eine Straßenführung südlich der Serengeti nur unwesentlich teurer und länger wäre, als die Straße mitten durch das Naturschutzgebiet zu bauen.

dpa>

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Spiegel
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29.3.2011: <Studium in Äthiopien: Wo die Armen in Blechkästen wohnen>

aus: Spiegel online; 29.3.2011;
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,753652,00.html

<Aus Addis Abeba berichtet Katrin Rössler

Ein Zimmer zu sechst und keine Bücher: Das ostafrikanische Äthiopien macht es seinen Studenten nicht leicht. Trotz knapper Ressourcen werden im ganzen Land neue Hochschulen gebaut. Der deutsche Student Till Trojer lebte ein halbes Jahr in einem der ärmsten Länder der Welt.  

Auf dem Mittelstreifen einer zweispurigen Straße liegen Menschen. Einfach so. Sie schlafen. Vielleicht ist auch einer von ihnen tot. Manchmal kommt jemand und stößt sie mit dem Fuß an, um zu sehen, ob sie noch leben. Leprakranke betteln auf der Straße, am Rand stehen Blechcontainer auf kurzen Holzbeinen - typische Einzimmerappartements in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens. Sie sehen aus wie Särge.

Für Till Trojer gehören diese Bilder zum Alltag. Der 24-jährige Student der Angewandten Afrikawissenschaften verbrachte das Wintersemester an der Universität Addis Abeba. Der Deutsche ist einer der ersten Studenten der Uni in Bayreuth, die hier ein Austauschprogramm absolvieren.

In kurzer, grüner Leinenhose sitzt Till vor dem "Lime Tree", dem Studentencafe auf dem Hauptcampus seiner Uni. Auf Amharisch, der äthiopischen Landessprache, bestellt er ein Wasser. Tills Amharisch ist so gut, dass er sogar noch einen kleinen Plausch hält. Er fühlt sich wohl in Äthiopien. "Die Menschen in Afrika haben mich in ihren Bann gezogen, mit ihrer Gelassenheit und ihrer offenen Art", sagt Till.

Der gebürtige Starnberger hat schon 14 afrikanische Staaten bereist. Und obwohl Äthiopien eines der ärmsten Länder war, hat es ihm das Heimatland des Kaffees besonders angetan. Gemeinsam mit seinem äthiopischen Freund Kume wohnt Till in einer Wohnung in der Nähe der Uni.

Sechs Studenten teilen sich ein Zimmer

In diesem Viertel leben nur Einheimische und auch sonst hat Till in Addis kaum Kontakt zu anderen Weißen. Im Monat kommt der junge Bayer mit 250 Euro aus, inklusive Miete. Davon kann er ins Kino gehen und an den Wochenenden Ausflüge ins Umland machen. Manchmal leistet er sich auch ein Jägerschnitzel im deutschen Biergarten von Addis Abeba.

Für äthiopische Verhältnisse führt er ein luxuriöses Leben. Viele seiner Kommilitonen verlassen den Campus kaum, weil sie sich das Leben außerhalb nicht leisten können. Auf dem Universitätsgelände sind sie mit dem Nötigsten versorgt, Unterkunft und Essen zahlt ihnen der Staat. Luxus ist da nicht drin: In den Wohnheimen teilen sich sechs Studenten ein Zimmer. Manchmal sind die Matratzen auf dem Boden die einzige Möblierung.

Zwar gibt es in Äthiopien keine Studiengebühren, aber oft übersteigen schon die Kosten für Bücher die finanziellen Möglichkeiten der Studenten. Üblich ist es, dass Eltern ihre Kinder mit umgerechnet zehn Euro im Monat unterstützen, aber manche können sich auch das nicht leisten.

Die finanziellen Nöte der Studenten sind auch für die Professoren nicht leicht zu handhaben, sagt der Deutsche Karsten Schlesier. Er ist Leiter des Lehrstuhls für Tragkonstruktionen an der Universität Addis Abeba und seit drei Jahren als Dozent in Äthiopien.

"Die einen fahren im neuen Toyota Jeep vor, die anderen können sich die Materialien für den Unterricht nicht leisten", sagt er. Da sei es in Klausuren schwierig festzustellen, welcher Student sich einen Taschenrechner aus Geldmangel mit einem Kommilitonen teilen muss und wer schlicht versucht zu täuschen.

"Jemand, der nichts hat, ist hier kein Außenseiter"

Das starke Gemeinschaftsgefühl unter den Studenten schätzt der deutsche Gastprofessor allerdings auch an den jungen Äthiopiern. "Jemand, der nichts hat, ist hier kein Außenseiter", sagt Schlesier. Manchmal wünscht er sich sogar mehr Widerspruch - besonders dann, wenn sich ihre Studiensituation verschlechtert.

Das war zum Beispiel 2008 der Fall, als sich die Zahl der Studenten auf dem Nordcampus plötzlich versiebenfachte und Chaos ausbrach. "An einer deutschen Uni wäre das so nicht hingenommen worden, aber die äthiopischen Studenten haben es einfach geschluckt", sagt Schlesier.

Der Versuch, Äthiopien durch mehr Hochschulabsolventen über Nacht in die Zukunft zu katapultieren, scheiterte. Der Grund: Die nötige Infrastruktur fehlte. Obwohl seitdem einiges verbessert wurde - zum Beispiel am Internetzugang, an der Ausrüstung mit Computern und Druckern oder auch am Zustand der Universitätsgebäude - besteht das Problem auch 2011 noch: "Das System hinkt nach", sagt Schlesier.

Auch außerhalb von Addis Abeba zeigt sich das: Im ganzen Land werden neue Universitäten gebaut, mit großer Unterstützung durch deutsche Entwicklungshelfer. An Ausstattung und qualifizierten Dozenten fehlt es aber.

Notizen aus dem Hörsaal sind das einzige Material zum Lernen

Für Austauschstudenten Till waren die äthiopischen Unterrichtsmethoden anfangs gewöhnungsbedürftig: Keine Seminare, nur Vorlesungen. Und es kam durchaus vor, dass der Professor den Stoff zwei Stunden lang einfach diktierte. "Es geht hier viel mehr darum, Wissen auswendig zu lernen, als eine eigene Meinung zu entwickeln und zu hinterfragen", sagt Till. An der Uni Addis Abeba hatte er Soziologie und Sozialanthropologie belegt.

Trotz des Frontalunterrichts seien die äthiopischen Studenten motivierter als in Deutschland: Wenn sich hier 90 Studenten in einen Raum quetschen, dann ist es für die Zeit der Vorlesung absolut ruhig, erzählt Till. Das sei in Deutschland anders. "Bei uns hat doch jeder Dritte während der Vorlesung einen Laptop auf dem Schoß und klickt bei Facebook herum."

Allerdings sind die Vorlesungen in Äthiopien auch wichtiger als in Deutschland. Oft sind die Notizen aus dem Hörsaal das einzige Material, mit dem die Studenten lernen können. Denn wer es zu Semesterbeginn verpasst, sich die Ausleihkarten für die Bibliothek zu besorgen, kann keine Bücher mit nach Hause nehmen. Und in der Bibliothek zu lernen, ist auch nicht angenehm, hat Till festgestellt. Denn es gibt keine einzige Toilette im Gebäude. Da hilft es wenig, dass die Bibliothek 24 Stunden geöffnet ist.

Mit diesen Besonderheiten des Studiums in Äthiopien hat Till im vergangenen Semester gelernt umzugehen. Mittlerweile sind die Prüfungen geschrieben und alle Hausarbeiten abgegeben. Bis Ende April bleibt er noch als Reiseführer für deutsche Touristen im Land, dann geht es zurück nach Deutschland. "Aber es wird kein Abschied für immer sein.">

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20 minuten
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7.4.2011: Alte Kenianer fordern Entschädigung für Folter im Unabhängigkeitskrieg gegen GB 1952-1963

aus: 20 minuten online: Grossbritannien: Kenianer wollen Geld für Kolonial-Gräuel; 7.4.2011;
http://www.20min.ch/news/ausland/story/27750949

<Wegen der brutalen Kriegsführung der Briten im kenianischen «Mau-Mau»-Krieg klagen ältere Kenianer nun auf Entschädigung.

Grossbritannien wird von den Grausamkeiten seiner einstigen Kolonialherrschaft eingeholt: Vier ältere Menschen aus Kenia sind am Donnerstag in London vor Gericht gezogen, weil sie zum Ende der Kolonialzeit in ihrem Heimatland von den Kolonialherren gefoltert worden seien.

Der High Court hat acht Verhandlungstage angesetzt. Das britische Aussenministerium erklärte sich für die Ansprüche der Kläger für nicht zuständig. Juristisch habe der kenianische Staat die Rechtsnachfolge der ehemaligen Kolonie angetreten. Anwälte der Kläger bezeichneten diese Rechtsauffassung als «zynisch».

In Kenia hatten Aufständische in den 1950er Jahren ihr Land von den Kolonialherren zurückgefordert und den «Mau-Mau»-Krieg begonnen.

Der Aufstand von 1952 bis zur Unabhängigkeit 1963 wurde zum blutigsten Kolonialkrieg der Briten. Nach Angaben der kenianischen Regierung und kenianischer Menschenrechtsorganisationen wurden damals 90 000 Kenianer hingerichtet, gefoltert oder verstümmelt. 160 000 Menschen wurden eingesperrt.

(sda)>

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n-tv online,
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19.8.2011: <Jahrhundertprojekt in Afrika: "Kaza" soll Tier-Paradies werden> - ein multinationaler Nationalpark

aus: n-tv online; 19.8.2011;
http://www.n-tv.de/reise/Kaza-soll-Tier-Paradies-werden-article4092786.html

<Ein Paradies für Tiere soll es werden: Zebras und Giraffen im Naturschutzgebiet Kaza in Afrika.

Im Süden Afrikas entsteht ein riesiges, länderübergreifendes Naturschutzgebiet. Mit deutscher Hilfe soll ein Traum verwirklicht werden, der Einheimischen hilft und Touristen anlockt. Angesichts der Probleme ist es ein "Jahrhundertprojekt". Doch es gibt Skepsis.

Der Friedhof der unerfüllten Träume ist in Afrika besonders groß. Manche kühne Visionen der Entwicklungshilfe liegen dort begraben. Das Projekt des größten Naturschutzgebiets in Afrika, das sich über fünf Staaten erstreckt, soll nicht dazu gehören. "Wir sind schon in Namibia, Botsuana oder Sambia ein großes Stück vorangekommen", versichert Philipp Göltenboth von der Naturschutzorganisation WWF. Aber auch er weiß, dass es angesichts der politischen Probleme vor allem in den beiden anderen beteiligten Ländern, in Simbabwe und Angola, "um ein Jahrhundertprojekt geht. Wir sind noch ganz am Anfang". Andere Experten sind noch skeptischer.

Ein Hinweis auf die Bedeutung des Projekts "Kaza"-Naturpark für die beteiligten Länder gibt schon die öffentliche Resonanz. Während in Deutschland die Unterzeichnung des "Kaza"-Abkommens am Rande des Gipfels der südafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft SADC in Luanda viel beachtet wurde, gab es in den Medien der betroffenen Staaten wenig Aufmerksamkeit.

Gut für Naturschutz, Tourismus und Bevölkerung

Dabei soll "Kaza", eine Wortschöpfung aus den Flussnamen Kavango und Sambesi, keineswegs nur dem Naturschutz und dem Tourismus dienen. Ganz besonders profitieren soll die lokale Bevölkerung in den Weiten Afrikas. Wohl deshalb tragen das deutsche Entwicklungsministerium und die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau mit 20 Millionen Euro den Löwenanteil der Fremdfinanzierung in den kommenden Jahren.

In Namibia profitieren nach den Worten von Göltenboth bereits Hunderttausende von der Schaffung von "Gemeindeschutzgebieten", die ein Kernstück des Projekts seien. Die Dorfbewohner und Stämme sollen durch neue Rechte auf ihr Gebiet sowie die Beteiligung an Tourismusprojekten ein gesteigertes Interesse an der Aufrechterhaltung des Wildbestands haben. Das helfe dem Tierschutz und den Menschen. Nun ist das große Namibia mit gerade mal 2,2 Millionen Einwohnern eines der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt - in dem der Naturschutz schon heute einen großen Stellenwert besitzt. Nicht gerade typisch für das südliche Afrika.

Die Peace-Park-Stiftung in Stellenbosch bei Kapstadt, die die Arbeit der involvierten Naturschutzorganisationen koordiniert, glaubt, dass das "Kaza"-Projekt nun nach der Vertragsunterzeichnung seine eigene Dynamik entfalten werde. Die Schaffung von transnationalen Wild-Korridoren für die etwa 300.000 Elefanten im südlichen Afrika sei beispielsweise eines der wichtigen Ergebnisse. Nun sei eine gleichmäßigere Verteilung der Tiere möglich. Denn in Botsuana gebe es über 130.000 der Dickhäuter, in Angola nur 800.

"Die Kooperation zwischen den Staaten beim Schutz der Tiere wird nun einfacher", betonte Stiftungsmanager Paul Bewsher. Aber auch er weiß, dass viele Zielvorgaben des Projekts noch in weiter Ferne liegen: Dazu gehört der Plan, dass Touristen künftig mit einem einzigen Visum alle 36 "Kaza"-Schutzgebiete in den verschiedenen Staaten besuchen könnten.

Zunächst nur auf der Landkarte

Das zunächst auf der Landkarte geschaffene Naturschutzgebiet soll ein neues Paradies für Elefanten, Leoparden, Flusspferde, Antilopen oder Zebras werden. Aber die Region von der Größe Schwedens ist von enormen Unterschieden geprägt. Während manche Nationalparks im südlichen Afrikas schon heute hohen Ansprüchen sowohl des Tierschutzes als auch des Tourismus genügen, liegen viele Gebiete im Argen. Vor allem gilt das für Simbabwe: "Eine absolute Katastrophe" nannte Güldenboth die Situation der Nationalparks in dem Land, das der autokratische Präsident Robert Mugabe ruiniert hat.

Der deutsche Unternehmer Willy Pabst, Besitzer eines 600 Quadratkilometer großen Naturschutzparks in Simbabwe, beklagt viele Missstände im Natur- und Wildschutz. Regierungsbeamte machten keinen Hehl daraus, dass im vergangenen Jahrzehnt fast 80 Prozent des Wildbestands verloren gegangen seien. "Das Kaza-Projekt ist wunderschöne Zukunftsmusik, aber derzeit in Simbabwe mangels Infrastruktur und Geld wenig realistisch." Andere Experten in Harare berichten, dass die kargen Gelder für den Natur- und Wildschutz meist bei korrupten Spitzenbeamten landeten. Westliche Diplomaten haben auch im Öl-reichen Angola wenig Vertrauen in die Bürokratie.

Das "Kaza"-Projekt habe dennoch langfristig "das Potenzial, das wichtigste Naturschutzprojekt der Welt zu werden", schwärmte Göltenboht. Allerdings löst es kaum die brennenden Probleme des Wildschutzes im südlichen Afrika: Dazu gehört beispielsweise, dass die Zahl der gewilderten Nashörner dieses Jahr im südlichen Afrika auf eine neue Rekordmarke zusteuert.

Laszlo Trankovits, dpa>

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Welt online,
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12.9.2011: Brandstifter in Südafrika: <Proteste: Junge Afrikaner rebellieren gegen Weisse und Ältere> unter der Führung von "Jugendführern"

aus: Welt online; 12.9.2011;
http://www.welt.de/politik/ausland/article13600673/Junge-Afrikaner-rebellieren-gegen-Weisse-und-Aeltere.html

<Autor: Christian Putsch

Südafrikas Jugendführer Julius Malema steht für die Scharfmacher, die Afrikas Jugend in eine chaotische Protestwelle treiben. Überall auf dem Kontinent flammen Unruhen auf.

Anhänger von Juliua Malema im südafrikanischen Johannesburg. Viele singen das Anti-Apartheids-Kampflied "Kill the Boer" ("Tötet den Weißen"), das Malema wieder populär gemacht hatte. Ihm wurde das Singen des Liedes mittlerweile verboten.

Das weiße Zelt im Johannesburger Armenviertel Alexandra ist überfüllt, und ein paar ältere Frauen suchen verzweifelt nach freien Stühlen. Respekt vor Älteren hat in Südafrika oberstes Gebot, und so bittet der Sprecher auf der Bühne, Platz zu machen. Doch die Jugendlichen weigern sich lautstark. „Das hier ist unsere Veranstaltung“, rufen sie, so erzählen es später Presseberichte. So müssen die Seniorinnen bei der Kundgebung zum 67. Gründungsjubiläum der Jugendliga von Nelson Mandelas Afrikanischem Nationalkongresses ANC zu Füßen der Bühne Platz nehmen. Neben den Kindern.

Solche Demütigungen gehören noch zu den gewaltfreieren Auswüchsen, mit denen die Jugendliga das Land drangsaliert, seit an ihrer Spitze ein ebenso charismatischer wie bedrohlicher junger Mann steht – der Stargast an diesem Tag: Julius Malema, 30 Jahre alt, umstrittenster Politiker der afrikanischen Wirtschaftsmacht und bekennender Bewunderer von Simbabwes Diktator Robert Mugabe.

Sobald der Begrüßungsapplaus verhallt war, belohnte Malema seine Anhänger mit einem besonders wütenden Ausbruch am Podium: „Wir sind im Krieg, und wir sollten ihn vorantreiben“, sagte er und: „Es wird Verluste geben, aber ich weiß, dass wir gewinnen werden.“

Malema ruft zu Staatsstreich in Botswana auf

Malema hielt sein Plädoyer für die Neuverteilung der Böden in Südafrika bewusst in Alexandra. Die völlig übervölkerte Gegend gehört zu dem ärmsten des Landes, dabei liegt sie nur zehn Minuten Autofahrt von dem edlen Bankenviertel Sandton entfernt. Ein Spiegelbild der sozialen Unterschiede, die in Südafrika größer sind als in jedem anderen Land dieser Wirtschaftskraft.

In Alexandra, so der Sandton-Bewohner Malema, befänden sich „die verlässlichsten Kräfte der Revolution“. Und die heizt der Liebhaber deutscher Luxus-Karossen an wie nie zuvor. Seit zwei Wochen muss sich Malema mit seinen Führungskräften vor einem Parteigericht des ANC verantworten. Ungeachtet einer gerade einmal ein Jahr zurückliegenden Verwarnung hatte er seine Volksverhetzungen gegen die weiße Minderheit weiter verbreitet und zuletzt gar zum Staatsstreich im Nachbarland Botswana aufgerufen, dessen Regierung „in voller Kooperation mit Imperialisten“ handele.

Das war in der Summe selbst für den ANC zu viel, der an medienwirksame Provokationen der Jugendliga gewöhnt ist. Malema habe dem Parteiansehen geschadet und versuche sie zu spalten, so der Vorwurf.

Der Angeklagte scheint inzwischen selbst seinen Rauswurf aus der Partei für möglich zu halten. Er gilt als Bedrohung für Präsident Jacob Zuma, den er vor vier Jahren noch auf dem Weg an die ANC-Spitze unterstützt hatte. „Wenn sie mich ausschließen, dann gehe ich mit reiner Seele“, bekannte er in seiner Geburtstagsrede heldenmütig. Sein Verbrechen bestehe lediglich darin, die Menschen an ihre Rechte zu erinnern: „Wir wollen unser Land zurück, und wir wollen es umsonst!“, donnerte er vom Podium herab. Dafür brauche er nicht die Erlaubnis des ANC.

Spätestens seit vor zwei Wochen rund 1000 Jugendliga-Anhänger vor der Parteizentrale für Malemas Freispruch demonstrierten und nebenbei in der Johannesburger Innenstadt randalierten, scheint der Chef davon überzeugt, überhaupt nicht mehr auf die Partei angewiesen zu sein.

Horrende Jugendarbeitslosigkeit

Sicher ist, dass Populisten wie er aus einem gewaltigen gesellschaftlichen Konfliktpotenzial schöpfen können: Ein Viertel der Bevölkerung ist zwischen 15 und 24 Jahren alt – und jeder Zweite davon ist arbeitslos. Auch für die etwas Älteren sind die Zukunftsperspektiven kaum rosiger: Das Institut für Rassenbeziehungen berechnete vor kurzem, dass die Hälfte der heute 25 bis 34 Jahre alten Südafrikaner niemals in ihrem Leben eine geregelte Arbeit haben wird.

Südafrikas Vize-Präsident Kgalema Motlanthe bezeichnete die horrende Jugendarbeitslosigkeit noch im August als „tickende Zeitbombe“. Malema, der seinen Schulabschluss erst mit 21 Jahren schaffte, fehlen die Visionen für das Land. Aber der Halbwaise aus der verarmten Provinz Limpopo weiß um den sozialen Sprengstoff und verhält sich wie einer, der den Zünder lieber heute als morgen ziehen würde.

Die weiße Minderheit kontrolliert noch immer weite Teile der südafrikanischen Wirtschaft, sie besetzt über 70 Prozent der Führungspositionen. Diese Menschen seien, so Malema in seiner Rede, „Kriminelle, und man muss sie wie Kriminelle behandeln!“

Bei solchen Tiraden scheint Malemas Anhänger nicht zu stören, dass sich der Boss mit einem Gehalt von angeblich nur 2400 Euro den Bau einer pompösen Villa und diverse Luxusautos leisten kann. In Südafrika sind die Weißen das Ventil der Volksverhetzer. So bezeichnete Malema die Oppositionsführerin Helen Zille (eine Nachfahrin des Berliner Zeichners) als „Äffin“.

Frustration ist auf dem gesamten Kontinent groß

Doch die Hetze ist keine Spezialität der Kap-Republik. Die Frustration der Jugend ist auf dem gesamten Kontinent groß. Zwar erleben besonders rohstoffreiche Länder wie Angola oder Nigeria ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum, doch auf die Lebensbedingungen der Massen wirkt sich das kaum aus. Viele Länder haben mit gewaltigem Bevölkerungswachstum zu kämpfen, bis 2050 wird sich die Zahl der Afrikaner verdoppeln.

Die Misere ist alt. Neu ist dagegen die Vehemenz der Proteste südlich der Sahara. In Angola ließ die Polizei Anfang September Hunde auf 300 junge Aktivisten los, die in der Hauptstadt Luanda gegen die Regierung demonstrierten. 42 wurden verhaftet.

Auch in Uganda, Swasiland und Malawi kämpfen die Menschen gegen korrupte und ineffiziente Regierungsstrukturen. Oft aber profitieren die Herrscher vom Bildungsmangel der Jugend, den sie selbst verursacht haben. Mangelnde Investitionen in Bildung nutzen die Machthaber mitunter aus, sagte der Analyst Moeletsi Mbeki kürzlich im Interview mit "Welt Online".

Ausländische Investitionen gering

In Simbabwe ist Mugabes Terrororganisation „Grüne Bomber“ seit Jahren berüchtigt. Einst war sie als vermeintliche Berufsbildungsinitiative gegründet worden. In Nigeria missbrauchen Politiker junge Arbeitslose direkt als Straßenkämpfer. So befeuert die Krise den ethnisch-religiösen Konflikt zwischen Muslimen und Christen, dem laut UN in den vergangenen zehn Jahren etwa 10.000 Menschen zum Opfer fielen. Und in Somalia rekrutiert die islamistische al-Schabab nicht etwa wegen der Faszination der Scharia mühelos Nachwuchs, sondern vor allem mit einem regelmäßigem Einkommen.

Südafrika, die größte Volkswirtschaft des Kontinents, investiert beachtliche sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Bildung, doch die Ergebnisse sind dürftig. Konstruktive Beiträge zu diesen Versäumnissen ihrer Mutterpartei ist die Jugendliga mangels Kompetenz und Willen bislang schuldig geblieben. Malema hat keinen Einfluss auf die Gesetzgebung, doch seine Äußerungen haben dazu beigetragen, dass die dringend benötigten ausländischen Direktinvestitionen geringer als in anderen Schwellenländern wie Brasilien oder Indien fließen, mit denen sich Südafrika gerne auf Augenhöhe sehen würde.

„Warum sollte ein Unternehmen in den Minensektor eines Landes investieren, in dem pausenlos von Verstaatlichung die Rede ist?“, fragt Moeletsi Mbeki rhetorisch. Solche Parolen gehörten zu den Gründen, warum der wichtigste südafrikanische Wirtschaftszweig seit Jahren schrumpfe.

Wirtschaftswachstum schrumpft deutlich

Und die jüngsten Daten lassen wenig Raum für Hoffnung. Das Land spürt die Wirtschaftsschwäche seiner Handelspartner in Europa und Nordamerika empfindlich. Das Wachstum schrumpfte von 4,5 Prozent zu Beginn des Jahres auf nur noch 1,3 Prozent im zweiten Quartal – nicht annähernd genug, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Im Gegenteil, die rigiden Arbeitsgesetze und streikfreudigen Gewerkschaften verschärfen die Krise. Die Arbeitslosenquote steht auf einem Rekordniveau von 25,7 Prozent – damit gibt es fast so viele Arbeitssuchende wie dauerhaft Beschäftigte, etwa 9 Millionen.

Immerhin einen Dämpfer musste Malema nun einstecken. Ein Gericht verbot ihm das Singen des Anti-Apartheids-Kampflieds „Kill the Boer“ („Tötet den Weißen“). Niemand habe das Recht, ein Lied anzustimmen, das Bürger weißer Hautfarbe als Beleidigung empfinden könnten, erklärte Richter Colin Lamont. Seien derartige Lieder während der Apartheid legitim gewesen, käme diese nun in einer um Neuausrichtung der ethnischen Beziehungen ringenden Gesellschaft politischer Hetze gleich.

Malema hatte auf mehreren Veranstaltung der ANC-Jugendliga das Lied gesungen und als Kulturgut verteidigt – ungeachtet der Tatsache, dass seit Ende der Apartheid über 3000 weiße Bauern ermordet wurden. Nach dem jüngsten Urteil droht nun jedem, der das Lied anstimmt oder zitiert, strafrechtliche Verfolgung. Malema, so viel scheint sicher, wird dieses Risiko eingehen.>

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Der Standard
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12.9.2011: Afrika macht Wahlkampf in Frankreich: Geldkoffer für französische Politiker

aus: Der Standard online: Die Kofferträger des Elysée-Palastes; 12.9.2011;
http://derstandard.at/1315006156608/Die-Koffertraeger-des-Elysee-Palastes

<Geldflüsse? Chirac, der Staatschef von Burkina Faso, Blaise Compaoré (li.) und der verstorbene Präsident von Gabun, Omar Bongo. 

Erhielten französische Spitzenpolitiker wie Chirac, Villepin und Sarkozy millionenschwere Wahlkampfspenden aus Afrika? Das behaupten Mittelsmänner, die die Koffer selbst überbracht haben wollen.

Die Angaben sind klar, präzis und explosiv. Gemäß dem Anwalt und Afrikaberater Robert Bourgi haben alle Präsidenten der Fünften Republik seit Georges Pompidou Koffer voller Bargeld von afrikanischen Präsidenten erhalten. Sie finanzierten damit ihre Wahlkämpfe in Frankreich und gewährten den Potentaten in Exkolonien im Gegenzug den Schutz der französischen Armee, die in Staaten wie Senegal oder Elfenbeinküste Militärbasen unterhält.

Bourgi ist nicht irgendwer: Der 66-jährige Franko-Libanese arbeitet seit Jahrzehnten im Dunstkreis der "Françafrique", jener obskuren Kanäle und Netzwerke, die in Westafrika ab den Sechzigerjahren an die Stelle des französischen Kolonialreiches getreten waren. Wie Bourgi am Montag gegenüber der Radiostation Europe 1 erklärte, überbrachte er zwischen 1995 und 2005 eigenhändig Bargeld "im Gegenwert von 20 Millionen Dollar" an den damaligen Präsidenten Jacques Chirac und dessen rechte Hand Dominique de Villepin - Letzterem unter dem Codenamen "Mamadou". Spendabel sei vor allem der heute verstorbene Präsident Gabuns, Omar Bongo, gewesen. "Die französischen Wahlen rücken näher, mein Sohn", habe er zu Bourgi jeweils gesagt und ihm einen Koffer voll Geldnoten ausgehändigt. Sie seien für das Elysée bestimmt gewesen.

In Frankreich sind solche Vorwürfe nicht ganz neu: Es ist ein offenes Geheimnis, dass die französische Entwicklungshilfe öfters als "rétrocessions" nach Paris zurückfloss und dort Wahlkampagnen finanzierte. Noch nie machte aber eine so zentrale Figur wie Bourgi so genaue Angaben. Beweise hat er nicht: Von diesen Praktiken gebe es naturgemäß "keine Spuren", meinte der Anwalt. "Aber die ganze politische Klasse Frankreichs war im Bild."

Wahlfinanzierungsgesetz

Bourgi spricht in der Vergangenheitsform: Seit 2005 würden keine Geldköfferchen mehr aus afrikanischen Hauptstädten nach Paris gelangen. Villepin habe damit 2005 selbst aufgehört, nachdem das Wahlfinanzierungsgesetz geändert habe. An Nicolas Sarkozy will Bourgi selbst nie solche Koffer ausgehändigt haben.

Diese Darstellung wird allerdings bestritten. In einem neuen Buch des Enthüllungsjournalisten Pierre Péan erklärt der frühere Ex-Afrikaberater Chiracs, Michel de Bonnecorse, Bourgi habe nach 2005 auch dem damaligen Innenminister und Präsidentschaftskandidaten Sarkozy einen "dicken" Koffer überbracht.

Ein weiterer gewichtiger Chirac-Berater, Jean-François Probst, erklärte am Montag ebenfalls, unter Sarkozy habe "nichts aufgehört"; der aktuelle Präsident habe von Bongo nach seiner Wahl 2007 "eine Milliarde CFA" - umgerechnet 1,5 Millionen Euro - erhalten. Wenn Bourgi behaupte, diese Praktiken seien unter Sarkozy eingestellt worden, sei das "die größte Lüge seines Lebens", fügte Probst an.

Die Pariser Medien gingen bisher ohne Einschränkung davon aus, dass Bourgi der wichtigste "offiziöse" Afrikaberater Sarkozys sei. Er soll zum Beispiel 2008 bewirkt haben, dass das Elysée den Entwicklungshilfeminister Jean-Marie Bockel entließ, weil dieser mit dem ganzen Filz der Françafrique aufräumen wollte. Gestern Montag bestritt Bourgi rundweg, dass er "in welcher Form auch immer" für Sarkozy tätig sei.

Wie Chirac hat Villepin umgehend angekündigt, er werde Bourgi wegen Verleumdung gerichtlich vorgehen. Die Linksopposition in Paris verlangt eine offizielle Untersuchung.

Warum Bourgi gerade jetzt an die Öffentlichkeit geht, vermag er selbst nicht genau anzugeben; er bezeichnete sich nur als "reumütig". (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 13.9.2011)>

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Der
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Südafrika 27.9.2011: Nashornjagd ohne Ende in Afrika - die Reservate mit Nashörnern sind ohne Schutz

aus: Der Standard online: Südafrikas Privatreservate verlieren den Kampf. Hinsichtlich der Museumsdiebstähle konnte die portugiesische Polizei einen Erfolg verbuchen; 27.9.2011; http://derstandard.at/1315005520939/Nashoerner-Suedafrikas-Privatreservate-verlieren-den-Kampf

<Touws River/Lissabon - Mit quälendem Schrei sinkt das riesige Rhinozeros zu Boden. Wo vorher sein Horn saß, ist nur noch blutiges Fleisch. Obwohl sich der Tierarzt intensiv um seinen schwerverletzten Patienten kümmert, stirbt dieser nach sechstägigem Todeskampf. Er ist ein weiteres Opfer in der blutigen Schlacht um die Nashörner in Südafrikas Privatreservaten.

Eigentümer und Ranger sind weitgehend machtlos, für die hochgerüsteten Wildererbanden sind die Tiere leichte Beute. Und die grausame Jagd lohnt sich: Nach UNO-Schätzungen erzielt das Horn auf Asiens Schwarzmarkt Spitzenpreise von 50.000 Euro pro Kilogramm. Je nach Größe werden laut Europol mittlerweile zwischen 25.000 und 200.000 Euro pro Horn bezahlt.

Erfolg in Portugal

Diese Spitzenpreise dürften auch für ein relativ neues Phänomen in Europa verantwortlich sein: Die Plünderung von Nashornhörnern aus Museen, aber auch Zoos, Auktionshäusern sowie von Antiquitätenhändlern und privaten Sammlern. Wie berichtet hatten belgische Museen innerhalb von wenigen Wochen drei derartige Diebstähle gemeldet. Die portugiesische Polizei konnte am Freitag einen Erfolg verbuchen, den sie am Montag bekannt gab: Am Flughafen von Lissabon wurden zwei Männer mit insgesamt acht gestohlenen Hörnern im Gepäck festgenommen. Der 63-jährige Australier und sein 31-jähriger Sohn seien auf dem Weg nach Irland gewesen, sagte ein Beamter der portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa. Den Wert des Diebesguts schätzte er auf 400.000 Euro.

"Ich fühle mich wie im Krieg"

Zurück zu den Nashörnern in Südafrika: Schauplatz der eingangs beschriebenen brutalen Attacke war das Aquila Wildreservat zwei Stunden von Kapstadt entfernt. "Ich fühle mich wie im Krieg", sagt Eigentümer Searl Derman erschöpft. Um seine Nashörner zu schützen, hat Derman Helikopter, Tierärzte sowie Sicherheitsleute organisiert, die rund um die Uhr Wache schieben.

Doch gegen die finanzstarken Banden kommt er nicht an. "Wir haben alles getan, obwohl wir es uns eigentlich gar nicht leisten konnten - und nun müssten wir uns eigentlich doppelt anstrengen", sagt er.

Es war bereits das zweite Opfer illegaler Nashorn-Jäger in Dermans Park. Für Hinweise auf die Wilderer hat er umgerechnet 10.000 Euro Belohnung ausgesetzt. "Ich wünschte, es wäre mehr", seufzt er: "Die Belohnung müsste genauso hoch sein wie der Preis für ein Horn". Sie sind als Schmuckstücke oder in der sogenannten traditionellen chinesischen Medizin als vermeintliches Potenzmittel begehrt. Und das, obwohl sie aus Keratin bestehen, wie es auch in gewöhnlichem Haar zu finden ist.

Konzentration auf Privatreservate

279 Nashörner starben - wie berichtet - in diesem Jahr in Südafrika bereits durch Wilderer, vor vier Jahren waren es ganze 13. Die Banden konzentrieren sich inzwischen auf private Reservate, in denen etwa ein Viertel der Nashörner lebt. "Vor drei Jahren gab es keine gewilderten Tiere in privaten Parks, doch jetzt sieht man sie immer häufiger", sagt Pelham Jones vom Verband der privaten Nashorn-Besitzer. Insgesamt 450 bis 500 Rhinozerosse werden dieses Jahr nach seiner Schätzung durch die illegalen Jäger sterben. "Das ist absolut grausam", erzählt er. "Hartgesottene Buschmänner stehen um die Kadaver und weinen."

Das Blutbad hat solche Ausmaße angenommen, dass Südafrika im April bereits seine Armee mobilisiert hat. Im staatlichen Kruger National Park mit dem größten Nashorn-Bestand des Landes konnte die Todesrate der massigen Dickhäuter durch den Einsatz von Soldaten drastisch gesenkt werden. "Der private Sektor hat das nicht, und das wissen die Wilderer sehr gut", sagt Jones. "Es ist einfacher, ein privates Reservat anzugreifen".

Im 9.000 Hektar großen Wildgebiet Kariega in der Provinz Ostkap wurden die Nashörner enthornt, um die Tiere für die illegalen Banden wertlos zu machen. In dem schwer zu kontrollierenden Gelände schlugen Wilderer bereits dreimal zu. Ein Sicherheitsteam schützt nun die überlebenden Tiere.

Die Eigentümer fordern eine politische Lösung des Problems, beispielsweise durch die Behörden in Asien. Selbst eine Legalisierung des Horn-Handels wird diskutiert. Offiziell gehandeltes Horn könnte aus lizenzierter Jagd kommen oder von Tieren, die eines natürlichen Todes gestorben sind. Die Zeit drängt: "Wenn es so weitergeht, sind wir in 18 Monaten so weit, dass unser Bestand an Nashörnern zurückgeht", sagt Jones. (APA/red)


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Spiegel
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28.10.2011: Studentinnen in Kenias Hauptstadt Nairobi: Shugar-Daddy bezahlt alles - und die Studentin macht alles

aus: Spiegel online: Studenten-Prostitution in Kenia: Esther und ihr Sugar Daddy; 28.10.2011;
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,787447,00.html

<von Kerstin Dembsky, Nairobi

Suche Sex, biete Luxus: In Kenia halten sich reiche alte Männer junge arme Studentinnen, die ihre Vergnügungssucht ausleben wollen. Die Edel-Prostituierte Esther berichtet, was geschieht, wenn nachts die Limousine vor ihrem Wohnheim vorfährt.

Es ist Freitagabend. Vor das Studentinnenwohnheim der Universität von Nairobi fährt ein dunkler Range Rover. Breite Reifen, Metallic-Lack. Aus einem Zimmer im zweiten Stock ist Gekicher zu hören. Dann fällt die Tür ins Schloss. Fünf Paar High Heels stöckeln über den Flur, die Treppe hinunter. Autotüren knallen. Und das dunkle Auto, das so wenig auf den Campus passt, verschwindet in der Dunkelheit - mit Studentin Esther* auf der Rückbank.

Am frühen Nachmittag hatte Esther, 23, eine SMS von Robert bekommen: Er erwarte sie in einem seiner Clubs. "Bring' vier hübsche Mädchen für meine Freunde mit", schrieb er. Robert und seine Freunde wollen Spaß haben. Esther und ihre Freundinnen wollen sich auch amüsieren. Aber sie erwarten zusätzlich Bares.

An der Uni ist die Soziologie-Studentin bekannt. Nicht etwa wegen ihrer herausragenden Beiträge in den Seminaren oder ihrer guten Noten. Esther schläft lieber lange aus, ihr Examen liegt noch in weiter Ferne. Und doch wird sie, wenn sie über den Campus schlendert, von allen Seiten gegrüßt. In ihrem ersten Semester hatte Esther den dritten Platz beim Uni-internen Schönheitswettbewerb belegt. Seither ist sie Mitglied in der Jury und trainiert die Mädchen für den Laufsteg.

Der Berufspolitiker zahlt einfach besser

Sie fällt auf in ihrem extravaganten Outfit. Die meisten Studentinnen teilen sich zu dritt wenige Quadratmeter im Wohnheim für gut 15.000 kenianische Schilling im Jahr, das sind rund 100 Euro. Esther leistet sich ein vollständig möbliertes Einzelzimmer und über die Miete muss sie sich keine Gedanken machen. Nicht Club-Besitzer Robert ist der Grund, Esther hat einen noch freigiebigeren "Sugar Daddy", der ist Berufspolitiker.

Sie wollte ins Hochschulparlament und brauchte einen Sponsor für ihre Kampagne, erzählt sie. Der Parlamentarier wollte eine Studentin für einsame Nächte. Seither chauffieren sie die teuren Autos am Freitagabend seltener in die Clubs der Stadt und öfter in schicke Restaurants. Bei Rinderfilet, feinen Bohnen und Rotwein diskutiert sie dann mit ihrem Finanzier über Politik.

Die Zimmer für die Nacht sind in der Regel schon reserviert. Der Abgeordnete versprach ihr Geld und ein eigenes Zimmer. Dafür verlangte er alles von Esther - bis auf Verhütung. Einmal fragte sie ihn, ob er keine Angst vor Aids habe. Er nahm ihre Hand, erzählt Esther, blickte auf die frisch manikürten Fingernägel und sagte: "Die sehen sauber aus. Du bist eine gesunde Frau."

Eigentlich mag sie diese Nächte nicht, sagt Esther. Eigentlich würde sie ihr Geld lieber anders verdienen. Etwa mit ihren selbst genähten Kleidern oder mit Kuchenbacken für Studentenpartys. Aber ein Wochenende auf Sansibar oder ein paar Tage im Ferienhaus des Abgeordneten im Ferienort Naivasha nordwestlich der Hauptstadt lassen sie dann doch wieder schwach werden. Es sei eben so leicht verdientes Geld und mache den Alltag so viel einfacher, sagt Esther.

Das schnelle Großstadtleben ist teurer

Viele Studentinnen in Nairobi kommen wie Esther vom Land in die Hauptstadt und sind zum ersten Mal auf sich allein gestellt, weit weg von Eltern und Verwandten. Das Großstadtleben ist schneller, bunter, sündiger. Vor allem aber ist es teurer und es verändert Erwartungen und Perspektiven. Das bekommen auch die männlichen Studenten zu spüren.

"Während unseres ersten Semesters haben wir viele Freundinnen verloren", sagt Andrew Adwera. Er studierte bis 2004 Ingenieurswissenschaften an der Universität von Nairobi. Heute ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und weiß, wie sich viele Studenten über Wasser halten. Auch ihm habe damals der staatliche Studienkredit von gut 400 Euro im Jahr nicht ausgereicht, um den Ansprüchen seiner Freundin gerecht zu werden.

Sie habe sich dann einen reichen, älteren Mann gesucht. Andrew schätzt, dass sich in Nairobi rund ein Drittel der Studentinnen ähnlich finanzieren wie Esther. Esther glaubt, es sind noch mehr. Es gebe kaum eine Kommilitonin, die sich nicht einen großzügigen Finanzier wünscht. An Freitagen dächten die meisten ihrer Freundinnen nur an das eine: "Wo gehe ich heute angeln?"

Seit Esther mit den Topverdienern ins Bett steigt, sagt sie auch zu vielen Kommilitonen nicht mehr Nein, unerwünschte Nebenwirkungen inklusive. Im vergangenen Jahr ließ sie zwei Abtreibungen vornehmen. Dass Abtreibungen gefährlich sind, weiß sie selbst. Nicht aus gesundheitlichen oder emotionalen Gründen, sondern weil sie unkompliziert sind und sorglos machen. Zumindest für die wenigen Frauen, die sich wie Esther den schnellen, aber kostspieligen Gang in eine private Klinik leisten können. Eigentlich hat Kenia strenge Abtreibungsregeln, Schwangerschaftsabbrüche sind nur erlaubt, wenn das Wohl der Mutter gefährdet ist. Viele Frauen setzen ihr Leben aufs Spiel wenn Verwandte, Freunde oder sie selbst die Abtreibung vornehmen.

Esther war auch mal eines der "guten Mädchen", sagt sie. Es sind die Studentinnen, mit denen sie heute nicht mehr viel zu tun hat. In ihrem ersten Semester wollte auch Esther noch alles richtig machen. Sie stammt aus einer religiösen Familie in Kisumu am Victoriasee. Als sie 2008 in die Großstadt kam, schloss sie sich einer Bibelgruppe an. Das war vertraut und gab Halt. "Wenn ich heute die Leiterin meiner Bibelgruppe sehe, wechsle ich die Straßenseite", sagt sie: "Für uns sind die guten Mädchen nicht in dieser Welt angekommen."

Manchmal geht Esther auch nur mit ihren Freundinnen aus. In einer Edel-Disco vertrinken sie dann schon einmal den Gegenwert von 200 Euro an einem Abend, ungefähr so viel, wie die Uni im Jahr an Studiengebühren verlangt. Viel Geld brauchen sie trotzdem nicht. Sie wissen, dass sie Männer treffen werden, die für den Abend aufkommen.

Studentin Mercys letzte Party

Anstrengend sei das Doppelleben schon, findet Esther. Natürlich wissen ihre Familie und manche Freundinnen nichts von ihren nächtlichen Streifzügen. Darum müsse sie wissen, welche Maske sie wann zu tragen habe. "Wenn ich ein gutes Mädchen treffe, dann frage ich sie, wie die Kirche gestern war. Wenn ich ein schlechtes Mädchen treffe, frage ich, mit wie vielen Männern sie gestern geschlafen hat."

So spielt sie auch gegenüber ihren Eltern die gewünschte Rolle. Sie ist Papas Liebling und erhält jeden Tag einen Anruf. Wenn sich sonntags ihre Mutter meldet, sagt sie gerne, sie käme gerade von der Kirche. In Wahrheit kuriert sie häufig ihren Kater aus.

Dass das Leben eines Luxus-Girls in Nairobi nicht risikolos ist, weiß Esther. An einem Samstagmorgen im Juni wurde die Studentin Mercy Chepkosgei Keino tot an einer von Nairobis Ausfallstraßen gefunden. Die Zeitungen waren voll davon. Mercy, 25 Jahre alt, war gerade dabei, ihr Studium der Kommunikationswissenschaft zu beenden, sie wollte heiraten, hieß es.

Am Vorabend war sie auf einer Party im Apartment eines Abgeordneten im gehobenen Stadtteil Westlands. Mercy soll, stark angetrunken, mit dem Gastgeber in Streit geraten sein. Bodyguards brachten sie weg, danach verlor sich ihre Spur. Am Morgen lag ihr lebloser Körper neben einem Highway. Wie so häufig in Kenia blieb der Todesfall unaufgeklärt.

Esther ist sicher, dass es Mord war. Politiker wüssten schon, wie sie einen solchen Fall unter den Teppich kehren, sagt sie. Kurz waren in ihrem Freundeskreis alle schockiert. Dann war das Leben zwischen den Welten und das schnell verdiente Geld doch wieder verlockender als die Angst vor unberechenbaren Freiern.

*Name von der Redaktion geändert>

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n-tv online,
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26.11.2011: <Von Kongos Politik vergessen: Kindersoldaten sind verloren>

aus: n-tv online; 26.11.2011;
http://www.n-tv.de/politik/Kindersoldaten-sind-verloren-article4858676.html

<Sie plündern, sie kämpfen, sie töten: Im Kongo sind etwa 30.000 Kinder in den Händen von Milizen. Während des Jahrzehnte langen Bürgerkrieges werden sie verschleppt oder rekrutiert und zu Soldaten ausgebildet. Doch die Politiker lässt das Schicksal der Kindersoldaten im Kongo kalt. Sie können noch nicht wählen und sind daher für die politische Elite uninteressant.

Sie sind zu jung zum Wählen. Und deshalb blenden die Politiker ihre Misere aus. Dabei sind es tausende traurige Schicksale, die ein ganzes Land betreffen: Kongos Kindersoldaten. Sie spielen aber in den Kampagnen vor der Wahl am 28. November keine Rolle. Dabei gibt es gerade im Kongo besonders viele Kindersoldaten. Weltweit werden nach Schätzungen des UN-Kinderhilfswerks Unicef rund 250.000 Kinder gezwungen, in den Krieg zu ziehen. Im Kongo sind schätzungsweise knapp 30.000 in den Händen von Milizen.

In der Demokratischen Republik Kongo wütete jahrzehntelang ein Bürgerkrieg. Die Kindersoldaten sind ein Zeichen, wie sehr Konflikte das Land noch beherrschen. Der Kongo und das Nachbarland Zentralafrikanische Republik sind die Länder, in denen die meisten Kinder als Soldaten missbraucht werden. Über die Grenze der beiden Länder streifen viele Gangs. Es ist eine gesetzlose Region. Verschiedene Rebellengruppen kontrollieren das Gebiet, vor allem aber den Osten des Landes. Sie entführen Kinder, die jünger als 18 Jahre alt sind. Manche sind gerade mal 10. Aus Jungen werden Köche oder Krieger. Mädchen werden zu Sexsklavinnen.

Regierung kümmert sich nicht

"Die Lage in Kongo ist besorgniserregend", sagt die UN-Sonderbotschafterin für Kinder in bewaffneten Konflikten, Radhika Coomaraswamy. Das Thema Kindersoldaten werde von den Politikern weitgehend ausgeklammert. "Es ist kein Wahlkampfthema."

Die kongolesische Regierung hat keinen Plan, wie Tausende von Kindern aus den Händen von Gangs oder Milizen geholt werden sollen. Deshalb suche die UN nach anderen Wegen, sagt Coomaraswamy. Kinder würden oft durch informelle Verhandlungen mit den bewaffneten Gruppen gerettet. Mit einer solchen Aktion konnte die UN-Sondergesandte erst kürzlich hunderte Kinder befreien.

Viele scheitern im Alltag – und kehren zurück

Doch es gibt auch Initiativen, die sich auf das Leben danach konzentrieren. Wenn die Kinder einmal frei seien, sollten sie wieder zu ihren Familien oder in ihre Heimatdörfer zurückkehren, sagt die Kinderschutzleiterin bei Unicef in Kongo, Alessandra Dentice. Viele Kinder hätten ihre Schulausbildung versäumt und würden wieder in Grundschulen gesteckt. Andere bekämen Ausbildungen, damit sie eines Tages auf eigenen Füßen stehen könnten.

Seit 2004 konnten laut Unicef mehr als 36.000 Kindersoldaten befreit werden. Vielen von ihnen fällt die Eingliederung in die Gesellschaft aber schwer: Traumatisiert von den Erlebnissen bewältigen viele nicht den Alltag. Sie werden zwar seelsorgerisch betreut, aber auf raschen Erfolg können die Helfer nicht hoffen: "Je länger die Kinder von den Gemeinden und Familien weg sind, desto schwieriger ist der Reintegrationsprozess", sagt Dentice.

Einige Kinder haben sich einfach zu sehr an das Leben im Busch gewöhnt – Seite an Seite mit ihren Kameraden, mit Geld in den Taschen. Und sie haben die Macht der Waffen kennengelernt. Den Alltag im zivilen Leben schaffen einige nicht. Stattdessen steigt die Sehnsucht nach dem alten Leben und einige kehren wieder zurück. Zudem ist die Armut im Land für viele ein unausweichliches Argument: Bei den Milizen gibt es wenigstens Essen und Kleidung.

Vor dem internationalen Strafgerichtshof in Den Haag stehen mindestens drei kongolesische Kriegsverbrecher, weil sie unter anderem Kinder als Soldaten in Kämpfe geschickt haben. Das Thema Kindersoldaten ist eines für die politische Agenda. Doch den kongolesischen Politikern fehlt noch der Wille, es zu einem Thema zu machen.

Shabtai Gold, dpa>


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Tagesanzeiger
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22.2.2012: Afrika lernt Abfalltrennung und Recycling

aus: Tagesanzeiger online: Die Elektroschrott-Schande; 22.2.2012;
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Die-ElektroschrottSchande/story/13276617

<Von Martin Läubli

Millionen Tonnen Elektroschrott bleiben in Afrika liegen: Die Recycling- und Reparaturbranche blüht, aber die Arbeit macht viele krank und belastet die Umwelt.

Kinder spielen auf rauchenden Abfallhalden, im giftigen Dunst suchen die Eltern nach Altmetallen. Sie riskieren ihre Gesundheit für erbärmlich wenig Geld. Mathias Schluep kennt diese Plätze und die menschlichen Tragödien dahinter. Der Forscher des Eidgenössischen Instituts für Materialforschung (Empa) in Dübendorf reist regelmässig nach Afrika. Er erzählt von Agbogbloshie, dem berüchtigten Markt in Accra, der Hauptstadt Ghanas. Dort verbrennen Buben und Mädchen Kunststoffkabel von Elektrogeräten, um ein wenig Kupfer zu gewinnen. Der Forscher erinnert sich an grosse Feuer in der Nacht. «Die Menschen zünden grosse Haufen von Computerrückwänden an, um das Abfallvolumen zu verringern.» An die giftigen Dämpfe denkt niemand. Das Verbrennungsprodukt Dioxin, so steht es im eben erschienenen UNO-Bericht, wurde in Accra in der Muttermilch nachgewiesen. Die Ursache dafür sei auch auf die gefährliche Recyclingpraxis zurückzuführen.

Mathias Schluep gehört zu den Hauptautoren des UNO-Berichts. Mit seinem Team machte er während mehrerer Jahre Felduntersuchungen in den Vororten von westafrikanischen Städten – in Nigeria, Ghana, Benin, der Elfenbeinküste und in Liberia. Besonders im Visier waren die nigerianische Hauptstadt Lagos sowie Accra. Hier ist das Herz des Handels mit gebrauchten Elektro- und Elektronikgeräten in Westafrika. Kleinhändler und mittelgrosse Unternehmen kaufen vor allem auf dem Markt von Alaba in Lagos Gebrauchtgeräte, und auf dem Markt Agbogbloshie in Accra decken sich Rohstoffhändler mit Altmetallen ein. In diesen Städten sind die Häfen, die Containerschiffe vor allem aus Europa ansteuern, bis zum Rand voll mit gebrauchten Computern, Radios, Handys und Kühlschränken.

Zehntausende Arbeitsplätze

Die Reparatur und Auffrischung von gebrauchten Elektro- und elektronischen Geräten ist in Westafrika wie auch in anderen Staaten auf dem Kontinent zu einer gut organisierten Branche geworden. Mehr als 30'000 Menschen leben zum Beispiel allein auf den Märkten in Accra und Lagos vom Recycling und Handel gebrauchter Elektrogeräte. Viele Kleinunternehmer bilden zudem Lehrlinge aus und unterstützen diese finanziell, damit sie später selbstständig ein Geschäft aufmachen können. Allerdings sind diese Händler bisher schwer zu erfassen, weil sie auf sogenannten informellen Märkten arbeiten. Das heisst: Sie sind behördlich nicht registriert und zahlen keine Steuern.

Die meisten sind auch keine grossen Profiteure des Recyclingmarktes. Viele Migranten aus den ländlichen Gebieten versuchen in den Vorstädten ihr Glück mit dem Gebrauchthandel und dem Verkauf von Rohstoffen wie Kupfer oder Aluminium aus Elektrogeräten. Aber ein beträchtlicher Teil dieser Händler in Ghana und Nigeria lebt laut UNO-Bericht unter der definierten Armutsgrenze von 1.25 Dollar Einkommen pro Tag.

Rasch wachsende Branche

Die Recycling- und Reparatur-Branche in Afrika wächst rasant. Die Entwicklungsländer wollen den Vorsprung der Industriestaaten in den Informations- und Kommunikationstechnologien weiter wettmachen. Die Verbreitung des Personal Computer, so heisst es im UNO-Bericht, ist in den letzten 10 Jahren um den Faktor 10 gewachsen, die Zahl der Handys sogar um das Hundertfache. Dieser unbändige Konsum wird das Abfallproblem weiter verschärfen. Bereits heute stammen 85 Prozent des Abfalls vom inländischen Verbrauch neuer und gebrauchter Elektro- und Elektronikgeräte. Dazu kommt der Elektroschrott aus dem Import. In Ghana zum Beispiel stammen etwa 85 Prozent des Imports neuer und gebrauchter Elektroware aus einem europäischen Herkunftsland, wie die Empa-Forscher bei Container-Untersuchungen im Jahr 2010 feststellten. Der Rest kommt vor allem aus Asien und Nordamerika. Hauptexporteur ist Grossbritannien, gefolgt von Frankreich und Deutschland.

Rund ein Drittel der Gebrauchtwaren müssten laut der UNO-Konvention von Basel als illegal deklariert werden: Sie waren nicht mehr funktionstüchtig und sind gemäss der Basler Übereinkunft Elektroschrott. Die Konvention regelt den grenzüberschreitenden Transport gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung. Insgesamt importierten die untersuchten fünf westafrikanischen Staaten während der letzten Jahre laut Schätzungen der UNO jährlich 250'000 Tonnen Elektroschrott. «Das entspricht etwa 5 Prozent des Schrottaufkommens in der EU», sagt Empa-Forscher Schluep. Und das Importvolumen steigt weiter an.

Eine seriöse Kontrolle des Frachtguts scheint in den Häfen, wo die Elektrogüter Europa verlassen, nicht möglich zu sein. Zwar gibt es zum Beispiel im Hafen von Antwerpen speziell für die Ausfuhr elektronischer und elektrischer Geräte ausgebildete Zollbeamte. Trotzdem, so heisst es im UNO-Bericht, beklagten die Zöllner in Antwerpen und auch in Amsterdam, dass es an Personal und Finanzen fehle, um problematische Frachten sorgfältig zu kontrollieren. Bei der Deklaration der Fracht kommt erschwerend hinzu, dass dieses sogenannte illegale Gut nicht immer Schrott sein muss. «Oft funktioniert ein Computer nicht, weil ein Kabel ausgerissen ist», sagt Mathias Schluep.

Ghana und Nigeria wollen Gesetze erlassen

Die Hälfte des «illegalen» Imports werde in den afrikanischen Ländern repariert und sei danach meistens für einige Jahre wieder einsatzfähig. «Für das Reparaturgewerbe in diesen Ländern ist dies an und für sich eine gute Sache», sagt Schluep. Die Händler in Europa, meistens ebenfalls Afrikaner, hätten kein Geld, um die ausgedienten Geräte vorher auf ihre Funktionstüchtigkeit zu prüfen. «Das überlassen sie den Händlern in Afrika», sagt Schluep. Regierungen wie Ghana und Nigeria haben das damit verbundene Problem der Entsorgung erkannt und wollen nun Gesetze erlassen, um den Import und das Recycling besser zu kontrollieren. Wie das bei so vielen informellen Märkten umgesetzt werden soll, weiss allerdings niemand.

Die UNO warnt in ihrem Bericht davor, eine Hightech-Recycling-Industrie in diesen Ländern aufzubauen. Dafür fehle die Infrastruktur und das Wissen. «Ein Anfang wäre schon, wenn die Geräte fachgerecht auseinandergenommen würden», sagt Schluep. Um das begehrte Gold aus den Leiterplatten von Computern herauszulösen, brauche es jedoch Hightech-Anlagen.

Das Gleiche gilt für die Seltenen Erden wie Palladium oder Indium in Handys, deren Recycling wegen der knappen Ressourcen künftig eine wichtige Rolle spielt. «In diesem Fall ist es wichtig, dass die afrikanischen Händler einen Zugang zum Handel erhalten, um solche Leiterplatten an die entsprechenden Unternehmen in den europäischen Ländern verkaufen zu können.» Die UNO empfiehlt zudem, dass für den Aufbau von Recyclingsystemen in Afrika künftig Importeure und Hersteller verantwortlich sein müssten, wie das in der Schweiz seit langem der Fall ist.

Schweiz gibt Erfahrungen weiter

Die Schweiz gehört diesbezüglich denn auch neben den Niederlanden und Deutschland zu den aktivsten Ländern: «Wir sind Pioniere in der Abfalltrennung. Unsere Erfahrung wollen wir international weitergeben», sagt Martin Saladin vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Dieses engagiert sich mithilfe der Empa seit 2004 mit Entsorgungsprogrammen in Staaten, wo der Elektroschrott zum akuten Problem geworden ist. Seine Erfahrung in Indien, China, Südafrika und Peru flossen in die sogenannte StEP-Initiative.

Wer bei dieser internationalen Übereinkunft mitmacht, verpflichtet sich, die gewonnenen Erkenntnisse an andere, ärmere Länder weiterzugeben. In Peru wird derzeit ein Werkhof für Abfall gebaut, wo Elektrogeräte recycelt werden. «Es liegt im Interesse aller, in den Entwicklungsländern Recyclingsysteme aufzubauen, sonst verschwindet ein beträchtlicher Teil knapper Rohstoffe durch den Secondhandhandel», sagt Empa-Forscher Schluep. (Tages-Anzeiger)>

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20 minuten
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6.3.2012: Seifenwerbung gegen AfrikanerInnen: Sie sollten weiss werden

aus: 20 minuten online: Vintage-Werbung: Als man mit Rassismus noch Seife verkaufte; 6.3.2012;
http://www.20min.ch/life/story/31031319

<Es gab eine Zeit, in der politische Korrektheit noch kleingeschrieben wurde, als man noch von «Negern» und «Schlitzaugen» sprach - und mit Stereotypen Werbung machte. Eine erschreckende Retrospektive.

«Warum wäscht dich deine Mama nicht mit Fairy Soap?», fragt das weisse Kind seinen dunkelhäutigen Spielkameraden auf einer Werbeanzeige. Eine andere Reklame zeigt einen invaliden US-Soldaten mit dem Text: «Die Japser sind gar nicht so Schielaugen, wie man denkt!»

Heutzutage müssten sich solche Werbetexter einen guten Anwalt suchen. Doch was für aktuelle Verhältnisse undenkbar scheint, war wohl damals überaus salonfähig. Um potentielle Kunden anzulocken, wurde ausgegrenzt und verspottet, was das Zeug hält. Überzeugen Sie sich selbst - in der Diashow.

(mor)>

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Basler Zeitung
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Südafrika 17.3.2012: Nashornjagd wegen des Nashorns ohne Ende - es droht die Ausrottung im Jahre 2015

aus: Basler Zeitung online: In Südafrika wird jeden Tag ein Nashorn getötet; 17.3.2012;
http://bazonline.ch/wissen/natur/In-Suedafrika-wird-jeden-Tag-ein-Nashorn-getoetet/story/30578972

<Die Wilderei hat laut Tierschützern in Südafrika massiv zugenommen. Seit Jahresbeginn wurden bereits 100 Nashörner illegal geschossen. Die Tiere könnten bereits in drei Jahren ausgestorben sein.

Tierschützer haben vor einem kompletten Aussterben der Nashörner in Südafrika in den kommenden Jahren gewarnt. Sollte die Wilderei im aktuellen Ausmass andauern, könnten Nashörner bis 2015 komplett ausgestorben sein, sagte die Tierärztin Karen Trendler, die seit fast zwei Jahrzehnten in einem Wildpark in Pretoria Nashorn-Babys aufzieht. Die «Mama Rhino» genannte Ärztin und Aktivistin hat rund 200 Nashörner aufgezogen, die keine Eltern mehr hatten.

Seit Anfang des Jahres wurden in Südafrika mehr als hundert Nashörner getötet und damit mehr als ein Tier pro Tag. Die erwachsenen Tiere werden wegen ihrer Hörner getötet, die in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet werden. Ihre Jungen sterben vielfach ohne den Schutz der Eltern. Trendler baut daher derzeit bei Mokopane im Norden des Landes eine Waisenstation auf. In der nicht-touristischen und nicht-kommerziellen Station sollen die kleinen Nashörner aufgezogen werden, um später in die Wildnis zurückzukehren.

(kpn/AFP)>

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Der Standard
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19.3.2012: <Rätsel der Biogeographie gelöst: Wie die Fauna Madagaskars entstand>

aus: Der Standard online; 19.3.2012;
http://derstandard.at/1331780082436/Raetsel-der-Biogeographie-geloest-Wie-die-Fauna-Madagaskars-entstand

<Der Ursprung der madagassischen Wirbeltiere konnte auf relativ junge Zeiträume datiert werden.

Ein in Nordmadagaskar beheimateter Baumfrosch (Boophis sambirano) - diese Art gehört zu einer großen Gruppe von Fröschen, deren Vorfahren vor 60 bis 70 Millionen Jahren aus Asien nach Madagaskar kamen.

Braunschweig - Die Tierwelt Madagaskars ist einzigartig: Zahlreiche Arten leben auf der viertgrößten Insel der Welt im Indischen Ozean - Lemuren und Tenreks, Minichamäleons und Riesenschlangen, Giftfrösche und Buntbarsche. Nirgendwo sonst auf der Erde findet man so viele endemische Arten - also Arten, die nur auf Madagaskar vorkommen. Wie diese Arten aber nach Madagaskar gekommen sind, war lange Zeit eine völlig ungeklärte Frage: Denn Madagaskar ist bereits seit der Kreidezeit, also seit etwa 90 Millionen Jahren, von allen anderen Kontinenten getrennt und Fossilien aus der Kreidezeit zeichnen das Bild einer Urwelt, die nichts mit den heutigen Madagassischen Tieren zu tun hatte: Dinosaurier und Beuteltiere, Lungenfische und Knochenhechte, pflanzenfressende Krokodile und Riesenkröten besiedelten damals die Insel.

Dieses Rätsel der Biogeographie kann nun als gelöst gelten, gab die Technische Universität Braunschweig am Montag bekannt. Nach mehrjährigen Forschungen zum Ursprung der Fauna sind nun gleich zwei Studien mit genetischen und statistischen Ergebnissen zur Besiedlungsgeschichte Madagaskars in den "Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA" (PNAS) erschienen.

Datierung und Theorie

Mittels so genannter molekularer Uhren konnte der Ursprung der madagassischen Wirbeltiere durchgehend auf relativ junge Zeiträume datiert werden. "Die Vorfahren der meisten dieser Tiere erreichten Madagaskar vor etwa 60 bis 70 Millionen Jahren, und müssen nach unseren Erkenntnissen über den Ozean verdriftet worden sein", so Miguel Vences, in dessen Arbeitsgruppe die Studien durchgeführt wurden. "Zum größten Teil stammten diese Tiere aus Afrika. Wie frühe Versionen von Robinson Crusoe wurden sie von großen Wirbelstürmen auf schwimmenden Baumstämmen an die Küsten der Insel gespült".

Die Verdriftungs-Theorie werde auch durch andere Daten gestützt: Denn Besiedlungen durch Vorfahren aus Asien erfolgten hauptsächlich zu jener Zeit, als zwischen Madagaskar und Asien noch eine relativ geringe Meerenge bestand. Und Besiedlungen aus Afrika wurden sehr selten, nachdem die vorherrschenden Winde begannen, in die "falsche" Richtung zu wehen und somit Tiere eher von Madagaskar nach Afrika als von Afrika nach Madagaskar zu treiben.

"Seit 15 Millionen Jahren kamen kaum noch neue Tiergruppen über das Meer nach Madagaskar, so dass die Tierwelt Madagaskars in fast völliger Isolation ihre heutigen Spezialisierungen entwickeln konnte", so Vences. Entscheidend für die Artenvielfalt war dabei der tropische Regenwald: Nur solche Tiergruppen, die sich an diesen Lebensraum anpassen konnten, fächerten sich in eine große Artenfülle auf.

Ausrottung und weiterhin gefährdete Vielfalt

Gleichzeitig wiesen die ForscherInnen darauf hin, dass diese Vielfalt höchst gefährdet ist: In sehr kurzer Zeit schaffte es der Mensch, der erst vor etwa 2.000 Jahren nach Madagaskar gekommen war, Riesenschildkröten, Riesenlemuren und Riesenvögel auszurotten. Zudem sind viele andere Tierarten in Madagaskar durch menschliche Aktivitäten kritisch gefährdet. "Nur durch eine Intensivierung der Naturschutzbemühungen kann diese einzigartige Fauna gerettet werden", betonte Angelica Crottini vom Braunschweiger Forschungsteam abschließend. (red, derStandard.at, 19.3.2012)

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20 minuten
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Nigeria 13.4.2012: <Illegale Rituale: Schwangere aus «Babyfabrik» befreit> - Babyhandel für Sklaverei, elternlose Eltern oder für "Rituale"

aus: 20 minuten online; 13.4.2012;
http://www.20min.ch/ausland/news/story/10984801

<Kinderhandel ist in Westafrika weit verbreitet. Dieser Fall aus Nigeria ist schier unvorstellbar: Waisenmädchen wurden gegen Geld schwanger und mussten ihre Babys weiterverkaufen.

Die Polizei in Nigeria hat mehrere schwangere Mädchen aus einem Waisenheim gerettet, das offenbar als «Babyfabrik» diente. Die Mädchen seien zur Schwangerschaft gedrängt und ihre Babys dann für illegale Rituale verkauft worden.

Der Chef des Waisenhauses, seine Frau und ein Komplize seien festgenommen worden, sagte ein Polizeisprecher am Freitag im Bundesstaat Akwa Ibom im Süden des Landes. «Die Verdächtigen drängten die Mädchen zur Schwangerschaft, indem sie ihnen 70 000 Naira (405 Franken) versprachen», sagte er.

«Wenn die Babys geboren waren, wurden sie für das Abhalten von Ritualen verkauft.» Kinderhandel ist in Westafrika weit verbreitet, oft werden die Kinder ihren armen Eltern abgekauft und dann als Arbeitssklaven in Plantagen, Bergwerke und Fabriken geschickt.

Auch der Weiterverkauf an wohlhabende kinderlose Paare geschieht oft, in seltenen Fällen werden sie auch in verbotenen Ritualen der Schwarzen Magie gefoltert oder getötet.

(sda)>

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Welt online,
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20.4.2012: Nordafrika hat viel Grundwasser, aber keinen Zugang

aus: Welt online: Ressourcen: Afrika sitzt auf riesiger Menge Grundwasser
http://www.welt.de/wissenschaft/article106207029/Afrika-sitzt-auf-riesiger-Menge-Grundwasser.html

<Millionen Afrikaner können vom Zugang zu Trinkwasser nur träumen. Forscher haben unter dem Kontinent hunderte Millionen Kubikmeter Wasser ausgemacht. Die Reservoirs können nur schwer angezapft werden.

Im von Trockenheit geplagten Afrika gibt es einer britischen Studie zufolge riesige Grundwasservorkommen. Während drei Millionen Bewohner des Kontinents immer noch keinen Zugang zu Trinkwasser hätten, gebe es unter der Erde Wasservorkommen mit einem geschätzten Volumen von  660 Millionen Kubikmetern, hieß es in der in der Fachzeitschrift „Environmental Research Letters“ veröffentlichten Studie. Das wäre 20 Mal so viel wie das Süßwasser in den afrikanischen Seen.

Um den versteckten Wasserreserven in Afrika auf die Spur zu  kommen, werteten die Forscher des British Geological Survey in  Edinburgh und des University College in London bereits erstellte  Karten, vorhandene Daten und verschiedenste Veröffentlichungen aus.

Meist nur mit manuellen Pumpen anzapfbar

Demnach sind die größten Grundwasservorkommen in Libyen, Algerien,  Ägypten, dem Sudan und dem Tschad zu finden. Sie ließen sich aber nur schwer nutzen.

Der Studie zufolge lassen sich die Vorkommen in den meisten  Regionen nur mit manuellen Pumpen anzapfen. Dies entspricht einer Förderkapazität von 0,3 Litern pro Sekunde. In diesen Gegenden gebe  es somit aber genügend Wasser, um die dortige Bevölkerung zu versorgen.

Dagegen seien die Möglichkeiten nur sehr beschränkt,  Vorkommen mit Bohrungen kommerziell anzuzapfen und so fünf Liter pro Sekunde zu fördern.>


Dasselbe Thema im Standard:

Der Standard
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20.4.2012: <Dürregeplagtes Nordafrika birgt gewaltige Grundwasservorkommen>

aus: Der Standard online; 20.4.2012;
http://derstandard.at/1334795730749/Studie-Duerregeplagtes-Nordafrika-birgt-gewaltige-Grundwasservorkommen

<Unter dem trockenen Nordafrika gäbe es genügend Grundwasser, um Dürreperioden zu überstehen - doch muss die Ressource nachhaltig genutzt werden.

Forscher des British Geological Survey sehen "Puffer"-Potenzial für Trockenperioden, warnen jedoch vor Übernutzung.

London - Am Horn von Afrika waren im vergangenen Jahr Millionen Menschen von der schwersten Dürre seit 60 Jahren betroffen. Nun befürchten Experten, dass dem westafrikanischen Teil der Sahelzone ein ähnliches Schicksal droht, etwa 15 Millionen Menschen in der Region könnten nach UN-Angaben von einer anschließenden Hungerkrise bedroht sein. Während die Staaten der Region ihre "Grüne Mauer" aus Baumpflanzungen gegen die Wüstenbildung verstärken wollen, veröffentlichten Wissenschafter eine Studie, derzufolge unter der Oberfläche gewaltige Grundwasservorkommen schlummern.

Der Sahel bildet den Übergangsbereich zwischen der Sahara im Norden und der Savannenregion im Süden und ist von langen Trocken- und kurzen Regenzeiten geprägt. Obwohl er heute sogar um einiges grüner ist als noch vor 30 Jahren, können sich diese Trockenperioden katastrophal auswirken. Die von Forschern des British Geological Survey und des University College London durchgeführte Studie legt jedoch nahe, dass die vorhandenen Grundwasserressourcen bei nachhaltiger Nutzung ausreichen würden, um solche Perioden zu überstehen.

Karten geben Einsicht

Im Fachjournal "Environmental Research Letters" veröffentlichten die Forscher um Alan MacDonald und Helen Bonsor die bislang detailliertesten Karten der Grundwasserverteilung auf dem afrikanischen Kontinent (siehe die untenstehenden Links), basierend auf hydrogeologischen Karten der nationalen Regierungen und insgesamt 283 Studien über Grundwasserleiter bzw. Aquifere. In Summe kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Grundwasservorkommen etwa 100 Mal so groß sind wie das an der Oberfläche zur Verfügung stehende Wasser.

Die größten Vorkommen liegen in nordafrikanischen Sedimentbecken in Libyen, Algerien und dem Tschad. Wie Bonsor gegenüber der BBC erklärte, entsprächen diese einer 75 Meter hohen Wassersäule auf der Fläche dieser Regionen: "Es ist eine gewaltige Menge".

Genug, aber nicht zu viel entnehmen

Bonsor weist auf das Potenzial dieser Ressource hin, zugleich warnen die Forscher vor großangelegten Bohrungen. Die Sahara hat sich im Lauf der letzten paar Millionen Jahren mehrfach ausgedehnt und wieder zusammengezogen und dabei die Sahelzone, in der zumindest zeitweise ausreichend Regen fällt, verschoben. Die Aquifere enthalten daher hauptsächlich altes Wasser - viele wurden den Forschern zufolge zum letzten Mal vor 5.000 Jahren aufgefüllt. Eine Nutzung im großen Stil könnte daher eine Ressource aufbrauchen, die dann für immer verloren wäre.

Eine gangbare Möglichkeit, auf die Grundwasserreservoirs zuzugreifen, sehen die Forscher jedoch in lokaler Nutzung mit manuellen Pumpen. Diese haben zwar nur eine Förderkapazität von 0,3 Litern pro Sekunde - im Gegensatz zu kommerzieller Nutzung mit bis zu fünf Litern pro Sekunde -, würden jedoch ausreichen, die örtlichen Bevölkerungen mit genügend Wasser zu versorgen und als "Puffer" für Dürreperioden zu fungieren. Manchmal sei die langsame Entnahme eben die effektivere, schließt Bonsor. (red, derStandard.at, 20.4.2012)

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Financial
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20.4.2012: Afrikas neuer Wohlstand

aus: Financial Times Deutschland online: Expansion und Wachstum Afrikas neuer Wohlstand; 20.4.2012;
http://www.ftd.de/karriere-management/management/:expansion-und-wachstum-afrikas-neuer-wohlstand/70024807.html

<Nach zwei Jahrzehnten Wirtschaftswachstum ist in Afrika eine kaufkräftige Mittelschicht entstanden. Die neuen Konsumenten mausern sich zum Wachstumstreiber - und locken daher immer mehr ausländische Investoren auf den Kontinent.

von Marina Zapf

Die "große Mauer" nennen Nigerianer die neue Mole, die über Kilometer das neue und Teile des alten Lagos vor Sturmfluten schützt. Die Befestigung von Victoria Island gehört zum Projekt Eco Atlantic: eine Zukunftsstadt, die der Megacity aus elenden Slums, bescheidenen Siedlungen und gläsernen Bürotürmen ein Gesicht der Superlative geben soll. Vor der Küste haben Spezialschiffe Sand aufgeschüttet. Mehr als 2,5 Millionen Quadratkilometer Baufläche sind dem Atlantik schon abgetrotzt. Ein Finanzzentrum und 250.000 Menschen sollen sich dort ansiedeln. Die 15-Millionen-Metropole braucht Platz, weil sie in 25 Jahren auf 25 Millionen Einwohner anschwellen wird. Und sie braucht Wohnraum für eine wachsende Mittelschicht.

Das einst mit dem Umzug der Regierung nach Abuja für tot erklärte Lagos gilt mittlerweile als Symbol der wirtschaftlichen Erneuerung des afrikanischen Kontinents. Ein zukunftsorientierter Gouverneur trug dazu bei, dass der Moloch nicht in Chaos und Rechtlosigkeit versank. Millionen Menschen müssen in dem überfüllten Ballungsraum irgendwie durch den Tag kommen. Doch gleichzeitig zeigt sich immer mehr Unternehmergeist. Jeder fünfte Stadtbewohner zählt heute zur Mittelschicht. Diese Gruppe wächst nicht nur in Lagos, sondern überall auf dem Kontinent - als Ergebnis von zwei Jahrzehnten anhaltendem Wirtschaftswachstum.

Wachstumsmotor für die Schwellenländer

Sie haben das Elend der Slums hinter sich gelassen, in denen Menschen mit weniger als 2 Dollar pro Tag auskommen müssen, gehören aber noch zur kleinen, reichen Elite. In Zukunft spielen sie eine Schlüsselrolle in der afrikanischen Wirtschaftsdynamik. Ihre wachsende Bedeutung beeinflusst die Investitions- und Handelsflüsse maßgeblich. Die neue Mittelklasse zieht nicht nur amerikanische Einzelhandelsriesen wie Walmart nach Afrika, sondern auch deutsche Mittelstandsfirmen wie den Sanitärausstatter Grohe. Neuerdings wenden sich konsumorientierte Unternehmen Afrika zu, die nicht im rohstofforientierten Anlagen-, Maschinen- oder Kraftwerksbau ihr Glück suchen.

"Die aufstrebende Mittelschicht ist wegen ihres Potenzials als Wachstumsmotor in den großen Schwellenländern und in Schwarzafrika eine bedeutende wirtschaftliche und soziale Kraft", sagt Mario Pezzini, Direktor des Entwicklungszentrums der Industrieländerorganisation OECD. "Wenn sich diese entstehende Gruppe mit mittlerem Einkommen zu einer stabilen Mittelschicht konsolidiert, wird sie durch angekurbelten Konsum und Inlandsnachfrage die Wirtschaft stärken."

Noch ist Afrika von den Einkommensmargen der Industrieländer weit entfernt. Zur Mittelschicht zählt, wer über ein Jahreseinkommen von 1500 bis 7300 Dollar verfügt. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) sieht den Anteil dieser Gruppe an der Bevölkerung stetig wachsen: Von 1980 bis 1990 wuchs die Gruppe um 26 Prozent oder 111 Millionen. Seit 2010 gilt etwa jeder dritte Afrikaner als Mitglied der Mittelschicht. 313 Millionen Menschen - das sind mehr kaufkräftige Afrikaner als US-Bürger.
Jedes Jahr kommen laut AfDB rund fünf Millionen solcher Konsumenten hinzu. 70 Prozent sind jünger als 40 Jahre. Jeder Zweite schafft Haushaltswaren wie Kühl- und Eisschränke an. Sie verlangen nach Wohnraum, Verkehrsmitteln und Freizeitartikeln. Autohersteller wie Ford stellen ihre indischen Werke auf die Nachfrage für Kleinwagen aus Afrika ein, selbst BMW rechnet mit neuen Märkten jenseits Südafrikas. Auf 1400 Mrd. Dollar schätzt McKinsey Global Institute bis 2020 die Kaufkraft dieser Konsumenten.

Zu finden sind sie in den Städten der bevölkerungsreichen afrikanischen Länder Äthiopien, Nigeria und Südafrika. Ihrer Generation entspringt auch das neue Unternehmertum, das sich Raum zwischen dominanten staatlichen Akteuren erobert. Die kreative Privatwirtschaft vernetzt sich lokal, regional und über die Grenzen hinweg. Dank des zunehmenden Süd-Süd-Handels mit China und Südamerika ist Afrika nicht länger von der Weltwirtschaft abgekoppelt. Westafrika rückt näher an die USA. Allein die Explosion des Mobilfunks hat mit Hunderten Handyanwendungen neue Geschäftsfelder - etwa im Finanzwesen - erschlossen und alte - wie in der Landwirtschaft - belebt. Heute haben 343 Millionen Afrikaner ein Handy. Die Verlegung von Breitbandkabeln hat eine Welle unternehmerischer Kreativität freigesetzt.

Internet treibt die Wachstumsraten

Noch ist der Anteil der Bevölkerung mit Internetzugang mit rund zehn Prozent gering. Aber die weitere Verbreitung ist nur eine Frage der Zeit. Bis 2030, so erwartet die AfDB, werden 40 Prozent der Bevölkerung Zugang zum Internet haben. Schon heute sind 37,7 Millionen der 119 Millionen Internetnutzer bei Facebook angemeldet. Nester von innovativen Start-up-Firmen, die sich im ICT-Markt tümmeln, sind Wegbereiter in Kenia, Ruanda und Ghana. Allein in Ruanda wurden 2010 viermal mehr Unternehmen gegründet als noch 2006. In Lagos wächst im Distrikt Ikeja ein Gründerzentrum heran.

Die Frage, so schreiben Berater der Unternehmensberatung Roland Berger, "ist nicht mehr, ob afrikanische Länder die nächste große Erfolgsgeschichte sein werden, sondern wann". Für das laufende Jahr erwarten sie ein Wirtschaftswachstum von sechs Prozent. In den vier Jahren darauf werde Subsahara-Afrika mit 4,9 Prozent Wachstum immer noch den globalen Durchschnitt von 2,9 Prozent übertreffen. Gemessen an ihren jährlichen Wachstumsraten schließen nach Prognosen von Deutscher Bank und IWF die neun afrikanischen Länder Angola, Botsuana, Kamerun, Ghana, Äthiopien, Kenia, Elfenbeinküste, Nigeria und Tansania 2012 zu denen der Schwellenländer Asiens auf.

Neues Rekordniveau

Auch die Investitionsflaute scheint vorüber. Dank erfolgreicher Reformen vieler afrikanischer Länder ist der akkumulierte Bestand ausländischer Direktinvestitionen (FDI) von 61 Mrd. Dollar 1990 auf 554 Mrd. Dollar bis 2011 gestiegen, errechnete die Uno-Handelsorganisation. Seit 2000 haben sich FDI in Afrika insgesamt versechsfacht, trotz des Einbruchs nach der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008. Die Deutsche Bank geht davon aus, dass Auslandsinvestitionen in Subsahara-Afrika 2011 und 2012 wieder steigen und die Spitze von 2008 sogar übertreffen. Deutschland hat daran mit 25 Mrd. Dollar FDI im Jahr 2007 einen verschwindend geringen Anteil. Aber das Handelsvolumen erreichte 2011 mit 42,3 Mrd. Euro, einem Plus von 14,4 Prozent zum Vorjahr, ein neues Rekordniveau.

Die meisten Investitionen fließen in Afrika traditionell nach Nord- und Zentralafrika sowie in die Hochburgen von Bergbau und Öl- und Gaswirtschaft. Ein starker Faktor für die Attraktivität eines Standorts ist laut einer AfDB-Untersuchung aber auch, wie stark eine Regierung auf Handel und Konsum ausgerichtet ist, und wie groß die städtischen Bevölkerungen sind. Das zog Kapital nach Ost- und Südafrika. Die zunehmende Verstädterung dürfte die Anziehungskraft Afrikas noch stärken. "Noch fehlt es in vielen Ländern, zumal südlich der Sahara, an Infrastruktur, Kapital und Know-how", schreibt Martin Wittig, CEO von Roland Berger. Den Industrienationen böten sich dadurch enorme Chancen für Investitionen und Kooperationen: vor allem in den sechs Schlüsselbranchen Energie, Produktion, Handel, Transport und Telekommunikation, Behörden und Finanzdienstleistungen.

Mit letzteren will auch Eco Atlantic in Lagos glänzen. Mehr als 50 Millionen Nigerianer haben ein Mobiltelefon, aber nur 25 Millionen ein Bankkonto. Auch Kleinverdiener legen etwas zurück - für Anschaffungen, eine Hochzeit, die Ausbildung der Kinder. "Die Ersparnisse, die heute in Tontöpfen und unter Matratzen ruhen, bringen auf einem Konto mehrfachen Nutzen: Zinsen für die Sparer, Refinanzierung für die Banken und Kredite für die Wirtschaft - für den Ausbau der Infrastruktur ebenso wie für kleine Unternehmen", sagt Wittig. Wenn die nachwachsende Jugendschar Afrikas mehr Teilhabe am Wohlstand fordert, werden Mikrokredite nicht mehr ausreichen. Glaubt man der AfDB, wird die Mittelschicht bis 2060 auf 1,2 Milliarden anschwellen - 42 Prozent der Bevölkerung.>

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Financial
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Lagos (Nigeria) 24.4.2012: Armutsbeseitigung - Gouverneur Fashola macht es vor - mit Integration der Gangs, Umschulungen und einem Disziplinprogramm

aus: Financial Times Deutschland online: Megacities Lagos: Die Gangs regieren – mit Erlaubnis; 24.4.2012;
http://www.ftd.de/politik/international/:megacities-lagos-die-gangs-regieren-mit-erlaubnis/70027014.html

<Die nigerianische Metropole Lagos galt einst als schmutzigste Stadt der Welt. Ein charismatischer Gouverneur machte sie zum Vorbild, wie man Slumprobleme in den Griff bekommt.

von Johannes Dieterich, Lagos

[Die "Crackers" wollen "Dienstleistungen" verkaufen]

Sie tauchen wie aus dem Nichts an deiner Seite auf, verlangen Bezahlung für Dienstleistungen, die sie niemals erbracht haben und um die sie niemand gebeten hat. Ist ihr Ansinnen erfolglos, folgt eine derbe Beschimpfung und ein Schlag aufs Autoblech, dann womöglich weitere, wuchtigere Schläge und schließlich eine zerborstene Windschutzscheibe - hätte der Taxifahrer Mister Balugu nicht gerade noch rechtzeitig eine Lücke im dichten Verkehr erspäht. "Crackers!", schimpft er hinter der nächsten Kreuzung. "Wann endlich wird auch der letzte dieser Idioten endlich verschwunden sein?"
Die Rede ist von den "Area Boys": Lagos' bösen Buben, die die nigerianische Metropole einst zu Zigtausenden bevölkerten. Nicht zuletzt ihnen war es zuzuschreiben, dass die Hafenstadt mit ihren elf Millionen Einwohnern einen ziemlich schlechten Ruf hatte. Den Zustrom neuer Einwohner hat das nicht gestoppt. In Afrika wie in Asien strömen Millionen in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Städte wie Lagos. Dort werden die schnell wachsenden Slums zur Belastung für ihre Bewohner. Anstatt soziale Aufsteiger hervorzubringen, drohen die neuen Siedlungen zu No-go-Areas zu werden, in denen der Staat wenig zu sagen hat und Kriminelle viel.

[Gouverneur Babatunde Fashola überwindet die Wegelagerer und Revierkämpfe]

Doch das muss nicht sein: Lagos ist unter dem charismatischen Gouverneur Babatunde Fashola zum Vorbild geworden, wie man die Slumprobleme wieder in den Griff bekommt.

Die Metropole galt als Hexenkessel ohne Besserungschance. Autofahrer, Ladenbesitzer und Straßenverkäufer mussten den Wegelagerern ihren Obolus entrichten. Geschäftsleute und Politiker mieteten die Area Boys an, um sich Respekt zu verschaffen oder Stimmen zu erzwingen. Und frühmorgens kreuzten Polizeilastwagen durch Lagos' Straßen, um die Opfer der nächtlichen Revierkämpfe aufzulesen.

"Es war rau", sagt Godpower Mbong in singendem Pidgin-Englisch. Seit acht Jahren lebte der Area Boy unter einer Brücke im Stadtteil Apapa. Geld verdient habe er mit "Gelegenheitsarbeiten", fährt der 28-Jährige fort. Seit mehreren Monaten hat er einen richtigen Job: Er wurde als Hilfskraft von der städtischen Polizei angeheuert, die Ordnung in den Verkehr und unter die Heere von Straßenhändlern bringen soll. Der Job sei "gar nicht schlecht", murmelt er. "Jedenfalls besser als früher."

[Programm gegen Disziplinlosigkeit: "Area Boys" werden Ordnungshüter, Steuereintreiber, Verschönerer]

Mbong profitierte von dem "Kick against Indiscipline" (Schlag gegen die Disziplinlosigkeit) genannten Programm, mit dem Fashola, der seit fünf Jahren regierende Gouverneur des Bundesstaats Lagos, den Hexenkessel in den Griff zu bekommen sucht. Hunderte von Area Boys wurden zu Ordnungshütern umgeschult, andere zu Steuereintreibern ausgebildet, wieder andere zur Verschönerung der einst als "schmutzigste Stadt der Welt" geltenden Metropole herangezogen. "Viele von ihnen haben eine abgeschlossene Schulausbildung und sind deshalb leicht zu resozialisieren", sagt Mojo Bello, ein Manager der Kommunalverwaltung.

[Vorträge von Gouverneur Babatunde Fashola im Ausland]

Der 48-jährige Jurist Fashola ist inzwischen auch international bekannt. Der Gouverneur wird überall dorthin eingeladen, wo es um die Rettung scheinbar hoffnungsloser Fälle geht: Schließlich wird ihm zugeschrieben, aus dem am schnellsten wachsenden Armenhaus der Welt ein Vorbild für andere Megacitys zu machen. Sein Geheimnis: "Als ich Gouverneur von Lagos wurde, sah ich überall Chancen", sagt Fashola: "Für mich bedeutet eine schlechte Straße, dass wir Ingenieure und Arbeiter brauchen, Architekten, Banken, Lieferanten sowie Geschäfte, in denen sie sich versorgen können." Fashola steckte Milliarden in den Bau neuer Straßen, Buslinien und sogar S-Bahnen und sorgte mit dem "Kick against Indiscipline"-Programm für Zigtausende neuer Jobs.

[Finanzen durch Disziplin]

Um die Finanzierung seiner Programme musste sich der Gouverneur keine Sorgen machen. Denn mit dem größten Hafen Westafrikas und den Hauptsitzen der Erdölfirmen ist Lagos keine arme Stadt - nur dass mit den Einnahmen nichts für die Bevölkerung getan wurde. Fashola gelang es allerdings auch, die Steuereinnahmen seiner Stadt dramatisch zu steigern - auch dank der als Eintreiber angestellten Area Boys.

Bevölkerung und Geschäftsleute waren sogar einverstanden, für die neue Stadtverwaltung etwas tiefer in die Tasche zu greifen: Schließlich müssen sie jetzt keinen Obulus an die Area Boys mehr entrichten. Fashola bestand die große Herausforderung unterentwickelter Staaten, die riesigen Geldmengen, die trotz der Armut in den informellen Sektoren unter Millionen von Marktteilnehmern kursieren, in vom Staat kontrollierte Bahnen zu lenken.

Noch vor drei Jahren wurden 93,7 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung von 50 Mrd. Dollar in Lagos im informellen Sektor umgeschlagen. Mit den über 100.000 neu geschaffenen Jobs und den 250.000 Menschen, die Kleinkredite zur Gründung ihrer Geschäfte erhielten, geht der Trend jetzt in die andere Richtung.

[Rückläufige Kriminalität - das Vorbild wirkt]

Gleichzeitig ist die Zahl der Verbrechen stark rückläufig. "Wir können jetzt mit denen, die sich partout nicht integrieren lassen wollen, auch ganz anders umgehen", sagt Fashola. Und: "Wir haben unserer Bevölkerung gezeigt, dass man Dinge verändern kann - egal wie schlimm sie sind.">

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Spiegel
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Ostafrika 3.6.2012: Insel Sokotra wird von der Zivilisation mit Strassen und Bauten zerstört - über 1000 Pflanzen- und Tierarten sind in Gefahr

aus: Spiegel online: Artensterben in Ostafrika:
Der Drachenbaum-Blues; 3.6.2012;
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/sokotra-endemische-arten-der-insel-vor-ostafrika-a-835042.html
Michael Melford / National Geographic

Die Insel Sokotra vor Ostafrika ist ein Wunder der Natur, sie hat sich bislang in paradiesischer Isolation entwickelt: Mehr als tausend Pflanzen- und Tierarten gibt es nur dort. Jetzt bedroht die Zivilisation das Idyll.

350 Kilometer des Arabischen Meers liegen zwischen Sokotra und dem Jemen. Die Insel war einst ein sagenumwobener Ort am äußersten Rand der damals bekannten Welt. Seefahrer fürchteten die gefährlichen Untiefen, die tosenden Stürme und die Inselbewohner, die im Ruf standen, die Winde zu kontrollieren und Schiffe gegen die Klippen zu lotsen.

Heute lockt Sokotras großer Artenreichtum Entdecker auf die Insel. Sie hoffen, die Geheimnisse der Insel zu entschlüsseln, bevor sie ganz der modernen Welt zum Opfer fällt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckten Forscher, dass diese kleine tropische Insel eine unglaublich große Artenvielfalt beherbergt. Biologen beeindruckte vor allem die Vermischung afrikanischer, asiatischer und europäischer Merkmale. Mit der Zahl endemischer Pflanzenarten pro Quadratkilometer stehen Sokotra und die drei kleineren Nachbarinseln unter allen Inselgruppen weltweit an vierter Stelle: nach den Seychellen, Neukaledonien und Hawaii.

Die Landschaft besteht aus Kalksteinfelsen, deren Gestein durch Erosion scharfe Zacken ausgebildet hat. Die Kargheit der trockenen, braunen Landschaft wurde hier und da durch die wunderbar blutroten Blüten der fleischigen mishhahir-Pflanze unterbrochen. Wo auch immer man hinsah, streckten die Drachenbäume ihre Äste gen Himmel. Für viele hier heimische Pflanzen ist der Nebel die einzige Feuchtigkeitsquelle.

Einige der seltensten endemischen Pflanzen auf Sokotra wachsen an steilen Berghängen oder an den Küsten der Insel. Sie saugen dort die Nässe auf, die sich bei Nebelwetter auf dem Gestein niederschlägt. Auch die zum Himmel ragenden Äste des Drachenbaums sind eine evolutionäre Anpassung, um die kostbare Feuchtigkeit aus der Luft aufzufangen - doch davon gibt es inzwischen immer weniger.

Wer überleben wollte, musste die kostbaren Ressourcen schützen

Falls der Klimawandel tatsächlich der Grund dafür ist, dass kaum noch junge Pflanzen nachwachsen, dann gibt es keine schnelle Lösung für dieses Problem. Obwohl die politischen Unruhen viele ausländische Besucher abschrecken, haben Sokotras wunderbare Strände, seine zerklüfteten Berge, seine einzigartige Artenvielfalt und die traditionelle Lebensweise seiner Bewohner nach und nach immer mehr Reisende angelockt: Im Jahr 2000 waren es 140 ausländische Besucher, 2010 schon fast 4000. Einige Bewunderer der grandiosen Abgeschiedenheit von Sokotra befürchten, dass die Bemühungen der Regierung im Jemen, die Insel auf den Stand des 21. Jahrhunderts zu bringen, gerade das zerstört, was die Besucher anzieht.

Auf Sokotra gibt es mehr als 600 Dörfer, die allerdings meist nur aus der Handvoll Häuser einer Großfamilie bestehen. Jedes Dorf hat seinen muqaddam, seinen Ältesten, dem mit Respekt begegnet wird. Über die Jahrhunderte hinweg haben die Inselbewohner sinnvolle Praktiken entwickelt, um die Weidewirtschaft, Holznutzung, Auseinandersetzungen über Landbesitz, Wasserrechte und ähnliche Angelegenheiten zu regeln. Auf dem jemenitischen Festland gehören gewalttätige Fehden und Stammeskonflikte dagegen seit langem zum Alltag. Viele Männer dort tragen wie selbstverständlich eine Schusswaffe und den jambiya, den zeremoniellen Krummdolch.

In Sokotra werden Streitfragen seit je friedlich geregelt, indem sich die Bewohner benachbarter Dörfer immer wieder zu Aussprachen zusammensetzen. Wer auf dieser rauen Insel überleben wollte, musste die kostbaren Ressourcen zu schützen wissen. Das hatte den angenehmen Nebeneffekt, dass dadurch auch der außerordentliche Artenreichtum dieser Inselwelt bewahrt wurde. Die Klippen von Maalah und die angrenzende Hochebene beherbergen nach den Hajhir-Bergen Sokotras größten Artenreichtum.

Straßen und Bauprojekte zerstören die biologische Schatzkammer

Doch genau unter uns, aber außerhalb unserer Sichtweite, verlief die bereits geteerte Strecke einer nicht fertiggestellten Straße, die diese biologische Schatzkammer durchschnitten hätte. Das Straßenprojekt war trotz Protesten von Umweltschützern in Angriff genommen worden. Am Ende blieben die Klippen nur deshalb unversehrt, weil den Bauarbeitern das technische Wissen fehlte, sie zu überwinden. Als 2003 eine Straße durch das Gebiet Iryosh gebaut wurde, sind mindestens zehn Prozent der dort gefundenen einzigartigen Felszeichnungen zerstört worden. Sie hätten möglicherweise Hinweise auf die früheste Besiedlung der Inselgruppe liefern können.

Solche Bauprojekte erschließen neue Gebiete für den Tourismus, womit auch der Druck wachsen wird, Land an ausländische Investoren zu verkaufen. Doch auf einer Insel, auf der traditionell das Land allen gehört, können Auseinandersetzungen über Besitzansprüche und die Aussicht, schnelles Geld zu verdienen, Dörfer und sogar Familien zerrütten. Schon jetzt schlängeln sich neue Straßen an Sokotras Küste entlang, und in Hadibu werden Hotels und Geschäfte gebaut. Die meisten davon gehören Eigentümern, die nicht auf der Insel leben.

Nur in den Hajhir-Bergen scheint die altbewährte Lebensweise so unveränderlich zu sein wie ihre Granitgipfel. In den Dörfern stehen die muqaddams immer noch im Morgengrauen auf und singen ihren Ziegen etwas vor.

Und wenn hier die Sonne den nächtlichen Nebel vertreibt, dann schwirren Sokotras Stare durch die Drachenbäume, kleine Tauben trällern ihr kehliges Ruckediguh, und geheimnisvolle Blumen blühen auf Berghängen, auf die nie jemand seinen Fuß gesetzt hat.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter nationalgeographic.de/sokotra>

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20 minuten
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Nigeria 15.6.2012: Dana-Air verursacht Flugzeugabsturz - "normale" Mängel an Flugzeugen

aus: 20 minuten online: Afrikas Luftfahrt-Hölle: «Mayday, Mayday – beide Triebwerke sind aus»; 15.6.2012;
http://www.20min.ch/finance/dossier/luftverkehr/story/-Mayday--Mayday---beide-Triebwerke-sind-aus--28049495 

<von Adrian Müller
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Nirgendwo ist fliegen gefährlicher als in Afrika, das verdeutlicht der Absturz einer «Schrott»-Maschine in Nigeria Anfang Juni. Nun sind die Funkaufzeichnungen aufgetaucht.

Der amerikanische Pilot Peter Waxtan wollte eigentlich noch am selben Tag in die USA zurückkehren, um bei einer heimischen Airline anzuheuern. Doch auf seinem letzten Flug als Kapitän einer MD-83 der nigerianischen Dana Air schlug am 3. Juni 2012 das Schicksal brutal zu, wie die erst jetzt veröffentlichten Funkaufzeichnungen zeigen. «Mayday, mayday - wir haben keinen Schub mehr, beide Triebwerke sind ausgefallen», meldete der indische Kopilot dem Kontrollturm im Landeanflug auf den Murtala Mohammed Airport in Lagos.

Dann sackte die Maschine plötzlich über 1000 Meter ab. «Wir müssen sofort runter. Good day!»: Nur wenige Sekunden nach dem letzten Funkspruch krachte der Düsenjet mit offiziell 153 Passagieren an Bord in einen zweistöckigen Wohnblock. Der Crash riss neben den Fluggästen weitere 50 Menschen am Boden in den Tod.

Trotz Mängeln gestartet

«Ein Vogelschlag könnte den doppelten Triebwerksausfall verursacht haben», spekulierte der Flugdirektor der Dana Air wenige Tage nach dem Absturz des 22-jährigen Flugzeuges aus amerikanischer Produktion, welches zuletzt während Jahren stillgelegt war.

Die Behörden sehen dies offenbar anders und haben der Airline bis auf Weiteres die Fluglizenz entzogen. Mittlerweile haben sich zahlreiche Passagiere und ehemalige Angestellte geäussert, welche über überfüllte Flieger und grosse technische Mängel klagen. Teilweise habe sich etwa das Fahrwerk nicht einfahren lassen. «Wir wurden mehrmals gezwungen, trotz technischer Mängel zu starten», sagten Mitarbeiter der nigerianischen Zeitung «Punch». Offiziell gibt es noch keine Angaben zur Unglücksursache – die Auswertung der Flugschreiber ist noch nicht abgeschlossen.

Afrika als letzte Luftfahrt-Hölle

Schlechte Wartung, mangelhafte Flugsicherung, miese Flughäfen: In Afrika und insbesondere in Nigeria ist es in den letzten Jahren immer wieder zu verheerenden Flugzeugunglücken gekommen. Laut «Spiegel» schätzen Aviatik-Experten, dass die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes in Afrika sechsmal höher als im Durchschnitt ist. Im weltweiten Vergleich kommt es zu einem Unfall auf 1,6 Millionen Flüge, in Afrika ist es jedoch ein Unfall auf 135 000 Flüge. Rund ein Viertel aller Flugunfälle passieren auf dem schwarzen Kontinent – obwohl Afrika gerade mal drei Prozent des weltweiten Flugverkehrs ausmacht.

Afrika als eine der letzten Flieger-Höllen: Vor allem in Krisengebieten wie dem Sudan stehen etliche Fluggesellschaften auf der schwarzen Liste.

Musterschüler Ethiopian

Der Luftverkehr boomt aber auch auf dem schwarzen Kontinent: Pro Jahr wachsen die Passagierzahlen um rund sechs Prozent. Besonders stark expandiert Ethiopian Airlines – sie gilt trotz eines Absturzes vor der libanesischen Küste 2010 als sichere Airline. 2011 konnte Ethiopian gar der weltgrössten Luftfahrtallianz Star Alliance beitreten – dies etwa im Gegensatz zu Air India, welcher die Aufnahme wegen verschiedener Mängel verweigert wurde.

Ethiopian stellt im Sommer ihren ersten Boeing 787 Dreamliner in Betrieb und hat zahlreiche weitere Maschinen geordert. Das ist aber nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Wie bei Dana Air fliegen in Afrika dutzende Schrott-Flieger herum. Der nächste Unfall kommt bestimmt.


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