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      Russlands antijüdische Politik 1700-1986

Russischer Antisemitismus und Siedlungsvorschriften 1700-1941
JAFK und Krim-Projekt 1942-1945 -

Kommunistische Staaten als Gefängnis für russische und osteuropäische Juden 1945-1986


von Michael Palomino (2001/2005)

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aus:
-- Arno Lustiger: Rotbuch: Stalin und die Juden. Die tragische Geschichte des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und der sowjetischen Juden; Aufbau-Verlag, Berlin 1998. Ausgabe 2000, ISBN 3-7466-8049-2
-- weitere Quellen (jeweils angegeben)

Zusammenfassung

In dieser Chronologie sind Daten über die Juden in Russland von der Zarenzeit bis 1998 zusammengestellt, begonnen im Mittelalter über das Königreich Polen-Litauen, sodann die Etablierung des staatlich-russischen Antisemitismus nach den polnischen Teilungen mit der Zuteilung des Ansiedlungsgebietes zwischen Ostsee und Schwarzem Meer, die grossen Auswanderungswellen nach Übersee ab 1881, weiter die Verstrickung der russischen Juden in zaristische und kommunistische Angelegenheiten und die Entrechtung zaristischer und demokratisch ausgerichteter Juden durch die jüdische Sektion der Kommunisten ab 1919 (Jewsekzija) sowie die Wiederbeschäftigung der verstossenen ehemals zaristischen und demokratischen Juden in Krim-Siedlungen, in Birobidschan sowie  durch die russische  Industrialisierung ab den 1930er Jahren.

1936-1938 folgt eine erste generelle  Verfolgungswelle durch Stalin. Mit dem Hitler-Stalin-Pakt im August 1939 beginnt in Moskau eine kurze deutschfreundliche Phase sowie massenweise Deportationen von "Klassenfeinden" aus den ab 17.September 1939 besetzten osteuropäischen Gebieten.

Mit dem Jahr 1942 setzt die Propaganda des neu gegründeten russischen Jüdischen Antifaschistischen Komitees (JAFK) ein. Von Anfang an untersteht dieses Komitee dem ZK und ist von A bis Z eine kommunistisch kontrollierte Einrichtung. Dabei kann die Tragik mitverfolgt werden, wie sich Wahrheit, Propaganda und Illusion unter den Repräsentanten der Juden Russlands miteinander vermischen. Stalin selbst duldet das Komitee nur als Geldquelle und Propagandainstrument. Die Repräsentanten Micho'els und Fefer bringen es 1943 sogar fertig, in den "USA", Mexiko, Kanada und England für die Sowjetunion Gelder zu sammeln, ein an sich unmöglicher Vorgang. Gleichzeitig ist der JAFK-Vertreter Fefer Spion des NKWD.

Ab 1944 bleiben die Juden Russlands Spielball des russischen Stalin-Regimes. Das JAFK übernimmt sich, indem es gleichzeitig die Auswanderung, aber auch die  jüdische Republik Birobidschan sowie eine jüdische Krim- oder Wolgarepublik propagiert. Stalins Führung macht die Sowjetunion schon ab 1945 für russische Juden wieder zu einem Grossraumgefängnis, wohingegen Juden der osteuropäischen Staaten als Displaced Persons in westlich-alliierte und westdeutsche DP-Lager auswandern dürfen, um durch die geplante Auswanderung nach Israel den Druck auf die UNO zu einer Anerkennung Israels zu verstärken.

1948 nach der durch wesentliche russische Unterstützung erfolgten Ausrufung Israels und dem Unabhängigkeitskrieg sowie nach den für die israelischen, kommunistischen Parteien ungünstigen Wahlen scheitert Stalins Plan, politisch in Israel Fuss zu fassen, um so die englischen Ölinteressen einzuschränken. In gnadenloser Sippenhaft verfolgt Stalin nun das ganze russische Judentum. Das JAFK wird aufgelöst und deren Repräsentanten aufgrund des Krim-Planes von vor 8 Jahren wegen Hochverrats 1952 zum Tode verurteilt, wobei am Prozess auch Fefers Spionagearbeit zugunsten der Sowjetunion von 1943 zum Vorschein kommt. In der Folge bleibt das Grossraumgefängnis Sowjetunion für die den Gulag überlebenden Juden aufrechterhalten.

Der Tod Stalins verhindert 1953 eine schon geplante Massendeportation aller russischen Juden nach Sibirien in den Tod. Die jüdische Bevölkerung der kommunistischen Staaten bleibt Spielball der Regierungen, je nach Vorgehen der israelischen Regierung gegenüber den arabischen Völkern. Erst mit der Perestroika 1986 unter Gorbatschow wird eine grosszügige jüdische Auswanderung erlaubt.

Lustiger verschweigt einige wichtige Punkte der Geschichte, so z.B. die amerikanischen Hilfen für einen deutschen Russlandfeldzug 1941, die amerikanisch-zionistische Verbindungen ab 1946 und die Vertreibung der Palästinenser durch Israels Armeen ab 1948, ferner die 18 Jahre lange Kriegsrechtsdiktatur unter Ben Gurion (ursprünglich: David Grün).

Lustiger bleibt auch in der Vorstellung verhaftet, dass die Rote Armee Gebiete "befreit" hätte, obwohl doch nur eine Diktatur die andere ablöste und Stalin dieselbe Weltexpansion und dieselbe Judenvernichtung wie Hitler geplant hatte. Auch die Erwähnung, dass überlebende Juden in die Rote Armee gezwungen wurden, fehlt.

Das JAFK, das nach Stalins Pfeife tanzte, hatte nach 1945 ausser einem höchst problematischen zensierten "Schwarzbuch" praktisch keinen internationalen politischen Einfluss mehr. Das Verdienst des JAFK ist es sicher, mit an der Bekämpfung der Hitler-Herrschaft beteiligt gewesen zu sein. Nur sollte Lustiger, wenn er schon Gorbatschows Worte über Israel präsentiert, auch die israelischen Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Palästinensern präsentieren, die in Israel bei den linken Parteien schon längstens bekannt sind. Die Apartheid Israels gegenüber Palästinensern betreffs Passrechten, Wasserversorgung und Lohnsystem sowie die unnütze kompromisslose Gewaltherrschaft wird konsequent verschwiegen.

Michael Palomino
März 2001 / März 2005





Chronologie

Antike
Jüdische Siedlungen am Schwarzen Meer, v.a. auf der Krim

(S.24)

4. Jh.
Mesopotamien: Wanderung von Juden über den Kaukasus
Mesopotamische Juden kommen über Persien in den Kaukasus und nach Mittelasien (S.24).

6. Jh.
Europa: jüdische Handelsrechte in Europa
Juden dürfen Grund und Boden erwerben, sind als Bauern, Zollpächter, Münzmeister oder Kaufleute tätig. Bis ins Hochmittelalter gibt es keine Beschränkungen (S.23).
[Variation der Rechte?]

7. Jh.
Innerasien: Chasaren treten zum Judentum über
Die Chasaren, ein Turkvolk der Schwarzmeersteppe in Innerasien, wird vermutlich durch jüdische Kolonisten zum Judentum bekehrt, sind z.T. Nomaden, aber auch Ackerbauern und Viehhändler (S.23).

8. Jh.
Innerasien: jüdisches Chasarenreich
von der Krim bis zum Kaspischen Meer mit der Wolga als nördliche Grenze (S.23).

8.u.9. Jh.
Chasarenreich: Aufnahme innerasiatischer Stämme
die ihnen tributpflichtig werden (S.23).

um 800
Europa: Reich Karls des Grossen mit Judenschutz
gilt aber nur für kurze Zeit bis zur Kreuzzugshetze der Kirche (S.23).

1000 ca.
Europa: erste judenfeindliche Gesetze der Kirche
-- Mahlzeiten zwischen Christen und Juden werden verboten
-- Todesstrafe auf Mischehen (S.23)

1096-1099
Erster Kreuzzug: Ermordung von über 10.000 Juden allein in Mitteleuropa
im Kreuzzugsfanatismus (S.23).

11.-15. Jh.
Königreich Polen-Litauen: Aufnahme aller verfolgter Juden durch die polnischen Könige - antisemitische polnische Kirche - jüdische Kulturentwicklung in Jiddisch, Isolation zu den Polen
Das Königreich Polen-Litauen, das zu dem Zeitpunkt auch grosse Teile der Ukraine umfasst,  nimmt alle flüchtenden Juden auf, die durch Kreuzzüge und Pestvorwürfe verfolgt und diskriminiert werden. Polens Kirche fordert antisemitische Gesetze, aber Polens Könige machen die Juden zu direkten Untertanen und gewähren ihnen praktisch gleiche Rechte wie den Christen (S.24). Europäische, französische und deutsche Juden werden so zu polnischen Juden (S.25).

Die Juden isolieren sich, was bei der christlich-polnischen Bevölkerung Vorurteile schürt. Das Jiddische entwickelt sich aus dem Mittelhochdeutsch zu einer eigenen Literatursprache (S.24).

Juden werden Helfershelfer für Leibeigenschaft gegen "Untervölker"
Der polnische Adel hält die  "Untervölker", die östliche Dialekte sprechen, in Leibeigenschaft, die "Ukrainer" [und die Weissrussen]. Polnische Gutsbesitzer setzen Juden oft als Verwalter und Vollstrecker der mächtigen Posten ein: als Verwalter, Pächter des Schankwesens, Händler, Kreditgeber. In der Folge werden die polnischen Juden in oberen Stellungen von ukrainischen Bauern gehasst und angefeindet (S.25).

13. Jh.
Russland: Zerstörung der wenigen jüdischen Siedlungen durch mongolische Stämme
(S.24)

1462-1505
Russland: Iwan II. schüttelt die mongolische Herrschaft ab

Ausserdem:
-- Beginn einer neuen jüdischen Einwanderung
-- Beginn der judenfeindlichen Haltung der Grossfürsten Russlands (S.24).

1533-1584
Russland: Zar Iwan IV, religiös-"christlicher" Fanatiker
mit einer harten Ausweisungspolitik gegen Juden und Sekten (S.24).

1648/1649
Königreich Polen-Litauen: Kosakenaufstand und Pogrome gegen Juden
Kosakenführer Bogdan Chmelnicki führt einen Aufstand gegen den polnischen Adel. Es kommt zu Pogromen gegen Juden in der Ukraine mit 100.000 jüdischen Todesopfern. 300 jüdische Gemeinden werden vernichtet. Beginn des wirtschaftlichen Niedergangs und der Verarmung des polnischen Judentums (S.25).

[nicht erwähnt:
Aufstieg der angestammten "Untervölker", der ukrainischen und weissrussischen Bevölkerung. Juden bleiben den "Untervölkern" in der Folge dauernd als Handlanger der polnischen Leibeigenschaft in Erinnerung. Gleichsam verfestigt sich die Feindschaft der Ukrainer und Weissrussen gegen die Polen].

Chmelnicki bleibt in der Folge eine symbolträchtige Figur der russischen Geschichte. Sogar militärische Orden werden nach ihm benannt (S.25).



ggg1700

ab Anfang 18. Jh.
Mitteleuropa: Jüdische Aufklärungsbewegung "Haskala"
(S.31)

1725-1727
Russland: Zarin Katharina I.
führt die rigide Ausweisungspolitik von Iwan IV. gegen Juden und Sekten weiter (S.24).

1741-1762
Russland: Zarin Elisabeth, Tochter von Peter "dem Grossen"
verfolgt die rigide Ausweisungspolitik von Iwan IV. gegen Juden und Sekten weiter (S.24).

Mitte 18. Jh.
Russland: kaum noch jüdische Gemeinden
Die Juden in Russland sind zu einer vernachlässigbaren Grösse zusammengeschrumpft (S.24).

1772
Teilung Polens und russische Teilbesetzung
womit  ca. 100.000 Juden unter das russische Regime fallen. Polnische Juden werden nun russische Untertanen (S.25).

1775
Verwaltungsreform in Russland: Einführung der Stadthalterschaftsverfassung unter Katharina II.
Einteilung des Landes in 50 Gouvernements mit Provinzfürsten, die mit polizeilicher, gerichtlicher und administrativen Mitteln freie Hand über je  ca. 300.000-400.000 Untertanen haben.

Zuordnungsgesetz
Allen Volksgruppen werden Tätigkeiten und Lebensräume zugeordnet. Einstufung der Juden als Städtebewohner, Handwerker und Händler (S.25), obwohl in dem ehemaligen polnischen Gebiet nur "etwa" 1/3 der Juden in Städten lebt. In der Folge macht sich jeder Jude strafbar, der auf dem Land Gewerbe oder Landwirtschaft betreibt. Zulassung von wenigen Agrar-Musterkolonien.

Einführung der Pflicht zur "Residenz am Ort der Registration", ist für viele Juden der Ruin (S.26).

1783
Russische Ausdehnung bis zur Krim
(S.24) [bis zum Kuban und Besetzung der Krim, Verdrängung der Osmanen].

1785
Russland: Gnadenurkunde für Kaufmannsgilde - Konkurrenz steigt
Die Gnadenurkunde, die den Angehörigen der Kaufmannsgilde grössere Mobilität einräumt, hat für Moskaus Händler mehr Konkurrenz zur Folge (S.26).

1791
Russland: Katharina II.: Einschränkung der Siedlungsrechte für Juden: Ansiedlungsrayon
Durch ein Dekret bekommen die Juden Russlands einen "jüdischen Ansiedlungsrayon" zugewiesen:
-- "knapp" 1 Million km2 von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer
-- 25 Gouvernements in der BSSR, Ukraine, Polen-Litauen, Baltikum und Kaukasus
-- über die Hälfte der Juden der Welt müssen dort leben, 94% der russischen Juden, 11% der russischen Gesamtbevölkerung, in kleinen Orten, wo die Juden z.T. über 50% der Bevölkerung ausmachen

In der Folge verbreitet sich in diesen Dörfern oft bittere Armut. Die Juden sind umherziehende Händler, Lastträger oder handwerkliche Familienbetriebe oder Arbeiter in der Kleinindustrie (S.26).

1791-1917
Russland: Vorurteile im jüdischen Ansiedlungsrayon
Fast 3/4 aller Handelstreibenden im Rayon sind Juden. Es halten sich Vorurteile und Antisemitismus. Vorwurf des Wuchers, der Ausbeutung und Übervorteilung der Christen sowie Hostienschändung. U.a.
-- Vorwurf, die Juden seien am Tod Christi verantwortlich
-- Vorwurf, Juden würden das Blut christlicher Kinder für jüdische Rituale missbrauchen
-- Vorwurf, die Juden Russlands würden einen jüdischen Staat im russischen Staat planen (S.26).

Die Vorurteile haben Einfluss auf die offizielle Politik in Petersburg (S.27).

1793/1795
Völlige Zerschlagung der polnischen Adelsrepublik
womit 500.000 Juden Russland zugeschlagen werden. Russland hat nun den grössten Anteil der jüdischen Weltbevölkerung zu verwalten. Die Juden bekommen anfangs mehr Rechte als in den Staaten West- und Mitteleuropas (S.25).

[nicht erwähnt:
Westrussland unter Napoleon. Napoleon und die Juden].

Ende 18. Jh.
Russland: Beginnende Tätigkeit der jüdischen Aufklärungsbewegung "Haskala" - Spaltung des russischen Judentums
Die Haskala findet ihre Anhänger aber nur in wirtschaftlich und sozial unabhängigen Juden. Die Mehrheit steht treu zum traditionellen jüdischen Leben, womit sich eine Spaltung der Juden im russischen Rayon ergibt. Auseinandersetzung um religiöse Tradition, hebräisch-jiddischer Sprachenkampf innerhalb der Diskussion um den Aufbau eines höheren Schulwesens. Hebräisch wird nur in den "gebildeten Kreisen" des Judentums gesprochen (S.32).

Geburt des jüdischen Sozialismus und Zionismus
Aus der Verarmung heraus ist die jüdische Bevölkerung Russlands sehr an revolutionären Tätigkeiten beteiligt und stark organisiert. Juden grünen zahlreiche politische Vereine und Parteien für ihre Interessen. Im jüdischen Ansiedlungsrayon werden der jüdische Sozialismus wie auch der Zionismus geboren, letzterer in jüdisch-zionistischen Zirkeln im Umkreis des Rabbinerseminars von Wilna (S.32).

1800

19. Jh.
Russische Besetzung des ganzen Kaukasusgebiets
(S.24)
[beginnend mit der Besetzung von Tiflis 1801, Aserbeidschan 1804-1830 (Baku 1806), Ost-Armenien mit Eriwan 1828, endend mit der Besetzung West-Armeniens mit Kars und der Küstenstadt Batum 1878; In: Putzger: Historischer Atlas, Sauerländer Payot 1975, S.88].

1801-1825
Petersburg: Zar Alexander I.: Kommission zur Regelung der "Judenfrage"
mit Plan, durch formelle Integration eine kulturelle Assimilation der Juden zu vollziehen (S.27).

1804
Petersburg: Judenstatut zur Emanzipation und Angleichung der Juden
mit der Vorstellung, die Besonderheit der jüdischen Bevölkerung sei durch Emanzipation korrigierbar:

-- Recht der Juden auf Bildung in staatlichen Schulen
-- Recht auf freie Religionsausübung

-- Zulassen einiger Juden zur Landwirtschaft bei strenger Registrierungspflicht
-- Verbot des Branntweinhandels bleibt bestehen

-- aus "unproduktiven Wucherern" sollen nützliche Produzenten werden, um den krisengeschüttelten Agrarstaat zu stabilisieren

-- Militärersatzsteuer bleibt wie bisher, kein Militärdienst für Juden, aber Steuerpflicht (S.27)

[1806
Russische Besetzung von Baku
mit Vertreibung der Osmanen.
in: Putzger: Historischer Atlas, Sauerländer Payot 1975, S.88].

1825-1855
Petersburg: Zar Nikolaus I.: 600 antisemitische Gesetze
Die ganze Bevölkerung leidet unter seinem Regime (S.27).

1826
Petersburg: Zensurbefehl des Ministerrats gegen hebräische Publikationen
(S.28)

1827
Petersburg: der Militärpflicht für Juden - Kantonistendekrete - jüdischer Hass
Militärpflicht von 25 Jahren und "Kantonistendekrete": Juden werden mit 12 statt mit 18 eingezogen, z.T. sogar 8-jährige jüdische Buben. Die jüdischen Gemeinden müssen die Rekrutierungskontingente selbst stellen. Dabei spekuliert das russische Regime, dass die Kantonisten russifiziert werden könnten:

-- durch brutale Schulen
-- durch Zwangstaufe ganzer Einheiten
-- manchmal werden Kriminelle in die Armee geschickt
-- zum Teil werden Kinder sogar zur Armee entführt (S.27)
-- reiche jüdische Familien verhindern mittels Korruption die Rekrutierung ihrer Söhne (S.28).

Es kommt zu Massenselbstmorden unter den jüdischen Rekruten, die den Namen "Gottes" nicht entheiligen wollen. Gleichzeitig steigt der Hass der jüdischen Massen auf das Zarenregime. Der jüdische Volksmund dichtet Klagelieder wie z.B.

"Trern (Tränen) giessn sich in die gassn,
in kinderische blut ken men sich waschn.
Klejne ojfelech (Vögelchen) reisst men vun chejder (Bibelschule),
me tut sej on jewonische (heidnische) klejder." (S.28)

1828
Russische Besetzung von Eriwan
und weitere Vertreibung der Osmanen.
(in: Putzger: Historischer Atlas, Sauerländer Payot 1975, S.88).

1835
Russland: teilweise Aufhebung des liberalen Judenstatus von 1804
-- Juden wird das Wohnen in Riga, Kiew, Sewastopol und Nikolajew verboten

-- Juden wird das Wohnen innerhalb einer Grenzzone von 50 Werst an der Westgrenze verboten, um Grenzverletzungen "vorzubeugen"

-- Reform des jüdischen Schulwesens mit Ziel, den Unterricht vom "Geist der Talmudisten" zu "befreien" und mit dem Ziel vermehrter Konvertierungen zum Christentum (S.28).

1836
Russland: Schliessung aller jüdischer Druckereien ausser zweien
Duldung von je einer jüdischen Druckerei in Kiew und Wilna (S.28).

1844
Russland: Einführung einer Kleidersteuer für Juden
(S.28)

Russland: Auflösung der Kahale und Unterstellung aller Juden unter russische Verwaltung - Berufsausweise
Juden müssen nun an den russischen "christlichen" Staat ihre Steuern abgeben, womit die Mittel der jüdischen Gemeinden schwinden (S.28).

Einführung von Berufsausweisen und "Klassifikationsprogramm"
Handwerker, Bauern, Kaufleute werden als "nützlich" definiert
"unnütz" werden definiert:

-- ständige Stadtbewohner (Geistliche, Vermögensbesitzer)
-- Stadtbewohner "ohne ständige Ansässigkeit" (Fuhrknechte, Goldschmiede, Lehrlinge)
-- Planung des vermehrten Einzugs der "Unnützen" in die Armee (S.28).

1850
Russland: Verbot des Tragens jüdischer Trachten
(S.28)

Mitte 19. Jh.
Russland annektiert Birobidschan (S.84-85). Bira+Bidschan, zwei Flüsse, fliessen in den Amur und geben der Region so den Namen (S.84). Das Gebiet ist kaum besiedelt (S.85).

1855
Petersburg: Tod von Zar Nikolaus I.: "Klassifikationsprogramm" wird nicht durchgeführt
(S.28)

1856-1881
Petersburg: Zar Alexander II.: Reformprogramm, Aufklärung - erstarkender Nationalismus gegen Juden
Alexander II. startet ein Aufklärungsprogramm, das massgeblich durch die russische Bürokratie getragen wird. Die Aufklärung bringt für einen kleinen Teil der jüdischen Bevölkerung Verbesserungen. Z.B. wird  die jüdische Militärpflicht wird der russischen Militärpflicht angeglichen. Die Siedlungsvorschriften bleiben aber weitgehend gültig.

Ausserhalb des Siedlungsrayons zwischen Ostsee und Schwarzem Meer dürfen sich nur "Nützliche" ansiedeln:

-- Kaufleute der "ersten Gilde" (S.28), die die höchsten Steuern zahlen (S.28-29)
-- Universitäts-Absolventen
-- später auch Handwerker und jüdische Soldaten, die in der Armee unter Nikolaus I. gedient haben
-- dabei werden die Juden ausserhalb des Rayons gezwungen, Religion, Sitten und Gebräuche aufzugeben (S.29).

In der Folge können bis 1917 300.000 Juden den Ansiedlungsrayon zwischen Ostsee und Schwarzem Meer verlassen und in russischen Städten gesellschaftlich aufsteigen (S.26).
Die Masse der Juden bleibt im Ansiedlungsrayon auf engem Raum ohne Arbeit (S.29).

Gleichzeitig erstarkt der "Slawismus". Vorurteile gegen Juden verhindern eine konsequente Reform in der Judenpolitik (S.29).

1863
Polen: Polnischer Aufstand - Schuldzuschiebung an Juden
Die russische Propaganda behauptet die Beteiligung der Juden am Aufstand, wodurch die politisch rechten Gruppen im russischen Regime stärker gegen Minderheiten Politik betreiben können (S.29).

1865
Russland: Lockerung antijüdischer Gesetze
-- Aufhebung des Trachtenverbots
-- Aufhebung des Verbots der Kopfrasur für Frauen
-- Aufhebung des Verbots der Backenbärte für Männer (S.28).

1866
Russland: Attentatsversuch - Schuldzuschiebung an Juden
und weiteres Erstarken der politischen rechten Gruppen Russlands, die im Aufwind eine Unterdrückungspolitik gegen Minderheiten durchsetzen (S.29).

1877
Russland: Gründung der ersten jüdischen sozialistischen Zeitung "Wahrheit" durch Aron Liebermann
(S.32)

1878
Russische Besetzung West-Armeniens mit Kars und der Küstenstadt Batum
und weitere Vertreibung der Osmanen. Damit ist das ganze Kaukasusgebiet russisch unterworfen.
(In: Putzger: Historischer Atlas, Sauerländer Payot 1975, S.88).

1881
Russland: Ermordung von Zar Alexander II.: Populistische Hetze und Degradierung von Juden - Russisch wird Staatssprache
Regierungsnahe Kreise bezichtigen die Juden des Attentats mit tragischen Konsequenzen für die jüdische Bevölkerung:

-- Auslösen von Pogromwellen mit 1000en jüdischer Opfer
-- Rücktransport von Juden aus Moskau und St. Petersburg in den Siedlungsrayon zwischen Ostsee und Schwarzem Meer

-- Einführung einer "Judenquote" an höheren Bildungseinrichtungen

Als Reaktion erfolgt zum ersten Mal eine jüdische Gegenwehr unter jüdischen Intellektuellen, was wieder Antisemitismus fördert.

Russisch wird zur allgemeinen Staatssprache bestimmt (S.29).

1881-1894
Russland: Zar Alexander III.: Judenfeind
Alexander III. benutzt antisemitische Parolen und Pogrome als politische Waffe (S.31).

1881-1914
Jüdische Auswanderung aus Russland
aus dem jüdischen Siedlungsrayon: über 2 Millionen in Richtung "Amerika", 200.000 nach England, 60.000 nach Palästina (S.32).

ab 1881
Russland: Juden werden verfolgt - Antisemitismus zur Systemerhaltung
Juden werden verfolgt und verschmäht, gelten als Vertreter der modernen Gesellschaft, als Vorreiter einer kapitalistischen Wirtschaft [durch ihre Beziehungen zu Juden Westeuropas]. Die Juden sollen eine Bedrohung für den russischen Feudaladel sein, der sein agrarisches Gepräge behalten will (S.29). Vor allem die Gutsbesitzer wollen am System der Leibeigenschaft festhalten (S.30).

Folgen:
-- Etablierung eines aggressiven Antisemitismus in den russischen Behörden (S.29)
-- die Gutsbesitzerschicht kopiert den Antisemitismus der Behörden und benutzt ihre Macht, um durch die Presse Druck auszuüben und einzelne Ministerien zu dominieren, z.B. das Innenministerium

-- Bildung einer rechtsradikalen Gruppierung "Schwarzhunderter" als rechtsradikale Dachorganisation
-- verarmte Volksschichten werden gegen Juden gehetzt und Pogrome inszeniert
-- die Juden sollen für alle Veränderungen der Gesellschaft verantwortlich sein

-- es entwickelt sich eine "Judophobie" gegen die intellektuelle Überlegenheit und Offenheit, die gegen die verarmte jüdische Bevölkerung wie gegen assimilierte, höhergestellte Juden gerichtet ist

-- die staatliche Diskriminierung hört bei Konvertierung zum Christentum sofort auf, die Vorurteile der rechtsextremen "Schwarzhunderter" jedoch nicht (S.30).

Deutschland und Österreich: Lockerung antijüdischer Vorschriften
(S.29)

1894-1917
Russland: Zar Nikolaus II.: Judenfeind
Nikolaus II. benutzt wie sein Vorgänger antisemitische Parolen und Pogrome als politische Waffe (S.31).

1900

1903-1906
Russland: 690 Pogrome gegen Juden
in Kischinjow, Gomel, Odessa, Mogilew, Shitomir mit 1000en von Opfern. Die Regierung ist nicht direkter Drahtzieher, legt die Pogrome aber als patriotischen Akt und als Zeichen der Loyalität aus (S.31).

1905
Revolution in Russland: Zusammenarbeit von Bolschewiki und Menschewiki
(S.45)

Russland: Veröffentlichung der "Protokolle der Weisen von Zion" und neue Judenhetze und Pogrome
durch den russischen Synodalbeamten Sergej Nilus. Gemäss Lustiger sind die "Protokolle" ein arrangiertes, politisches Pamphlet von Maurice Joly von 1864, das die schlussendliche Weltherrschaft des Judentums behauptet. Die Folgen sind wieder verheerend. Die russische Regierung und die "Schwarzhunderter" übernehmen die "Protokolle" als Hetzinstrument und organisieren grausame Pogrome (S.30).

ab 1905
Russland: Menschewiki und Bolschewiki in Konkurrenz
Menschewiki sind für sozialistische und demokratische Staatsform, sind stärkste Kraft, haben die meisten jüdischen Parteimitglieder, z.B. die sozialdemokratischen Führer neben Lenin: Axelrod, Martow und Dan (S.46).

Die gleichmacherischen Bolschewiki mit ihrem Marxismus haben unter den Intellektuellen eine grosse Anhängerschaft (S.45-46), propagieren den Marxismus als "Weg der Vernunft" und haben auch jüdische Anhänger. Alle divergierenden Meinungen sollen unterdrückt werden. Die Fraktion der Menschewiki hat gemäss Stalin eine jüdische, die der Bolschewiki eine russische Mehrheit (S.46).

April 1906
Stockholm: Vereinigung von Bolschewiki und Menschewiki auf Stockholmer Parteitag
(S.45)

ab 1912
Russland: Spaltung der Bolschewiki und Menschewiki auf dem Prager Parteitag
(S.45)

1913
Russland: Bejlis-Prozess: gegen den Juden Mendel Bejlis
der am Tod eines ukrainischen Buben schuldig sein soll. Der Bub soll zu jüdischen rituellen Zwecken getötet worden sein. Bejlis wird freigesprochen. Der Prozess spaltet jedoch das Land und provoziert neue antisemitische Hetze. Der Prozess hat ähnliche Wirkung wie der Dreyfus-Prozess in Frankreich (S.31).

1915
Russland: Deportationen von Juden aus den Gubernien von Kowno und Kurland - jüdische Spenden
nach Russland mit dem Vorwurf, sie seien Freunde des sowjetischen Feindes. In der Folge wächst die Hilfsbereitschaft in der jüdischen Bevölkerung. Gründung der Organisation "Jüdisches Komitee zur Hilfe für Kriegsopfer" (JEKOPO). Zar Nikolaus II. billigt die Aktivitäten aus Rücksicht auf die Entente. Zusätzlich spenden Petrograder Juden und amerikanische Juden des Joint aus den "USA" (American Jewish Joint Distribution Committee) und leisten Hilfe an Juden in russisch besetzten Gebieten Galizien und Bukowina (S.43).

1917
[wo?]: Gründung der Pionierbewegung Hechaluz zur Förderung von Landkolonien und der hebräischen Sprache
(S.73)

Okt 1917
Oktoberputsch der Bolschewiki
Die Menschewiki bleiben erbitterte Gegner und verurteilen Terror und Todesstrafe (S.46).

1917-1921
Russland und Osteuropa: 1236 Pogrome in 530 Städten und Schtetls, 60.000 ermordete Juden, 500.000 obdachlose Juden
ausgelöst durch Soldateska-Feldzüge der nationalistischen Ukrainer, der Zarenarmee, der Kosaken, von Bauern und Anarchisten gegen Kommunisten. Schlachtruf u.a. "Tötet die Juden und rettet Russland", gegen das kommunistische "Sowjet-Judäa" (S.63).

ab 1917
Judophobie läuft unterschwellig weiter
(S.30). Die Vorurteile gegenüber Juden bleiben auch in Regierungskreisen erhalten (S.27).

1918
Moskau: Gründung eines hebräischen Theaters "Habimah" in Moskau
(S.73)

Ukraine: deutsche Besetzung, gibt der Bevölkerung und den Juden Sicherheit vor nationalistischen marodierenden Banden
(S.127)

1918 ca.
Russland: Eliminierung aller Grosskapitalisten - jüdischer Bevölkerungsanteil: 1,8%
(S.79). 1,8% der Gesamtbevölkerung sind Juden. Da die jüdische Bevölkerung aber v.a. in den Städten lebt, wo die Bevölkerung mehr politisch organisiert ist, besteht die kommunistische Partei zu 5,2% aus Juden, also knapp der dreifache Bevölkerungsanteil (S.78-79).

1918-1924
Russland: antireligiöse Aktivitäten
Aufführung antireligiöser Theaterstücke, Strassenumzüge, Prozesse gegen Christen und Juden und andere Religionen (S.74).

ab 1918
Russland: Sprachenkampf des Lenin-Regimes gegen das Jiddische
weil das Jiddische als "rückständig" eingestuft wird. Aber das Regime gründet jiddische Zeitungen, um den politischen Einfluss auf die jiddisch-sprechenden Juden nicht zu verlieren (S.75).

Russland: Gründung der jüdischen KP-Sektion Jewsekzija/Jewkom - Krieg Juden gegen Juden
Die Mitglieder der Jewkom, die Jewseki (S.75), gründen Sektionen der jüdischen Jewkom-KP in Weissrussland, der Ukraine und in Turkestan und vollziehen in einem vehementen Kampf die Entrechtung der demokratisch-jüdischen oder national-jüdischen Konkurrenten, die gegen den bolschewistischen Kurs eintreten (S.71). Stalin wird Kommissar für Nationalitäten (S.72).

19.6.1919
Russland: Liquidierung des allrussischen Hauptbüros der jüdischen Gemeinden
durch Beschluss des bolschewistischen Kommissariats für jüdische Angelegenheiten (S.72).

ab 1919
Sowjetunion: Auszug der geschlagenen Weissen Armee
Auszug der Emigranten nach Nordchina, v.a. in die Stadt Harbin (S.85).

Ende 1919-1923 ca.
Russland: Die jüdische Jewkom-KP liquidiert alle anderen jüdischen Organisationen
und damit die komplette Infrastruktur des russischen Judentums:
-- Liquidierung von Kultusgemeinden, Synagogen, Talmudschulen

[wer den Talmud einmal gelesen hat, der weiss, dass dort immer vom "Herrn der Welt" die Rede ist]

-- Liquidierung von hebräischen Büchereien, jüdischen Verlagen, Druckereien und Zeitungen
-- entsprechende Entlassungen
-- Etablierung einer regimekonformen jiddischen KP-Kultur und KP-Litaratur (S.72).


ab 1919
Russland: Viele Juden werden nach dem Bürgerkrieg Berufssoldaten
bis 1945 305 jüdische Generäle und Admiräle in der Roten Armee (S.161)

Russland: weltweite Verbreitung der "Protokolle der Weisen von Zion"
in Deutschland zu hunderttausenden verkauft (S.30), der Druck u.a. vom Haus Hohenzollern finanziert. Deutsche rechte Propaganda behauptet, die jüdische Bevölkerung sei Schuld an der deutschen Niederlage von 1918 und am Versailler Vertrag. Nationalsozialistische Gruppen benutzen die "Protokolle" ebenfalls für ihre antijüdische Hetze (S.31)

[als Kompensation für die verlorenen Weltmachtgelüste der deutschen Armeeführung].

1920er Jahre

1920
Russland: jüdische Hilfsorganisationen - Poker um Juden im kommunistischen Regime
Auflösung von JEKOPO, Übernahme der Aufgaben durch die Hilfsorganisationen Jewsekzija und JIDGESKOM (Jidischer geselschaftlecher komitet). Jüdische Bolschewiki hoffen durch die Duldung der Hilfsorganisationen auf Akzeptanz des Regimes in den jüdischen Massen, reklamieren gleichzeitig die Aktivitäten für sich, obwohl zum grossen Teil der Joint aus den "USA" die Aktivitäten bezahlt.

Der Joint liefert über 5000 Tonnen Bekleidung, Lebensmittel (S.43), Medikamente und Finanzierung des Wiederaufbaus jüdischer Siedlungen, insgesamt eine Leistung von 18 Millionen Dollar. Zum Teil sind die Hilfen auch für Nichtjuden bestimmt (S.44).

[nicht erwähnt:
April 1920
Polnisch-russischer Krieg: Polnische Invasion bis Kiew
Hungersnot in Russland durch Bürgerkrieg und Kriege].

Juli 1920
Moskau: 3.Tagung der jüdischen Jewsekzija: Beschluss der Totalliquidation des Zionismus
und der Liquidierung der hebräischen Sprache (S.72). Das Lenin-Regime will Hebräisch tolerieren, aber die Jewsekzija setzt ihren Radikalismus durch, weil sie das Machtmonopol anstrebt. Jiddisch gilt als die Sprache des Proletariats, Hebräisch als Sprache des Kleinbürgertums und der "faschistischen" Zionisten (S.73)

[und somit ist die Bekämpfung des Hebräischen vorprogrammiert].

ab Juli 1920
Sowjetunion: Verhaftung von Zionisten an zionistischen Sitzungen, Verbannung nach Sibirien
durch die Jewsekzija-KP (S.72).

Aug 1920
Polen: Niederlage der Roten Armee vor Warschau
verhindert die Ausbreitung des Kommunismus in Westeuropa und belebt die traditionelle Feindschaft zwischen Polen und Russland neu (S.106).

Anfang 1920er Jahre
Sowjetunion: Auswanderung "einiger" demokratischer und zionistischer Juden
nach Westeuropa, u.a. Berlin, nach "Amerika". Die Zionisten unter den Auswanderern  ziehen nach Palästina (S.73).

1921
Russland: Verbot der Menschewiki - Gang in den Untergrund und Exil
Der Untergrund und die Exilanten gründen die internationale Protestzeitung Sozialistitschesky westnik, das zum wichtigsten Kritikorgan der Sowjetdiktatur wird. Erscheinen in Berlin, dann in Paris, schliesslich in New York (S.46).

Kiew: Schauprozess gegen Rabbiner
im selben Raum, wo der Bejlis-Prozess 1911 stattfand (S.74).

[Ergänzung:
21.3.1921
Frieden von Riga. Polen erhält Ostgalizien, Wilna und West-Weissrussland
mit Curzon-Linie als neue Grenze. Schwerste Pogrome gegen Juden auf dem Rückzug der polnischen Armee].

1921-1939
Polen: jüdisches Eigenleben bleibt trotz antisemitischer Politik erhalten
-- zionistische Organisation "Bund"
-- eigene jüdische Schulen, Presse, Verlage, Autoren (S.104).

1921-1941
"Amerika": Hilfe von jüdisch-amerikanischen Organisationen Joint und Agrojoint
wobei es sich gemäss Lustiger um "achtstellige Dollarbeträge" handelt, die in die Sowjetunion fliessen (S.82).

[Lenin und Stalin lassen sich scheinbar alle jüdischen Angelegenheiten von aussen her finanzieren].

ab 1921
NEP: "Neue Ökonomische Politik" Lenins
mit Überlegungen, die arbeitslos gewordenen Juden "produktiv" einzusetzen (S.81) und mit kursierenden Plänen über eine jüdische Krim-Republik (S.82).

1922
Moskau: Sowjetische Verfassung: politische Rechte nur für die "werktätige Bevölkerung"
Politische Arbeit ist verboten für:
-- ehemalige Zarenpolizisten und deren Kinder
-- alle Geistliche
-- alle kleinen, noch übriggebliebenen Arbeitgeber: kleine Handwerker, Händler mit ihren Familienbetrieben, die kleinen Selbständigen.

Die Betroffenen werden zu "Menschen ohne Rechte"/lischenzy/russ. lischenije, bis zu 50% der Juden:
-- werden aus Gewerkschaften, Kooperativen, Kollektiven ausgeschlossen
-- werden von höherer Schulbildung und bestimmten beruflichen Qualifikationen ausgeschlossen
-- können keine rationierten oder für die Werktätigen verbilligten Lebensmittel, Produkte und Waren erhalten.

Als Ausweg bleibt der Gang in die Landwirtschaft oder in die Industrie, wo die Juden wieder mit Antisemitismus konfrontiert werden, weil man ihnen vorwirft, kapitalistische Geschäfte betrieben zu haben (S.79).

1924
Moskau: 13.Parteitag der KP: Beschluss der Lockerung der Bekämpfung der Religionen
Mittel sollen nur noch Agitation, Propaganda und Erziehung sein (S.74).
Versuch einer kommunistischen Synagoge "lebende Synagoge"
(S.74-75) mit "Roten Rabbinern", scheitert sofort,

-- weil religiöse Betätigung von Parteimitgliedern verpönt ist
-- weil Juden wegen Beschneidung von Knaben ausgeschlossen werden können (S.75).

Russland: Auflösung der JIDGESKOM
um angeblich die Bildung einer jüdischen Obergemeinde zu verhindern (S.44).

Aug 1924
Jüdische Krim-Dörfer: Gründung des staatlichen Komitees zur Landansiedlung werktätiger Juden "Komert"
russisch: "Komset". Führungsmitglied ist u.a. Juri Larin (S.83-84), jüdischer Parteifunktionär (S.83). Boden und staatliche Gelder werden für die jüdische Krim-Kolonisation verteilt. Die Komset wird auch im Ausland eingesetzt, westliche Gelder für die Juden auf der Krim zu sammeln. Zuteilung von 342.000 ha Land (S.82).

[Es ist offensichtlich, dass Lenin die Umsiedlung von Juden möglichst vom Ausland bezahlen lassen will, weil der Kommunismus eigentlich jetzt schon bankrott ist].

Mitte 1920er Jahre
Sowjetunion: Liquidierung der Pionierbewegung Hechaluz und Terror gegen das jüdische Theater in Moskau
durch die jüdische Jewsekzija-KP. Die Hechaluz geht in den Untergrund. Die Hechaluz-Landkolonien werden vernichtet (S.73).

1925 ca.
Nord-China/Harbin: Konzentration von ehemaligen Angehörigen der Weissen Armee
wird für das Stalin-Regime eine ernstzunehmende Gefahr. Plan:

-- durch Aussiedlung von Juden die Grenzregion sichern
-- die Juden bekommen ein "eigenes" Territorium
-- wenn Birobidschan durch Russifizierung der Juden scheitern sollte, kann auch das Krim-Projekt abgelehnt werden
-- dabei ist Birobidschan mit strengem Kontinentalklima ohne jede Infrastruktur und unattraktiv (S.85).

Feb 1925 ca.
Jüdische Krim-Dörfer: Gründung der "Geselschaft fur einordnen jid oif erd in FSSR": Geserd, russ. Oset
eine halboffizielle Landansiedlungsorganisation für Juden auf der Krim (S.82), unter Leitung von Juri Larin (russ. Michail Lurje), Schwiegervater Bucharins und hoher jüdischer Parteifunktionär (S.83). Die Geserd soll ausländische Gelder zur Landansiedlung sammeln. Eröffnung von Büros in der ganzen Welt.

Jüdische Krim-Dörfer: Einwanderung in die Sowjetunion [!]
organisiert von der Geserd. Europäische Juden kommen auf die Krim, mit Unterstützung des amerikanischen Juden James Rosenberg und seiner Organisation Joint (S.82).

ab 1925 ca.
Jüdische Krim-Dörfer: Aufbau  mehrerer jüdischer Dörfer - Widerstand anderer Volksgruppen
Aufbau durch den amerikanischen Agrojoint, mit Jiddisch als Amts- und Gerichtssprache (S.82). Tatarische, russische und ukrainische Bevölkerungsteile beginnen sich zu wehren, weil die Juden angeblich das fruchtbarste Land erhalten hätten. Zudem wird die Krim für alle russischen Juden als zu klein angesehen, womit eine jüdische Republik allein auf der Krim keine Zukunft hat (S.83).

1926
Moskau: Auswanderung der jüdischen Theaters
Die Schauspieler des jüdischen Theaters in Moskau kehren von einer Europa-Tournee nicht mehr zurück und siedeln nach Palästina um, um dem jüdisch-kommunistischen Jewsekzija-Terror auszuweichen (S.73).

Geserd: Juri Larin fordert eine jüdische "Territorialeinheit" auf der Krim
(S.83-84), jedoch nicht offiziell, um den Jewsekzija-Juden der KP keine Angriffsfläche zu bieten (S.84).

Moskau: Kalinin-Programm: Juden in "sesshafte Bauern" verwandeln
weil nur mit einer Bauernschicht ein Volk ein Volk sein könne, wie die Stalinsche Nationalitätentheorie besagt (S.84).

1927
Birobidschan: Expedition der Geserd - relativ günstige Prognose nach Erschliessung
Erste Erkundungen der Birobidschan-Region (S.84). Die günstige Prognose setzt voraus, dass im Gebiet Erschliessungsmassnahmen verwirklicht werden (S.85).

ab 1927
Krim+Ukraine: Jüdische Rayons
Jüdische Kolonien und jüdische Kommunen bilden eigene jüdische Rayons (S.83).

ab Anfang 1928
Birobidschan: keine Durchführung der Erschliessungsmassnahmen
(S.85)

März 1928
Birobidschan: Definition als Territorium für jüdische Siedler
Die Stalin-Führung weist Birobidschan als Territorium für jüdische Siedler aus. Ab sofort erhalten jüdische Krimprojekte keine Fördermittel mehr (S.83).

ab März 1928
Birobidschan: erste Siedler, katastrophale Verhältnisse
(S.85), z.T. Einwanderung von jüdischen Siedlern, die in der Ukraine schon einmal gescheitert sind. Gleichzeitig wollen die Geserd-Mitarbeiter hohe Übersiedlerzahlen vorweisen und informieren die jüdischen Auswanderer nicht umfassend (S.86).

1929
Sowjetunion: Juri Larin schreibt gegen Birobidschan in einem eigenen Buch "Jewrei i antisemitism w SSSR", herausgegeben in Moskau. Ein Republik-Aufbau in der dortigen Region sei unrealistisch, eine Utopie, weil der Aufwand für eine jüdische Landwirtschaft nirgendwo grösser sei als dort:

-- mit ewig gefrorenen Böden
-- mit Sumpfgebieten
-- mit Insektenplage
-- mit Überschwemmungen
-- mit langen Frösten bei -40o
-- mit kultureller Abgeschiedenheit
-- ohne Meeranschluss
-- mit kurzer Vegetationsperiode
-- mit ungünstiger Niederschlagsverteilung (S.85).

Juli 1929
Zürich: 16.Zionistenkongress mit Veröffentlichung über Verbannungsorte in Russland
Die Hitachdut veröffentlicht einen Bericht über die Sowjetunion mit über 50 Verbannungsorten und mehreren 100 jüdischen Namen von Verbannten (S.80).

Birobidschan: Ankunft von 555 Juden
Geplant hatte der Geserd 15.000. Trotz billiger Kredite kommen nicht mehr Juden an (S.86).

November 1929
New York: Börsencrash und Beginn der ersten Weltwirtschaftskrise
mit Verarmung der polnischen Juden. Die Wirtschaftskrise hat in Ostpolen/West-BSSR massive Auswirkungen. Kaufleute, Handwerker und Händler gleiten in Not ab, weil die Märkte kein Geld mehr haben. Die jüdischen Selbständigen verarmen vollends. Die einzige Lösung ist das Ausweichen auf Waldwirtschaft (in: Chiari: Alltag hinter der Front 1998, S.33).

1930-1938

1930
Sowjetunion: Bevölkerungsverteilung: Juden in den Städten
82,4% der russischen Juden in den Städten, 17,5% in ländlichen Siedlungen
17,5% der Russen in den Städten, 82,4% in ländlichen Siedlungen
11,1% der Juden leben von der Landwirtschaft, und der Anteil sinkt bis Ende 1930er Jahre auf 5%, weil die Industrialisierung Arbeitskräfte von der Landwirtschaft weglockt (S.81).
Juden haben einen hohen Anteil an Verwaltungsposten, was als "ungesunde Sozialstruktur" bezeichnet wird. (S.80).

Birobidschan: 8% der Bevölkerung sind Juden
die Mehrheit Russen, ausserdem ein erheblicher Teil Koreaner (S.86).

Anfang 1930er Jahre
Jüdische Krim-Dörfer: Kollektivierung der jüdischen Landwirtschaft
Umwandlung der 86 Gemeinschaftsfarmen in Kolchosen. Grossenteils wird die jüdische Lebensart dadurch grossenteils vernichtet (S.83).

30.9.1930
Moskau: Bevölkerungsprogramm für Juden: "5-Jahresplan der Rekonstruktion der jüdischen Bevölkerung der UdSSR"
Ziel: mehr Juden aufs Land. Anzahl Juden in der Sowjetunion: 2.853.00 (S.80).
Plan: Bis 1933 sollen 50,7% der Juden wirtschaftlich arbeiten. Zielvorgaben:
Arbeiter: 480.000 (1927: 153.000)
Angestellte: 450.000 (1927: 241.000)
Selbständige/Heimindustrie: 200.000 (1927: 244.000)
Landwirtschaft: 170.000 (1927: 100.400)
privater Handel: 0 (1927: 96.000)
Pensionäre: 130.000
Nichtwerktätige: 15.000 (1927: 433.000, die lischenzy/Menschen ohne Rechte)
Arbeitslose: 0 (1927: 96.000)
(S.81)

1931-1933
Moskaus Kalkül: Birobidschan soll ein Gegengewicht zum Zionismus bieten
Förderung von Birobidschan als jüdisches Gebiet: Jüdische Kommunisten und Sympathisanten sammeln Geld für Birobidschan in der ganzen jüdischen Welt. Der Glaube an eine proletarische jüdische Heimat verfestigt sich derart, dass sogar Juden aus dem Westen und aus Palästina nach Birobidschan auswandern. Jiddisch ist Amtssprache und der jüdische Kommunist Otto Heller liegt mit seiner Werbung für Birobidschan im Streit mit dem Wiener Zionisten Eli Strauss (S.87).

Punkte, die skeptisch stimmen müssten:
-- die Landkreise von Birobidschan tragen Namen bekannter sowjetischer Politiker nichtjüdischer Abstammung
-- fundamentale jüdische Traditionen werden bekämpft, bis zur Etablierung einer Schweinezucht
-- zahlreiche Reportagen berichten vom Gelingen, die Juden zu "nützlich arbeitenden Menschen" zu erziehen (S.87).

ab 1931
Sowjetunion: Aufstieg jüdischer Bevölkerungsgruppen
Die ehemals diskriminierte Bevölkerung holt rasch alles nach und erobert sich bedeutende Ränge in Wirtschaft, Verwaltung, Armee, Wissenschaft und Kultur (S.81).

Die Umschulungen und Neuschulungen werden durch Spenden des "Agrojoint" und anderen amerikanischen Wohltätigkeitsorganisationen bezahlt, die bis Ende 1930er Jahre Vertretungen in der Sowjetunion haben (S.81).

1932
Geserd: Tod von Geserd-Chef Juri Larin - Stopp der Krim-Ansiedlung von Juden
(S.83)

1933
Birobidschan: Zuzug von 3000 Juden
Geplant waren vom Geserd 25.0000 (S.86).

[nicht erwähnt:
ab Anfang 1933-1939
Osteuropa: Jüdische Auswanderungswelle: allein aus Polen jährlich 100.000 Juden
wobei es sich v.a. um die "junge Generation" handelt, die Polen verlässt. Ebensolche Auswanderung erfolgt aus Lettland, Litauen, Rumänien, und in geringerem Umfang auch aus Ungarn und aus dem Dritten Reich.

in: Graml: Die Auswanderung der Juden aus Deutschland zwischen 1933 und 1939; In: Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte; im Selbstverlag des Instituts für Zeitgeschichte. München 1958, S.79-84, hier: S.80; Kopie bestellbar unter Tel.: 0049-(0)89-12688-0)].

ab 31.1.1933
Deutschland: Rassenlehre: Juden gelten als Zersetzer
im Rücken der zur Herrschaft berufenen germanischen Rasse (S.30).

Moskau: Sowjetische Nazismustheorie gemäss italienischem Faschismus
Die sowjetische Nazismustheorie baut auf dem italienischen Faschismus auf und die Judenvernichtung kommt darin nicht vor. Die Einschätzung des Mussolini-Regimes wird schematisch auf Hitler-Deutschland übertragen. Antisemitismus wird als ein Täuschungsmanöver Hitlers eingeschätzt, um sich vor deutschen Arbeitern als Antikapitalist zu zeigen. Gleichzeitig sei Hitler aber von der jüdischen Bourgeoisie mitfinanziert (S.127).

7.5.1934
Birobidschan wird von Moskau zum autonomen jüdischen Gebiet erklärt
bei einem Anteil von unter 15% Juden [eine statistische Unmöglichkeit]. Staatspräsident Kalinin macht für sein Birobidschan-Projekt weiter Werbung an einem Empfang der jiddischen Presse im Mai 1934: Es sei die normale Entwicklung der jüdischen Nationalität geplant, eine geschützte jüdisch-nationale Kultur (S.86).

Jeder kann daraus folgern, dass ausserhalb Birobidschans eigentlich die Vernichtung der jüdischen Kultur gewünscht wird (S.87).

1936
Sowjetunion-Spanien: Geserd-Funktionäre freiwillig in den internationalen Brigaden in Spanien
(S.82)

1937/1938
Sowjetunion: Säuberungen: Ermordung fast aller jüdisch-westlichen Einwanderer
die 1931-1937 nach Birobidschan eingewandert sind (S.87).

1937-1940
Sowjetunion: Säuberungen, 40.000 sowjetische Offiziere erschossen
darunter 169 jüdische Generäle (S.161)

1937-1941
Sowjetunion: Auslieferung von  ca. 1000 westeuropäischen Kommunisten an das 3.Reich
direkt aus dem Gulag, darunter viele Juden. Zum Teil  überleben diese das Hitler-Regime in mehreren Straflagern (S.298).

1939

Sowjetunion: Berufsverteilung der russischen Juden: 50% Facharbeiter, 40% Angelernte, 10% Ungelernte
Die grösste Berufsgruppe werden Akademiker und Angestellte durch Aufstieg in die Intelligenz. Mit Eifer und Effizienz schafft die russisch-jüdische Bevölkerung den Aufstieg (S.81).

Krim: 85.000 Juden, einschliesslich 7000 Krimtschaken und 5000 Karäer
die Karäer eine jüdische Sekte (S.174).

Sowjetunion: 305 jüdische Generäle überleben die Säuberungen
(S.163)

[nicht erwähnt:
Deutsche Besetzung von Tschechien
Polnisches Taktieren zwischen Stalin und Hitler: mit Stalin gegen Deutschland mit Marsch auf Berlin, oder mit Hitler gegen Russland. Der Deutschenhass macht ein Zusammengehen mit dem Reich unmöglich. Schliesslich wird über Polen "entschieden"...

(in: Falin, Valentin: Zweite Front 1995; in: Nicolaus von Below: Als Hitlers Adjutant).

[Die polnische Regierung wähnt sich wahrscheinlich im einstigen grossen Königreich Polen-Litauen].

Aug 1939
Sowjetunion: 3 Millionen sowjetische Juden
(S.101), gemäss Lustiger die "sechstgrösste Nationalität" nach Russen, Ukrainern, Weissrussen, Usbeken und Tataren (S.161).

23.8.1939
Hitler-Stalin-Pakt
im hakenkreuzgeschmückten Moskau, durch Ribbentrop und Molotow abgeschlossen (S.108), ist de facto ein Angriffspakt gegen Polen (S.101). Ribbentrop berichtet später, er habe sich "wie unter alten Parteigenossen" gefühlt (S.108).

Stalin zu Ribbentrop: die Juden werden "benötigt"
bis russischer Nachwuchs ihre Posten übernehmen könne, um dann mit dem "Judentum als Führungsschicht Schluss zu machen." (S.126)

ab 23.8.1939
Sowjetunion wird deutschlandfreundlich
-- die russische Presse schützt Hitler-Deutschland
-- die russische Presse stellt Frankreich und England als "Kriegstreiber" dar
-- Studien über frühere deutsche Angriffskriege werden aus dem Verkehr gezogen
-- Aufführung deutscher Opern und deutscher Filme, Aufwertung der deutschen Kunst und Kultur

-- die Propagandaliteratur muss vom Feindbild des "faschistischen Rassismus" auf das Feindbild des "reaktionären Rassismus" umstellen und schwenkt gegen die "USA" und deren Rassismus gegen Schwarze

-- die Massenexekutionen von Hitlers Einsatzgruppen in West- und Mittelpolen werden totgeschwiegen (S.108)

-- auch die Umsiedlung von Volksdeutschen aus den von der Sowjetunion annektierten Gebieten wird totgeschwiegen (S.108-109).

1.9.-17.9.1939
Ostpolen: Pogrome ukrainischer Nationalisten gegen Juden und Polen
West- und Zentralpolen: deutsche Besetzung mit massiven Bombenangriffen und vielen Todesopfern
(S.102).

1.9.1939-1941
West- u. Mittelpolen: deutsche Straflager für insgesamt 60.000 polnisch-jüdische Soldaten
die in deutsche Kriegsgefangenschaft fallen. Davon überleben gemäss Lustiger nur "einige 100" die Massenmorde in den Strafgefangenenlagern ("Stalags") der Wehrmacht (S.106).

1.9.1939-1945
Wehrmacht produziert über eine Milliarde Flugblätter
(S.128) mit mobilen Druckereien der Wehrmacht (S.129).

17.9.1939
Sowjetischer Einmarsch in Ostpolen und Ostgalizien mit Kalkül
zum Teil freudige Begrüssung der Roten Armee durch die Zivilbevölkerung, mit sowjetischer Propaganda der nationalen und sozialen Befreiung der weissrussischen und ukrainischen Teile gegenüber den polnischen Herren, den "Pany". Die Bevölkerung fühlt sich in den ersten Tagen von der Roten Armee geschützt wegen der ukrainischen Pogrome 1.9.-17.9.1939. Ausserdem geht die Angst um vor deutschen Bombenangriffen, die mit der Roten Armee gebannt ist (S.102).

Das besetzte Gebiet Ostpolen:
200.000 km2  polnisches, litauisches und ostgalizisches Gebiet mit 13 Millionen Menschen, mehrheitlich Weissrussen und Ukrainer, 1/3 Polen, etwa 1/10 Juden.
230.000 polnische Soldaten geraten in sowjetische Gefangenschaft, davon

-- 25.000 Juden
-- alle erfahrenen polnischen Offiziere, die in den Lagern Kozielsk, Starobielsk und Ostaschkow eingesperrt werden (S.102).

Kalkül der Führung der Roten Armee:
-- Ukrainer und Polen sind Nationalisten und somit Gegner
-- Juden sind loyal und werden zu "Revolutionskomitees" zugelassen
-- jüdische Selbstwehren werden gefördert
-- Juden können Posten von polnischen Beamten übernehmen

Folge: Juden werden in den polnischen Augen die Profiteure des sowjetischen Regimes (S.102).

[17.9.1939-1941
Sowjetunion: Ansteigen der Juden in der Sowjetunion von 3 auf 5 Millionen
-- durch Besetzung von Territorien [Ostpolen, Baltenstaaten, Ostgalizien, Bessarabien]
-- durch Juden, die aus ganz Ostmitteleuropa vor dem Hitler-Regime nach Osten fliehen (S.107),
-- aus West- und Mittelpolen allein schätzungsweise 300.000

(in: Chiari: Alltag hinter der Front 1998, S.234)].

[nicht erwähnt:
Weissrussland ist "wiedervereint"
Stalin vollzieht eine "Wiedervereinigung des weissrussischen Volkes in einem einheitlichen sowjetischen Staat", so die Propaganda Moskaus (in: Chiari, S.27). Die Fläche wie die Bevölkerung Weissrusslands verdoppeln sich

(in: Chiari: Alltag hinter der Front 1998, S.28)

von 5,6 auf 10,4 Mio.
(in: Chiari, Alltag hinter der Front 1998, S.29)

da Ostpolen zum grossen Teil West-Weissrussland ist].

Okt 1939
Ostpolen/West-BSSR+Ostgalizien: Sowjetische Funktionäre verdrängen lokale Funktionäre - Wahlen unter sowjetischem Druck
(S.102)

Sowj. bes. Gebiete: Einführung einer Judenquote
auf mündlicher Basis (S.152).

[ab Anfang Okt 1939 ca.
Baltenstaaten: Sowjetunion errichtet "Stützpunkte"
(S.108)
Gemäss Tec wird nur Litauen gezwungen, russische Stützpunkte zu akzeptieren. Gleichzeitig wird Litauen um die Region von Wilna vergrössert und bleibt neutral, so dass Juden aus dem deutsch besetzten Polen via Litauen nach Übersee auswandern können:

-- britisches Visum nach Palästina
-- oder ein Visum nach Curaçao oder Costa Rica
-- oder ein Visum nach Japan durch Konsul Sugihara, der 6000 3-Wochen-Visas für Japan ausstellt und bei Bekanntwerden seiner Aktion von seinem Posten suspendiert wird

in:Tec, Nechama: Bewaffneter Widerstand 1996, S.38-39].

Ostpolen/West-BSSR+Ostgalizien: Sowjetisierung zerstört jüdisch-kulturelle Eigenständigkeit
im "Eilverfahren", so Lustiger (S.104-105):
-- Repression und "Integration" in sowjetische Strukturen
-- Rechtlosigkeit der "Klassenfeinde" mit Massenexekutionen und Erschiessungen, gemäss Lustiger wahrscheinlich sogar noch schlimmer als unter Hitler in West- und Mittelpolen:

"Man muss sogar annehmen, dass 1939 bis 1941 in Ostpolen mehr Menschen Opfer von Repressalien wurden als zur gleichen Zeit unter der deutschen Besatzung in West- und Zentralpolen." (S.105).

Ende Oktober 1939
Ostpolen/West-BSSR+Ostgalizien: neue Nationalversammlungen in Lemberg und Bialystok - Eliminierung des oberen Mittelstandes - Flucht nach Hitler-Polen
Die neuen Nationalversammlungen in Lemberg und Bialystok beantragen den "Anschluss" an die Sowjetunion (S.102).

Zudem beginnen die sowjetischen Funktionäre, die jüdischen Kleinhändler und Handwerker als "Kapitalisten" zu bekämpfen (S.102-103), indem ihnen überzogene Steuern auferlegt werden. So werden "Klassenfeinde" ruiniert. Zudem Verstaatlichung von Banken, Kaufhäusern, Handwerksbetrieben. Der jüdische obere Mittelstand ist eliminiert, staatliche sowjetische Handelsorganisationen ersetzen Handwerker und Kleinhändler. Es folgt Niedergang der Wirtschaft. Juden flüchten zum Teil in die deutsch-polnische Zone (S.103).

Der Flüchtlingsstrom aus Hitler-Polen reisst nicht ab. Alle diese Juden aus Hitlers Einflussbereich gelten als "Spione". Sie sind z.T. antisemitischen Beschimpfungen ausgesetzt, werden zum Teil zurückgeschickt (S.103).

[Trugschluss: Juden als Nation zu bezeichnen ist unmöglich, da sonst Christen und Muslime auch als Nation angesehen werden müssten].

Dez 1939?
Bevölkerungsaustausch Ukrainer gegen Volksdeutsche
Stalin akzeptiert von Hitler nur "reine" Ukrainer, also keine Ukrainer, die Juden sind (S.103).

1939/1940
Osteuropa: Flucht vieler Juden in die Sowjetunion
wodurch der Anteil der ausschliesslich Jiddisch-sprechenden Juden sich in der Sowjetunion erhöht. Der "Birobidshaner Stern" ist die einzige jiddische Zeitung in der Sowjetunion bis 1942 (S.142).



1940

Birobidschan: 111 jüdische Schulen mit 17.000 Schülern bleiben übrig
(S.87)

Sowjetunion/Polen: Ermordung von 14.552 polnischen Offizieren und 7305 anderen polnischen Kriegsgefangenen
durch sowjetische Kommandos durch Kopfschüsse. Unter den Offizieren sind 700-800 jüdisch-polnische Offiziere (S.106).

Feb 1940
Stalin liefert westeuropäische Kommunisten aus dem Gulag direkt ans 3.Reich aus
100e von deutschen und österreichische Kommunisten (S.298).

West-BSSR+Ostgalizien: Erste Deportationswelle gegen Zivilangestellte
-- Beamte der Kommunalverwaltungen, Richter
-- Mitglieder des Polizeiapparats
-- Waldarbeiter, Siedler und Kleinbauern, fast ausschliesslich Polen, Ukrainer und Weissrussen, z.T. Deportation ganzer Dörfer (S.105).

Feb 1940-Juni 1941
West-BSSR+Ostgalizien: insgesamt "etwa" 500.000 Opfer

-- 50% Polen, 30% Juden, 20% Weissrussen und Ukrainer

-- unterteilt in Gruppen: Zionisten, Bundisten, Bürgerliche als "Klassenfeinde" bzw. "nationaljüdische Konterrevolutionäre", "kosmopolitische Elemente"

-- Deportation von  ca. 130.000 Juden, wovon fast 100.000 in Sibirien überleben und von Hitlers Einsatzgruppen nicht ermordet werden.

Lustiger:
"[...] verhaftet und nach Sibirien deportiert. Dies hat vielen von ihnen, wenn auch von den Geheimdienstschergen vollkommen unbeabsichtigt, das Leben gerettet. Wer vom NKWD nach Sibirien verschleppt worden war, konnte von den Einsatzgruppen ab Juni 1941 nicht ermordet werden. Schätzungen zufolge kamen etwa 30.000 Juden durch die sowjetischen Deportationen ums Leben, gerettet wurden durch die Verschleppungen hingegen fast 100.000." (S.105)

April 1940
West-BSSR+Ostgalizien: Zweite Deportationswelle gegen Angehörige
-- Angehörige von bereits Verhafteten
-- Angehörige von ins Ausland Geflohenen
-- Angehörige von als vermisst geltenden Personen
-- Kaufleute, zumeist Juden
-- Landarbeiter von verstaatlichten Gutshöfen und Kleinbauern aus allen Volksgruppen (S.105)

Mai-Juli 1940
Frankreichfeldzug: Wehrmacht produziert 12 Millionen Flugblätter
(S.128)

Juni 1940
West-BSSR+Ostgalizien: Dritte Deportationswelle gegen Flüchtlinge aus West- und Mittelpolen
die vor dem Hitler-Regime geflüchtet waren, die meisten davon Juden
-- kleine Kaufleute, Ärzte, Ingenieure, Anwälte
-- Journalisten, Künstler, Uniprofessoren, Lehrer
-- Angehörige der polnischen Intelligenz (S.105).

Juni 1940 ca.
Baltenstaaten: Ultimaten der Sowjetunion
mit Forderung für freie Zugänge der Roten Armee zur Ostsee. Die Baltenstaaten lehnen ab (S.108).

17.6.1940
Moskau: Molotow gratuliert dem Reich zum Sieg gegen Frankreich
gegenüber Vertretern des deutschen Reiches. Gleichzeitig "informiert" er sie über die russische Besetzung des Baltikums (S.108).

[nicht erwähnt:
27.6.1940
Russische Besetzung von Bessarabien und Nordbukowina gegen Rumänien
(in: Putzger: Historischer Atlas; Sauerländer Payot 1975, S.128).

Die Folge ist die entschlossene Anlehnung der rumänischen Politik an Hitler gegen Russland. Auch die rumänische Volksmasse schwenkt auf die deutsche Seite, weil die Westmächte die Grenze gegen Russland nicht garantieren können.

(in: A.G. Ploetz,. Geschichte des zweiten Weltkrieges Band II., Würzburg 1960,  S.785)].

Sommer 1940
Baltenstaaten: Einmarsch der Roten Armee
als Pendant zum deutschen Frankreichfeldzug (S.108).

ab Sommer 1940
Baltenstaaten: erzwungene Wahlen
(S.108)

Aug 1940
Moskau: Molotow schätzt den Pakt mit Hitler als "dauerhaft" ein
(S.108)

Okt-Nov 1940
Moskau-Berlin: Ausweisung von 42.000 Westpolen an Hitler-Polen
Die Rote Armee überstellt 42.000 aus Westpolen stammende Polen an die deutsche Zone, darunter 1000e Juden, die unter dem sowjetischen Regime arbeiten wollen. Die Überstellten kommen deutsche Straflager (Stalags) (S.106).

Ende 1940
Baltenstaaten: Beginn  von 10.000en Deportationen wie in Ostpolen
darunter viele Juden. Deportationen von "Zehntausenden", so Lustiger. Deportation von Angehörigen der Eliten in den Gulag, um jeden potentiellen Widerstand gegen die Sowjetherrschaft zu zerschlagen, v.a. der bürgerlichen Schichten mit vielen Juden (S.108).

Ende 1940 ca.
Stalin entlässt Litwinow
In der Folge hält Hitler Stalin für einen Antisemiten, weil dieser Litwinow (S.126), den russischen Botschafter in Washington (S.148), entlassen hat. Auch die Deportationen deutet Hitler dahingehend, dass Stalin ein antijüdisches panslawistisches Regime installieren würde (S.126).

1941

Juni 1941
Hitler-Regime: Juden sollen für den Bolschewismus verantwortlich sein
und sollen nun dafür "bestraft" werden. Ausrufung des "antibolschewistischen Kreuzzugs" (S.126).

Sowjetunion: keine Information über den deutschen Vernichtungsplan gegen Juden
Die russischen Juden werden über die deutschen Deportationsprojekte und die Massaker nicht informiert, obwohl die staatlichen Sowjetstellen von den Deportationsplänen der Hitler-Führung wissen (S.109).

Baltenstaaten: Höhepunkt der Deportationen in den Gulag
11.000 aus Estland, 16.000 aus Lettland, 21.000 aus Litauen, gegen Bürgerliche, darunter viele Juden (S.108). Diese Juden können von deutschen Einsatzgruppen nicht ermordet worden sein.

Lustiger:
"Die Deportationen begannen Ende 1940, ihren Höhepunkt fanden sie im Juni 1941, als 11.000 Menschen aus Estland, 16.000 aus Lettland und 21.000 aus Litauen verschleppt wurden. Auch Juden aus diesen Ländern entkamen so der Ermordung durch die Deutschen oder deren Verbündete." (S.108)

Baltikum, BSSR, Ukraine: keine gezielte Evakuierung der Juden aus der West-Sowjetunion

Lustiger:
"Da die Juden aus den Westgebieten der Sowjetunion nicht gezielt evakuiert wurden." (S.127)

[die Juden, die nicht deportiert wurden und bleiben durften?]

Juni 1941
West-BSSR+Ostgalizien: Vierte Deportationswelle
gegen alle restlichen "Klassenfeinde" und Kinder aus Sommerlagern und Waisenhäusern ins "Hinterland der Sowjetunion", so Lustiger (S.108), ebenso aus Ostpolen (S.151), Baltikum, Bessarabien und Bukowina (S.152),

[Die Bezeichnung "Hinterland" ist eine skandalöse Verharmlosung für den Gulag. Gulag: siehe Schwarzbuch des Kommunismus 1997;

Beispiel der Deportation einer polnischen Offiziersfamilie nach Sibirien mit 40° Kälte im Winter: Zygmunt Frankel: Sibirian Diary; im Internet: http://www.inch.com/~ari/zf5.html].

Ukraine: Viele Juden erwarten von deutscher Invasion mehr Sicherheit
weil schon 1918 die deutschen Truppen Juden vor nationalistischen Banden geschützt hatten (S.127).

[nicht erwähnt:
Abzug von Juden mit der Roten Armee ins Innere Russlands
allein für Weissrussland 120.000-150.000 geschätzt.
(in: Gerlach, Christian: "Kalkulierte Morde" 1999 S.92 Anm. 338)].

Juni 1941-1945
Sowjetunion: über 500.000 Juden in der Roten Armee, davon 160.772 Orden und Auszeichnungen
(S.13), gemäss JAFK-Angabe vom 4.4.1946 123.822 Orden (S.162), gemäss späterer Statistik [welche?] 160.772 Orden und 146 jüdische "Helden der Sowjetunion" (S.163).

ab Juni 1941 ca.
Berlin: deutsche Propagandaunterstützung des "Generalreferats Ostraum" des Propagandaministeriums
produziert Radiosendungen, Plakate, Flugblätter, Filme, Wochenschauen und Schallplatten sowie Zeitungen auf Russisch zur Zerschlagung des "Jidden-Kommunismus" (S.127).

4.6.1941
Berlin: Goebbels-Richtlinie mit Anweisung zur Fokussierung von Stalin
Anweisung, dass sich die deutsche Propaganda gegen Stalin und seine Hintermänner richten soll. Auch Micho'els wird zur Hassfigur (S.128).

22.6.1941
Nazistischer Angriff auf Russland
-- mit deutschen, italienischen, finnischen, ungarischen, slowakischen und rumänischen Truppen
-- 5,5 Millionen Soldaten, 47.000 Kanonen, 3700 Panzer, 5000 Flugzeugen
-- Stalin ist im Urlaub, bricht seinen Urlaub nicht ab, verweigert die Kommunikation (S.109)
-- ein Drittel der sowjetischen Juden fällt in deutsche Hände, so Lustiger (S.161).

-- Ukraine: freudige Begrüssung der nazistischen Truppen durch die ukrainische Bevölkerung (S.128)
-- Deutsche Propaganda: "Befreiung" der Völker von Juden und Kommunismus (S.128)
-- russische Berichterstattung: kaum Berichte über die leidende Zivilbevölkerung und keine Erwähnung der Judenexekutionen (S.129).

22.6.-Aug 1941
Litauen, Galizien: Pogrome gegen Juden sind leicht auslösbar
In den von der Sowjetunion 1939/1940 annektierten Ländern wie Litauen und Galizien, v.a. im Baltikum und in der Ukraine kann die Hitler-Führung leicht Pogrome gegen Juden initiieren [auch in West-BSSR, Bessarabien], im "Kernland" von Russland dagegen nicht (S.128).

Die Bevölkerung rächt sich an den Juden, dass diese ab Oktober 1939 die Profiteure und Handlanger der Sowjetisierung wurden. Dass Juden auch Opfer und von Stalin deportiert worden sind, wird dabei verdrängt. Viele Russen solidarisieren sich aber auch mit den verfolgten Juden, weil sie glauben, sie könnten als nächste verfolgt werden (S.128).

22.6.-22.8.1941
Baltenstaaten/BSSR/Ukraine: "etwa" 50.000 exekutierte sowjetische Juden
in Massenexekutionen deutsche Einsatzkommandos (S.109).

[nicht erwähnt:
Ohne Kollaboration wären die Massenexekutionen nicht möglich
weil Einheimische den deutschen Stellen die jüdischen Häuser verraten.

(in: Chiari, Bernhard: Alltag hinter der Front 1997, S.184,264)]

22.6.1941-1945
Sowjetunion: 500.000 jüdische Soldaten kämpfen in der Roten Armee
darunter 30.000 jüdische Partisanen, gemäss Lustiger (S.161).

30.6.1941
Sowjetunion: Bildung des staatlichen Verteidigungskomitees
und KPdSU-Aufruf zum "Grossen Vaterländischen Krieg" (S.109)

Juli 1941
Krim: Ermordung fast aller Juden
auf der Krim durch die Einsatzgruppe D gemäss Lustiger. Die Karäer werden vom Hitler-Regime als Nichtjuden deklariert und nicht verfolgt (S.174).

Juli-Nov 1941
Deutsch besetzte sowj. Gebiete: 3000 Mann Einsatzgruppen von SS und Polizei ermorden 500.000 Juden
-- "vornehmlich" im Baltikum und in Bessarabien
-- mit Unterstützung von 170 mobilen Polizeibataillonen aus mehrheitlich einheimischen Freiwilligen.

Lustiger:
"Balten, Ukrainern, Russen, Kosaken, Belorussen, Tataren und andere Nationalitäten" (S.126).

Juli 1941-1943
Deutsch besetzte sowj. Gebiete: Verrat und Verstecken von Juden durch die Bevölkerung
-- Verrat von Juden durch einheimische Hausmeister
-- Rettung von Juden u.a. durch orthodoxe Priester

-- Kollaboration mit der deutschen Besatzungsmacht (S.194) von Ukrainern und Russen, auf der Krim  ca. 1/10 der tatarischen Bevölkerung (S.175)

-- Bereicherung an den jüdischen Opfern (S.194).

Juden können sich durch Vorzeigen von russischen Pässen oder die Behauptung, ein beschnittener russischer Tatare zu sein, der Verfolgung entgehen (S.194).

ab Juli 1941
Deutsch besetzte sowj. Gebiete: Hilfeleistung der Wehrmacht zu Massenexekutionen gegen Juden
-- der Feldzug selbst ist Voraussetzung
-- einzelne Einheiten sind aktiv beteiligt
-- viele andere Einheiten geben logistische und organisatorische Hilfe, z.B. die Einrichtung des Ghettos in Minsk

-- die Wehrmacht produziert Flugblätter mit antijüdischer Hetze
-- Organisation politischer Schulungen (S.127).

2.7.1941
Berlin: Heydrich befiehlt die Liquidierung aller Juden in Staats- und Parteistellungen der Sowjetunion
(S.126)

Ende Juli 1941
Berlin: Auftrag an Heydrich, die "Gesamtlösung der Judenfrage" auszuführen - Ausdehnung des Vernichtungsbefehls auf alle Juden
(S.126)

Ukraine: Gründung ukrainischer Hilfspolizei - Gründung ukrainischer Kriminalpolizei- und Schutzmannschaften
Gründung ukrainischer Hilfspolizei auf Befehl Himmlers, geführt von der Ordnungspolizei. Gleichzeitig werden den SD-Dienststellen bewaffnete ukrainische Kriminalpolizei- und Schutzmannschaften in schwarzen Uniformen unterstellt, sind gemäss Lustiger "Killerkommandos", an allen Aktionen, Massenexekutionen und Pogromen gegen Juden beteiligt, bewachen Ghettos und Vernichtungslager. Die sowjetische Propaganda schweigt über die Massenexekutionen (S.128).

30.7.1941
Sowjetunion-Polens Exilregierung: Freundschaftsabkommen - Wiederaufbau der polnischen Armee - vermisste Offiziere
Abschluss eines Freundschaftsabkommens zwischen polnischer Exilregierung Sikorski und Stalin, auf Anregung von Churchill. Die Sowjetunion anerkennt die Sikorski-Regierung und verpflichtet sich, alle polnischen Kriegs- und Zivilgefangenen aus den Lagern und Gulags zu entlassen. 1000e von Offizieren werden beim Wiederaufbau der polnischen Armee jedoch vermisst (S.106).

[Peinlichkeit Nr. 1: Stalin muss mit den polnischen Gefangenen die letzten Reserven aufbieten und einem kapitalistischen Rat von Churchill folgen, damit Moskau verteidigt bleibt.

Peinlichkeit Nr. 2: Stalin anerkennt die polnische Existenz, was nach einem Sieg einen Rückzug und die Existenz eines bürgerlichen Polen bedeuten würde. Das muss durch eine polnisch-kommunistische Gegenregierung verhindert werden].

Aug 1941
Sowjetunion: erste russische Broschüre "Hitlermassaker in Polen"
(S.109)

Aug 1941?
Odessa: Ertränken jüdischer Frauen und Kinder
vor Odessa ins offene Meer geworfene Juden
Czernowitz-Verbrechen an Juden (S.194).

24.8.1941
Moskau: jüdische Versammlung zum Aufbau eines jüdisch-sowjetischen Komitees
in der "Öffentlichen Versammlung der Vertreter des jüdischen Volkes" im Zentralpark für Kultur und Erholung in Moskau, unter Henryk Erlich und Wiktor Alter. Skandalöse Verherrlichung der Sowjetunion und Festlegung des Feindbildes (S.218):

-- Perez Markisch: "heiliger Krieg"
-- Sergej Eisenstein: Sowjetunion als "Träger des humanistischen Ideals"
-- Ilja Ehrenburg: "Die Nazis riefen mir noch etwas anderes in Erinnerung: meine Mutter hiess Hanna." (S.120)
-- David Bergelson: "der blutrünstige Hitler" - "heiliger Krieg" - "die faschistische Bestie" (S.121)

Sep 1941
Kiew: deutsche Plakate zur "Umsiedlung" von Juden
Es kommen weit mehr, als das Hitler-Regime erhofft hatte. Die Juden finden sich ein und glauben bis zuletzt, dass sie "umgesiedelt" würden (S.127).

Deutsch besetzte sowj. Gebiete: Flugblatt der deutschen Wehrmacht gegen russische Juden in einer Auflage von 160 Millionen Exemplaren
mit eindeutigem Text:

"Schlag den Jidden, den Politruk
seine Fresse verlangt nach einem Ziegelstein!
Die Kommissare und Politruki zwingen euch zu sinnlosem Widerstand.
Verjagt die Kommissare und lauft zu den Deutschen über."

mit einer Karikatur, in der kommunistische Kommissare als "jüdischer Typ" gezeichnet wird (S.129).

29.-30.9.1941
Kiew/Babi Jar: 33.771 Juden exekutiert
(S.127)

Okt-Dez 1941
Ukraine: Ermordung weiterer "10.000er Juden"
(S.127)

ab Okt 1941
JAFK wird zum Zentrum der jiddischen Kultur und Literatur
(S.142)

Nov 1941
Jüdische Telegraphenagentur: meldet 52.000 Ermordete von Babi Jar
(S.129)

Dez 1941
"USA": erste Massendemonstration des American Committee of Jewish Writers, Artists and Scientists (ACJWAS), 20.000 Juden
-- das ACJWAS verteilt Propagandamaterial des JAFK in den "USA"
-- das ACJWAS gründet die Zeitung Ejnikeit und die Zeitung New Currents, letztere besteht bis heute (S.148).

Mitte Dez 1941
Sowjetunion: Erste organisatorische Schritte für ein JAFK
auf Anweisung von Schtscherbakow mit direktem Kreml-Kontakt. Micho'els wird zum Vorsitzenden bestellt (S.122). Wahrer Chef ist aber Solomon Losowski:

-- Mitglied des ZK und obersten Sowjet (S.122-123)
-- stellvertretender Aussenminister der Sowjetunion
-- stellvertretender Chef des Sowinformbüros

Generalsekretär des JAFK wird Schachne Epstein, jiddischer Journalist und Agent des Geheimdienstes NKWD. Damit ist das JAFK gemäss Lustiger "fest im Griff des Kreml, der Partei- und Staatsführung, der Lubjanka und des Geheimdienstes" (S.123).

[Das JAFK ist nichts weiter als ein sowjetisches Kontrollorgan über die sowjetischen Juden, das für Stalin im Ausland propagandamässigen Nutzen bringen soll].

bis Ende 1941
Wehrmacht produziert 500 Millionen Flugblätter
(S.128)


1942

Lemberg und Ghetto Minsk: Rettung von Juden durch Partisanenkontakte
(S.194)

ab Anfang  1942
Sowjetunion: Geflüchtete und deportierte Juden aus Osteuropa im Inneren Russlands
aus Ostpolen (S.151), Baltikum, Bessarabien und Bukowina (S.152), sind in russischer Lesart "Westjuden" (S.151). Das jüdische Gemeinschaftsgefühl in der Notsituation steigert sich (S.152), was die russische Bevölkerung mit Antisemitismus beantwortet, z.B. im Gesundheitswesen, wo alle Juden aus der Redaktion der medizinalen Zeitschriften entfernt werden (S.153).

Moskau: Verschweigen der militärischen Auszeichnungen für Juden in der Roten Armee
Im Parteiorgan "Bolschewik" sind Juden hinter allen anderen asiatischen Völkern an letzter Stelle und ohne Zahlenangabe aufgeführt (S.163).

6.1.1942
Note von Molotow mit 52.000 für Babi Jar und 90.000 jüdische Opfer insgesamt
Gemäss Lustiger sind zu diesem Zeitpunkt bereits eine halbe Million Juden ermordet worden (S.129).

Feb 1942
Formulierung des JAFK-Programms
(S.123)

März 1942
Moskau meldet amtlich 1000 Ermordete von Babi Jar
(S.129)

16.4.1942
Krim wird für  "judenrein" erklärt
(S.174) [wohl von deutscher Seite, aber keine Angabe, von wem genau].

23.4.1942
JAFK: Losowski gibt offiziell die Gründung bekannt
auf der Pressekonferenz des Sowinformbüros in Kuibyschew. Zweckerklärung u.a.:

"den Juden der ganzen Welt das zutiefst verbrecherische Wesen des Faschismus und die ganze Entsetzlichkeit seiner Bestialitäten besonders gegenüber der jüdischen Bevölkerung in den zeitweilig besetzten sowjetischen Gebieten und den okkupierten Ländern vor Augen zu führen." (S.123)

JAFK: Anträge auf eine zweite jiddische Zeitung bei der KP-Führung
(S.142)

JAFK: Gründung  mit eigener Presseagentur ISPA, in der Kropotkinstr. 10 in Moskau
(160)

"USA": Gründung des "Jewish Council for Russian War Relief" (JCRWR) - Sammlung von  10 Millionen $ für die Sowjetunion
bis 1945, unterstützt von prosowjetischen jiddischen Tageszeitungen wie "Der tog", "Morgnjournal" und "Morgn Freiheit" (S.148).

[Es beginnt nun die ideologisch unmögliche kapitalistisch-kommunistische Verbindung].

27.4.1942
Note von Molotow über deutsche Verbrechen ohne Angabe über Juden
(S.129)

7.6.1942
Moskau: Erstes Erscheinen von Ejnikeit, die jiddische Zeitung des JAFK
unter Chefredakteur Schachne Epstein, der für absolute KP-Linientreue sorgt. Redaktionsmitglieder:
Micho'els, Bergelson, Fefer, Kwitko, Kuschnirow, Dobruschin, Halkin, Strongin.
Ausgabe vorerst 3 mal monatlich 10.000 Exemplare, erste Ausgabe mit 4 Seiten (S.143).

-- Leitartikel: "Einigkeit im Kampf"
-- Artikel: "1000 Panzer, 500 Bomber", worin Micho'els zu Spenden für die Rote Armee zur Beschaffung selbiger aufruft
-- öffentlicher Brief an den "Teuren Genossen Stalin" (S.143).

Juli 1942
Deutsche Richtlinien über verbündete Völker: Krim-Tataren werden zu Verbündeten erklärt
(S.174). Gemäss Lustiger ist die Tateren-Anerkennung nur eine Zwischenstufe für deutsche Pläne, die  Krim als "Gotenland" mit Deutschen aus Rumänien und Südtirol zu besiedeln und daraus ein deutsches "Gibraltar" zu bilden, einen "deutschen Kurort" zur Beherrschung des Schwarzen Meeres. Hitler träumt von einer Autobahn bis an die Krim, um diese in 2 Tagen im Auto zu erreichen (S.174).

17.8.1942
Sowjetunion: Memorandum von Feder Georgi Alexandrow für antijüdische Massnahmen
Der Parteiideologe und Leiter der Agitpropabteilung des ZK schickt an die ZK-Sekretäre Malenkow, Schtscherbakow und Andrejew seine Empfehlungen zur "Auswahl und Bevölkerung von Kadern in der Kunst" und klagt über "nichtrussische Menschen" mit Namenlisten.

Beispiel:
-- Namenlisten der Leitung des Bolschoi-Theaters, von 12 Leuten sind 10 Juden
-- Namenlisten ebenso über die Konservatorien von Moskau und Leningrad
-- "nichtrussische" Musikkritiker würden nur Juden loben und russische Künstler nicht erwähnen
-- Namenlisten auch über Prawda und Iswestija
-- Empfehlung: Russen fördern, Kader erneuern (S.152)

Mitte Okt 1942
"USA": Gründung des Exekutivkomitees "American Committee of Jewish Writers, Artists and Scientists (ACJWAS)
mit 200 prominenten Persönlichkeiten
mit Albert Einstein als Ehrenpräsident
mit Ben Zion Goldberg als Vorsitzenden, Propagandist für die Sowjetunion:

-- Goldberg organisiert die Unterstützung des WJC unter Leitung von Rabbi Stephen Wise und Dr.Nahum Goldmann

-- Goldberg propagiert die Hilfe für die Sowjetunion in einem Masse, dass ihm mit Entzug der amerikanischen Staatsbürgerschaft gedroht wird und das FBI ihn auffordert, sich als offizieller Agent einer fremden Macht registrieren zu lassen (S.148).

18.12.1942
Erklärung von 12 Regierungen und Exilregierungen in der Prawda gegen die Massenexekutionen an Juden
Die Erklärung ist von der russischen Stalin-Regierung mit unterschrieben, mit der Prophezeiung, dass die Verantwortlichen für die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung bestraft würden (S.129-130).

19.12.1942
Memorandum von Solomon Losowski über Massenexekutionen an Juden
in der internationalen Presse:
-- erste ausführliche Schilderung von Ausrottungsaktionen an Juden
-- Nennung von Orten und Zahlen der Ermordeten
-- Schilderung des Plans der Vernichtung durch das Vertreiben nach Osten (S.130).

1942-1945
JAFK: sammelt insgesamt 45 Millionen $ für die Rote Armee in westlichen Ländern
durch private Spenden.
Aktivitäten: über 700 Presseartikel. Die eigene Presseagentur publiziert  ca. 23.000 Artikel, mehrere Buchmanuskripte, über 3000 Fotos für die ausländische Presse durch 8 Presseagenturen, 264 Periodika, in 12 Ländern (S.160).



1943

Kapitulation der deutschen 6. Armee in Stalingrad
Ukraine: Aufnahme der ukrainischen Kriminalpolizei- und Schutzmannschaften in die Waffen-SS
in die 14.Waffen-SS-Division Galizien (S.128).

ab Anfang 1943 ca.
Ejnikeit wird Wochenzeitung
wobei nur 2000 Exemplare in der Sowjetunion, der Rest im Ausland verkauft wird. Totale Kontrolle durch Chefredakteur Schachne Epstein (S.143).

Anfang 1943 ca.
"USA": Einstein regt bei Litwinow JAFK-Propaganda in den "USA" an
Litwinow, ehemaliger sowjetischer Botschafter, leitet den Vorschlag weiter (S.148).

April 1943
Katyn: Entdeckung der polnischen Massengräber durch die deutsche Wehrmacht
und russische Beschuldigung, die deutsche Seite habe die polnischen Offiziere umgebracht (S.106).

25.4.1943
Bruch zwischen Stalin und Sikorski wegen Katyn
Die sowjetische Stalin-Führung bricht den Kontakt zur polnischen Sikorski-Regierung ab wegen dem Katyn-Vorwurf. Leugnung bis 13.4.1990 (S.106).

April/Mai 1943
"USA": antisowjetische Stimmung unter polnisch-stämmigen Amerikanern
Unter den polnisch-stämmigen Amerikanern breitet sich nach Katyn und dem Abbruch der Beziehungen zwischen Moskau und Sikorski eine antisowjetische Stimmung aus wegen Katyn und Starobielsk, wo über 14.000 polnische Offiziere ermordet wurden.

Gleichzeitig braucht die Sowjetunion zum Überleben dringend amerikanische Hilfe (S.148), weil die Zweite Front auf sich warten lässt (S.148-149).

[nicht erwähnt:
Bei diesen polnisch-stämmigen Amerikanern handelt es sich zum Teil um  aus Polen 1933-1939 ausgewanderte Juden

in: Graml: Die Auswanderung der Juden aus Deutschland zwischen 1933 und 1939; In: Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte; im Selbstverlag des Instituts für Zeitgeschichte. München 1958, S.79-84, hier: S.80; Tel.: 0049-(0)89-12688-0].

Mai/Juni 1943
Sowjetunion: Plan einer 6er-Delegation des JAFK - nur 2er-Delegation wird bewilligt
Micho'els als Präsident und Fefer werden zugelassen. Abschlussempfang in Moskau bei Kalinin (S.149).

Juli 1943
"USA", JAFK: Ankunft der JAFK-Delegierten in den "USA" - sofortige Spitzelverpflichtung Fefers
NKWD-Resident General Sarubin verpflichtet Fefer zum geheimen Spitzel. Fefer muss unter dem Tarnnamen Sorin an Sarubin dauernd Berichte liefern, auch über Micho'els. Kopien erhalten u.a. Molotow und Berija (S.150).

[Damit wird das JAFK eine russische Spionageorganisation und führt den Kampf gegen den Kapitalismus noch im Krieg gegen den Faschismus].

Anfang Juli-Dez 1943
"USA", Mexiko, Kanada, England: Micho'els und Fefer machen im Namen des JAFK Werbung für die Sowjetunion
mit einem grossen Demonstrationsprogramm sieben Monate lang. Treffen mit Einstein, dem Präsident des Zionistischen Weltkongresses Chaim Weizmann, mit Bürgermeistern aller grösseren Städte. Fefer tritt bei jeder Demonstration in Oberstuniform der Roten Armee auf. Militäruniformen, die durchlöchert sind, werden als Kleidungsstücke von gefallenen jüdischen Soldaten ausgegeben und als Reliquie verteilt (S.149).

Insgesamt kommt in 46 Städten 500.000 Besucher, jeweils mit erfolgreicher Gründung von Fundraising-Organisations für die Sowjetunion (S.149-150).

"USA": Tournee von Micho'els und Fefer - Moskau hört mit
Die beiden Repräsentanten des JAFK finden auch in bedeutenden Kreisen der nichtjüdischen Öffentlichkeit ein breites Echo. NKWD und Kremlführung sind gemäss Lustiger "über jeden Schritt der Delegation genauestens informiert" (S.150). Fefer missbraucht das Vertrauen vieler Persönlichkeiten der "USA" und Englands, z.B. Chaim Weizmanns, Albert Einstein, Stephen Wise, Schalom Asch, Stofflieferant Sir Montagne, dessen Modehauskette Marks&Spencer 200 Ballen Stoff an die Sowjetunion spendet, Kleiderlieferant Mr.Thelms, auf dessen Initiative 2 Millionen Kleidungsstücke versandt werden (S.151).

"USA", Mexiko, Kanada, England, JAFK: Jüdische Massen im Enthusiasmus für die Sowjetunion
Die jüdischen Massen sind jeweils von Enthusiasmus für die Sowjetunion erfüllt. Micho'els und Fefer betonen in Reden immer wieder brüderliche Beziehungen der sowjetischen Juden zu den Juden im Ausland nach der Vernichtung des Nazitums (151).

"USA", JAFK: James Rosenberg und Louis Levine schlagen die "Wiederbelebung" des Krim-Projektes vor
Levine als Präsident der Hilfsorganisation "Jewish Russian War Relief". Rosenberg beklagt den Verlust all der Hilfsleistungen für russische Juden in den 1920er und 1930er Jahren, denn alle Resultate sind vernichtet (S.176).

Sowjetunion, JAFK: Das jüdische Selbstbewusstsein in Russland wächst weiter
und wird von den sowjetischen Stellen gemäss Lustiger mit "Argusaugen" beobachtet. Vorwurf: Wiedergeburt jüdischer Interessen durch das JAFK. In der Folge fordern hochgestellte Mitarbeiter des KP-Parteiapparats fortan unverblümt in Memoranden antijüdische Massnahmen, z.B. in Gutachten des führenden Parteiideologen Feder Georgi Alexandrow. Leiter der Agitpropabteilung des ZK, marxistischer Philosoph. Die Massnahmen werden vorbereitet (S.152).

Juli-Dez 1943?
Gründung  weiterer JAFKs in Mexiko, England und Palästina
(S.207)

16.7.1943
Bericht der Prawda über JAFK-Demonstrationen in den "USA"
Bericht der Prawda über die Gründung einer "Society for Jewish Aid" zur Geldsammlung für 1000 Ambulanzen für die Rote Armee (S.149).

18.7.1943
New York: grösste Demonstration des JAFK im Sportstadion Polo Grounds mit 50.000 Zuschauern
mit sowjetischen Ehrengästen, mit Goldman Wise, Zion Goldberg, Paul Robertson singt jiddische und russische Volkslieder (S.149).

Okt 1943 ca.
London: Empfang der JAFK-Delegation Micho'els und Fefer bei Oberrabbiner Dr.Joseph Hertz
(S.151)

Anfang Dez 1943
Moskau: Rückkehr von Micho'els und Fefer in die Sowjetunion
ruhmbeladen und reich beschenkt, mit Pelzmantel für Stalin von jüdischen Kürschnern (S.151).

27.12.1943
New York: Ausstellung über die Tournee von Micho'els und Fefer
über die Stationen in den "USA", Mexiko, Kanada und England, organisiert vom sowjetischen Generalkonsul Kisselow. Nur der jiddische "Vorwerts" kritisiert die Tournee (S.151). [was und wie kritisiert er?]

Ende Dez 1943
Eigenmächtiges jüdisches Krim-Projekt des JAFK
Micho'els und Fefer verkünden in Russland, die amerikanisch-jüdische Hilfsorganisation Joint werde bei der Ansiedlung von Juden auf der Krim finanzielle Hilfe leisten. Molotow lässt die Frage offen (S.177), und Micho'els und Fefer verkünden, Molotow habe zugestimmt (S.177-178).

Daraufhin wird Kwitko vom JAFK beauftragt, die Krim zu bereisen und Möglichkeiten für die Gründung eines jüdisch autonomen Gebietes oder gar für eine jüdische Republik zu sondieren. Das Thema beherrscht die jüdischen literarischen und kulturellen Kreise Moskaus bis 1946 mit Zeitungsartikeln in der "Ejnikeit" und in Zeitungen in den "USA" (S.178).

ab Ende 1943
Illusion des JAFK für ein neues Krim-Projekt
wird genährt durch
-- existentielle Not der jüdischen Bevölkerung
-- demobilisierte Kriegsveteranen in den neu russisch besetzten Gebieten
-- Vernichtung der jüdischen Kolonien
-- aufopferungsvoller Kampf der jüdischen Partisanen und Soldaten in der Roten Armee
-- Aussicht auf massive materielle und finanzielle Hilfe aus dem Ausland (S.176).

1944

24.2.1944
JAFK: Krim-Memorandum: Behauptung der völligen Vernichtung der Juden Osteuropas - Beschwören der "Freundschaft zwischen den Völkern"
(S.178) unterzeichnet von Micho'els, Epstein und Fefer (S.177) mit Klage um den Mord an 1,5 Millionen Juden in den ehemals deutsch besetzten Gebieten (S.180). Kwitkos Bericht seiner Reise auf die Krim fliesst in das Krim-Memorandum ein. Markisch hält das Memorandum für eine Provokation und verweigert seine Unterschrift. Ilja Ehrenburg warnt vor dem Krim-Plan und dem Stalin-Antisemitismus (S.178).
Behauptungen des Memorandums:

-- die "gesamte jüdische Bevölkerung" folgender Länder sei vernichtet: Baltikum, Ukraine, BSSR, Bessarabien, Bukowina, Polen

-- dort seien alle kulturellen Einrichtungen vernichtet

-- Feststellung, dass für eine jüdische Bevölkerung von über 3 Millionen Menschen keine kulturellen Einrichtungen mehr bestehen

-- Beschwören "einer der bedeutendsten Errungenschaften des Sowjetregimes [...] - die Freundschaft zwischen den Völkern" (S.181)

Insgeheim sind die Posten für eine jüdische Krim-Republik bereits verteilt:
-- Micho'els als Republikpräsident
-- Epstein als Regierungschef
-- Schimeliowitsch als Gesundheitsminister

-- Kwitko als Erziehungsminister
-- Trainin als Justizminister
-- Jusefowitsch als Chef der Gewerkschaften
-- Markisch als Vorsitzender des Schriftstellerverbandes (S.179).

Stalin sieht hinter dem Krim-Projekt die Hand amerikanischer Zionisten. Die JAFK-Repräsentanten sind Stalins Meinung gemäss Spitzel des amerikanischen Zionismus, die auf der Krim nur deswegen einen jüdischen Staat gründen wollten, um die Krim der Sowjetunion zu amputieren und einen Vorposten des amerikanischen Imperialismus auf sowjetischem Boden zu errichten. Damit wäre die Sowjetunion elementar bedroht und eine amerikanische Invasion gegen die Sowjetunion vorstellbar (S.179).

[Der Skandal mit der Krim-Illusion nach dem Krieg ist vorgezeichnet. Ein Grossteil der von Stalin Deportierten hat überlebt (S.105), ein Grossteil der vor Hitler in die Sowjetunion Geflüchteten ist von Lustiger gar nicht quantifiziert, und die Juden, die in Verstecken bei Christen oder in Partisanengruppen überleben, sind von Lustiger nicht erwähnt, wie auch die jüdischen Partisanen und Rote-Armee-Angehörige nicht erwähnt sind, die gegen deutsche Soldaten sterben].

Gleichzeitig propagiert das JAFK die jüdische autonome Region Birobidschan, womit der Krim-Plan illusorisch wird (S.178-179). Eine gewisse Naivität der JAFK-Vertreter ist nicht abzustreiten.

Lustiger:
"War es der Mut der Verzweiflung wegen der Not der Juden nach dem Kriege, Wunschdenken oder nur eine sympathische Naivität, die die Führung des JAFK an die Chancen des Projekts glauben liess..." (S.179)

März 1944
Stalin befiehlt die Deportation von 180.000 Krimtateren, 30.000 Bulgaren, Griechen und Armeniern
wegen Kollaboration mit dem Reich (S.175).

März 1944 ca.
Moskau/JAFK: Diskussion um jüdische Krim- oder Wolgarepublik
im Gebiet der ehemaligen Wolgadeutschen. Entwurf mehrerer Eingaben an die Behörden, die alle verworfen werden, da sie zu jüdisch national erscheinen (S.177).

2.4.1944
Drittes Meeting des JAFK in Moskau: taktische Anerkennung der Stalin-Regierung
in Moskau mit 3000 Leuten im Gewerkschaftshaus (S.156-157) kurz nach der Frühjahrsoffensive der Roten Armee. Die Front ist bis vor die Krim vorgedrungen. Inoffizieller Plan einer JAFK-Regierung für die Juden in Russland. Offiziell wird die Stalin-Regierung anerkannt.

Lustiger:
"Zum Trotz gab es Hoffnungen auf den Wiederaufbau des jüdischen Lebens in der Sowjetunion und zwar unter der Führung des JAFK. Doch offiziell war einzig Stalins Herrschaft anerkannt."

Micho'els Rede schwärmt vom Heldentum des jüdischen Volkes und beklagt 4 Millionen jüdische Ermordete:
"4 Millionen unserer Brüder ermordet" (S.157).

7.5.1944
Krim: durch Rote Armee "befreit"
durch den Fall von Sewastopol, so Lustiger (S.175).

10.-30.Mai 1944
Krim: Deportationen von 200.000 tatarischen Einwohnern nach Kasachstan
darunter 40.000 Kinder. Begründung: 20.000 Tataren seien desertiert, die nun in der Tatarischen Legion in der Wehrmacht kämpfen. Im Gegensatz dazu werden Ukrainer und russische Kollaborateure "nicht pauschal verfolgt", so Lustiger (S.175).

Molotow erhält Krim-Memorandum
(S.156)

Mitte 1944
Moskau: Kaganowitsch kritisiert den Krim-Plan
denn die Juden wollten zu ihren alten Wohnorten zurück. Das Krim-Projekt sei eine Erfindung von Schauspielern und Dichtern (S.178).

ab Mitte 1944
Skandalformulierung "befreite Gebiete"
(S.176, 177, 194, 206)

Osteuropa: neuer Antisemitismus und Sündenbock-Populismus
Juden werden erneut zu Sündenböcken für Nahrungsknappheit und Wohnraumknappheit. Pogrome in Kiew mit Todesfolge (S.156).

Moskau: Stalin-Führung hat wenig Interesse an den überlebenden Juden
[ohne Zahlenangabe] (S.194-195)

Osteuropa, Baltenstaaten, Ukraine: neuer Antisemitismus gegen Juden - Hilfe des JAFK für überlebende Juden - erste Spaltungstendenzen
Die überlebenden Juden müssen die Rache der ehemaligen Kollaborateure fürchten, die u.a. die jüdischen Wohnungen bezogen haben (S.206). Das JAFK verhilft den jüdischen Überlebenden z.T. zu neuen Unterkünften und Arbeit, sucht Angehörige usw. (S.206-207). Die Helfer werden von stalintreuen JAFK-Mitgliedern behindert und stark kritisiert (S.207).

Aug 1944
Denkschrift des ukrainischen Staatssicherheitsministeriums an Chruschtschow über Gründe für den neuen  Antisemitismus
-- die deutsche Propaganda habe Nachwirkungen
-- ukrainische Nationalisten seien Schuld
-- geringer Anteil der Juden in der Roten Armee sei Schuld
-- der jüdische Nationalismus fache den Antisemitismus zusätzlich an.

Das Vorurteil, Juden würden sich in der Roten Armee kaum beteiligen, wird dadurch öffentlich zementiert. Als jüdischer "Nationalismus" gilt u.a.:

-- Einschreiten gegen Antisemitismus
-- Ermutigung zur Emigration
-- Aussagen über besseren Lebensstandard in den "USA"
-- Zionismus

-- Verbreitung von Gerüchten, die Juden würden sowjetisches Territorium erhalten
-- Juden, die von der russischen Regierung Massnahmen gegen Antisemitismus fordern
-- Juden, die den Antisemitismus von führenden russischen Politikern wie Chruschtschow öffentlich bekannt machen (S.156).

Ergänzung:
Warschauer Aufstand
mit vielen jüdischen Toten, durch das Kalkül der Roten Armee so beabsichtigt.

27.12.1944
New York: Internationale Schwarzbuch-Konferenz
mit Vertretern aus Marokko, Tunesien, Uruguay, Kuba, Argentinien, Australien, England und Frankreich, ebenso viele Schriftsteller (S.189) und Vertreter von amerikanisch-jüdischen Organisationen wie ACJWAS und WJC. Die Vertreter berichten stolz von ihren Millionen-Spenden für die Sowjetunion (S.190).

Wahl von  Ehrenmitgliedern des Schwarzbuchkomitees: u.a. Einstein, Thomas Mann, Eleanor Roosevelt, Stephen Wise. WJC-Vertreter Maurice Perlzweig und Dr.Goldmann weisen gleichzeitig sowjetisch-jüdische Angriffe auf den WJC zurück (S.190).


1945-1949

1945
New York: Schwarzbuch: mit Vorwort von Einstein
-- mit der Forderung zum Schutz nationaler Minderheiten
-- mit der Forderung , dass das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten eines anderen Staates aufgegeben werden solle, wenn die Menschenrechte verletzt werden

-- mit der Forderung für nationale Rechte für Juden
-- mit der Forderung für einen jüdischen Staat Palästina (S.191).

New York: Projekt Schwarzbuch in Absprache mit JAFK
Das Manuskript wird zur Kontrolle nach Moskau geschickt, und das Werk bis 1946 liegen gelassen. New York erhält keine Antwort (S.191).

Anfang 1945
Moskau/JAFK: Tod von Schachne Epstein, Nachfolger Solomon Spiegelglas
als Chefzensor des JAFK (S.207).

27.3.1945
New York: Massenversammlung aller Schwarzbuch-Herausgeber - Behauptung von 6 Mio. jüdischen Opfern
im Madison Square Garden, wo alle 4 Partner des Schwarzbuch-Projekts zusammenkommen: JAFK, WJC, ACJWAS und der Waad Leumi aus Palästina mit

Slogans wie:
"Gerechtigkeit für 6 Millionen ermordeter Juden" (S.190)
"Die jüdische Anklage" etc. (S.191).

ab Mai 1945
Osteuropa: neue Pogrome gegen Juden mit Todesopfern
(S.156)

Sowjetunion: JAFK erwartet Zustimmung der Stalin-Führung zum Krim-Projekt
(S.178).

JAFK: innerer Konflikt um die politische Linie
zwischen stalintreuen Führungsmitgliedern wie Losowski und Micho'els und anderen, die jüdische Rechte geltend machen wollen und nicht einsehen wollen, dass Stalin das JAFK und die Juden Russlands lediglich als Propagandisten benutzt hat.

Lustiger:
"Schon unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs gab es unter den Mitgliedern schwerwiegende Differenzen über die weiteren Aufgaben, Ziele und den Umfang der Tätigkeit des Komitees innerhalb des sowjetischen Judentums. Der Konflikt brach auf zwischen den Verfechtern der absolut stalintreuen Linie wie Losowski und Micho'els  und anderen, die auch nach dem Kriege Interessen der Juden vertreten wollten. Den Letzteren wollte es nicht einleuchten, dass sie von Stalin lediglich als Propagandisten benützt wurden - und dies auch nur während des Krieges." (S.206)

Sowjetunion: lässt Auswanderung von osteuropäischen Juden zu - DP-Lager
Die überlebenden osteuropäischen Juden lässt Stalin aus Russland westwärts ziehen. Deren Ziel heisst Auswanderung. Sie kommen als "Displaced Persons" in DP-Lager in den westlichen deutschen Besatzungszonen Deutschlands, in Österreich, Frankreich und Italien. Zum Teil kommt es zur illegalen Einwanderung nach Israel. Der Druck auf die UNO zu einer Anerkennung eines Staates Israel steigt in Stalins Absicht, die britische Position im ölreichen Nahen Osten zu schwächen und England von der nahen Südgrenze der Sowjetunion zu vertreiben (S.198).

[Lustiger gibt keine einzige Zahlenangabe, wieviele osteuropäische Juden überlebt haben, wieviele in DP-Lagern waren, wievielen ausserhalb der DP-Lager die Flucht gelungen ist etc.].

ab 1945
Ejnikeit erscheint 3 mal pro Woche
(S.143)

Sowjetunion: Alle Juden, die mit den aussersowjetischen Hilfsorganisationen der 1930er Jahre Kontakt gehabt haben, werden als "Spione" verleumdet
(S.81).

1946
Moskau/JAFK: Tod von Solomon Spiegelglas, Nachfolger Grigori Chejfez
hochrangiger Agent des NKWD in den "USA", wird virtueller Chef des JAFK. Alle Schriftstücke müssen von ihm mitunterschrieben werden (S.207).

Schwarzbuch von Ehrenburg: Zensur von Passagen über Massenexekutionen in der Ukraine
durch die sowjetischen Zensurbehörden (S.128).

Moskau: über 6000 Blätter des JAFK-Archivs bleiben unberücksichtigt
(S.195)

Moskau: Zensur des Schwarzbuchs - Vernichtung des russischen Schwarzbuchs
Zuerst wird das Buch zensiert:
-- Verrat, Bereicherung und Rettung von Juden durch Einheimische werden wegzensiert
-- Verbrechen von Odessa und Czernowitz werden wegzensiert
-- Rettung von Juden durch Partisanen werden wegzensiert
-- schliesslich wird das Buch eingestampft und gar nicht herausgegeben (S.194).

23.1.1946
Moskau: JAFK-Kritik am amerikanischen Schwarzbuch-Entwurf: u.a. gegen das Einstein-Vorwort
Einstein schickt ein überarbeitetes Vorwort (S.191).

März 1946
WJC beschliesst eine Schwarzbuch-Ausgabe ohne Einstein-Vorwort
mit dem bisher vorhandenen Material (S.191).
[keine genauere Angabe]

"USA": Erscheinen des Schwarzbuchs in Amerika auf Englisch ohne Einsteins Vorwort
(S.191), in dem Einstein "menschenwürdige Existenzen für alle Menschen" gefordert hätte (S.196).

April 1946
New York: jüdische Feier von 6 Millionen "Märtyrern"
in der Sonderausgabe von Ejnikeit mit der Titelschlagzeile:
"Sonderausgabe, gewidmet dem Andenken an die 6 Millionen Märtyrer" (S.190).

26.7.1946
New York: öffentliche Verteilung der ersten Exemplare des Schwarzbuchs
"Black Book. The Nazi Crime against the Jewish People", an Senatoren und Abgeordnete, ohne das Kapitel Litauen von Abraham Sutzkewer (S.192).

Dez 1946
Basel: Zionistenkongress mit vielen linkssozialistischen Zionisten ohne russische Juden
Plan einer Weltkonferenz mit Beteiligung des JAFK mit den zahlreichen anderen antifaschistischen Komitees aus den "USA", aus England, Mexiko und Palästina. Gründung einer linken, prosowjetischen Weltbewegung. Micho'els und Fefer wurde die Ausreise aus der Sowjetunion verboten. Sie sind nicht dabei (S.207).

1947
Rumänien: rumänische Ausgabe des zensierten Schwarzbuchs von Ehrenburg
ohne das Kapitel Litauen (S.192) und ohne Einstein-Vorwort etc. (S.196).

April 1947
WJC-Europakonferenz in Prag
mit Delegierten aus den kommunistischen Ländern Europas, aber ohne JAFK-Beteiligung aus Moskau, weil vom ZK wieder verboten. Die "Ejnikeit" beginnt, den WJC wegen seiner Neutralität gegenüber dem Schicksal der russischen Juden zu kritisieren. Chejfez vom JAFK in Moskau greift den WJC intern bereits als "Spionageeinrichtung" an (S.207).

Ende Nov 1947
UNO-Beschluss zur Teilung Palästinas
(S.198). Die kommunistischen und linkssozialistischen Parteien haben nur wenig Einfluss in Israel (S.199).

1948
Israel-Gründung von Sowjetunion unterstützt - Stalins Taktik gegen England
Stalin unterstützt die Israel-Gründung, um die britische Position im ölreichen Nahen Osten zu schwächen, der von der sowjetischen Grenze nicht weit entfernt liegt (S.198). Stalin hofft auf Dankbarkeit einer künftigen linkssozialistischen Regierung Israels, auf künftige kommunistische und linkssozialistische Parteien, die für sowjetische Interessen eintreten würden (S.199).

Israel nach dem "Befreiungskrieg": Fusion der linken Parteien
Die sowjetfreundliche Partei Haschomer Hazair fusioniert mit der Achdut Haawoda zur Mapam (S.199).

Sowjetunion nach Israels Krieg: Tausende Juden verfolgt, eingekerkert und ermordet
werden als "Spione" oder "Nationalisten" verfolgt (S.213).

DDR: Rückgabe von Gütern an Kirchen
Die jüdischen Gemeinden gehen dabei fast leer aus. Die Kirchen bekommen dagegen ihr Eigentum zurück (S.298).

Anfang 1949
Moskau: Verhaftung der JAFK-Mitglieder v.a. wegen des Krim-Projekts
8 Jahre nach Erscheinen des Krim-Memorandums (S.180). Das Archiv des JAFK umfasst 1273 Aktenbände (S.160).

25.1.1949
Israel: Wahlen: Kommunisten bei 3,5%, Mapam nur bei 14,7%
Somit bleiben die sowjetfreundlichen Parteien ohne Regierungsbeteiligung (S.199)

[und Stalins Kalkül zur Einkreisung Englands in Sachen Ölinteressen ist vorerst nicht aufgegangen].

1950er/1960er Jahre

1952
Moskau: Prozess gegen das JAFK: Aufdecken aller Krim-Zusammenhänge
(S.177)
Anklagepunkt ist auch die Schwarzbuch-Mitarbeit, einer der wichtigsten Anklagepunkte, obwohl die Chefredakteure Ehrenburg und Grossmann selber nie verfolgt werden (S.193). Am 28.6.1952 gesteht Fefer die Spionage für die "USA" ein, er habe das Vertrauen von Persönlichkeiten des Westens missbraucht (S.151). Schlussendlich endet der Prozess mit Todesurteilen für die Leiter des Krim-Projekts von 1944 (S.179).

Jan 1953
Moskau: Stalin inszeniert ein "Ärztekomplott"
mit der landesweiten Behauptung, jüdische Ärzte hätten die Kreml-Führung vergiften wollen. Stalin plant die vollständige Deportation der russischen Juden nach Sibirien (S.17).

5.3.1953
Moskau: Tod Stalins rettet die Juden Russlands
für die die völlige Deportation vorgesehen war, geschildert u.a. in "L'Holocauste inachevé" von Alexander Borschtschagowski (S.17).

1967-1968
Sowjetunion bezeichnet Zionismus als Faschismus
(S.72) und spricht von einer Seelenverwandtschaft zwischen Zionisten und Antisemiten (S.72-73).

Okt 1967
Polen: erste Entlassung von jüdischen Offizieren nach dem 6-Tage-Krieg
(S.298)

1968
Polen: Entlassungen aller Juden aus Armee und Verwaltung - Vertreibung von 66.000 Juden
-- Entlassung aller jüdischen Offiziere vom Fähnrich bis zum General aus der polnischen Armee
-- Entlassung sämtlicher jüdischen Staatsbeamten
-- staatsmässig organisierte antisemitische Hetze und Vertreibung von "rund" 66.000 Juden 1968-1969, Aberkennung der Staatsangehörigkeit und der Rentenansprüche (S.298).

ab 1968
Sowjetunion: neue Repression gegen Juden in Russland
(S.311)

1970er Jahre

1970
Sowjetunion: 1027 Juden können auswandern
(S.311)

1971
Sowjetunion: 13.000 Juden können auswandern
(S.311)

1971-1977
Sowjetunion: 155.000 Juden können auswandern (S.311) und wandern in Israel ein (S.316)

1978-1988
Sowjetunion: 30.000 russische Juden wandern in Israel ein
(S.316)


1980er Jahre


1980
Israel: russische Ausgabe des Schwarzbuchs von Ehrenburg
unvollständig, ohne das Kapitel Litauen (S.192).

1980er Jahre
Birobidschan:  ca. 5000 Juden sind übrig
(S.87)

1981
New York: englische Ausgabe des unvollständigen Schwarzbuchs von 1980
(S.192)

1984
Jerusalem: Jiddische Ausgabe des unvollständigen russischen Schwarzbuchs von 1980
(S.192)

Sowjetunion: 796 Juden dürfen auswandern
(S.316)

1986
Perestroika/Polen: Weiterhin aberkannte Rentenansprüche der 1968 vertriebenen Juden
Die Aberkennung der  Rentenansprüche von polnischen Juden von 1968 wird nicht aufgehoben. Polen bezahlt den Vertriebenen von 1968 die Rente weiter nicht aus (S.298).

ab 1986
Gorbatschow: steigende jüdische Auswanderung erlaubt
(S.316)

Kein Verbot der gefälschten "Protokolle der Weisen von Zion"
(S.31)

Sowjetunion: Meinungsfreiheit lässt neuen Antisemitismus und Extremismus zu
Nationalisten, Antisemiten, russische Nazi und religiöse Fanatiker werden nicht mehr eingeschränkt. Juden stehen wieder öffentlich als Sündenböcke da. Neue Polarisierung der Gesellschaft, schlimmer als zur Zarenzeit, zum Teil von Intellektuellen unterstützt, zusätzlich provoziert durch den Zerfall der Sowjetunion und Nationalitätenfragen (S.317).

Dez 1989
Moskau: Rehabilitierungsverfahren  für JAFK-Mitglieder von 1952
(S.193)

1989-1997
Sowjetunion: 723.453 Juden wandern aus und in Israel ein - 100.000e wandern aus der Sowjetunion in die "USA", 50.000 nach Deutschland
Die russischen Juden gründen in Israel eigene russische Tageszeitungen, russische Symphonieorchester (S.320).


1990er Jahre

1990
Sowjetunion: 181.140 Juden wandern aus der Sowjetunion aus
(S.316)

13.4.1990
Moskau gesteht die Verbrechen von Katyn
an polnischen Offizieren von 1939/1940 ein (S.106)

1991
Tel Aviv: hebräische Ausgabe des unvollständigen russischen Schwarzbuchs von 1980
(S.192)

1992
Auftauchen einer Korrekturkopie des in Moskau 1946 eingestampften Schwarzbuchs
Irina Ehrenburg, Tochter von Ilja Ehrenburg, erhält von einem "Bekannten" [wer?] eine vom 14.6.1947 datierte Korrekturkopie des in Moskau 1946 eingestampften Schwarzbuchs.

und Auffinden des Original-Manuskripts des Schwarzbuchs vor der Zensur in einem KGB-Archiv
(S.192)

Moskau: Neuausgabe der "Protokolle der Weisen von Zion"
mit dem Namen des "Autors" Nilus (S.31).

Okt 1992
Moskau: Dokumente über Katyn
Vertreter der Sowjetunion übergeben der polnischen Regierung eine komplette Dokumentation mit der Opferliste der ermordeten Offiziere 1939/1940 (S.106).

1993
Gorbatschow-Besuch in Israel
(S.320)

Wilna: Druck des originalen Schwarzbuchs
Die bisher zensierten Texte sind kursiv eingefügt (S.192).

Moskau: Auswahl von 93 unveröffentlichten JAFK-Berichten: "Das unbekannte Schwarzbuch"
herausgegeben durch Historiker von Yad Vashem, mit Schilderung u.a. der Kollaboration und Verbrechen an bisher unbekannten Orten (S.195).

1994
Deutschland: deutsche vollständige Ausgabe des originalen Schwarzbuchs
mit dem Einstein-Vorwort, im Rowolt-Verlag (S.193) mit Publikation der zensierten Stellen über die Ukraine-Exekutionen, in kursiver Schrift eingesetzt (S.128).

1995
Israel: Russische Juden gründen eigene Partei: Israel baalija
(S.320)

Paris: französische vollständige Ausgabe des Schwarzbuchs
(S.193)

9.5.1997
Moskau: "Tag des Sieges": Strassenverkauf der gefälschten "Protokolle der Weisen von Zion"
durch Strassenverkäufer in den Strassen der russischen Hauptstadt (S.31).

1998
Lustiger: Buch: Stalin und die Juden
-- Lustiger  behauptet den Mord an 1,5 Millionen jüdischen Kindern in "Gaskammern" ohne jede Quellenangabe, mit der Ermordung der Eltern (S.326).

-- Lustiger bestreitet Stalins Kalkül, die Juden und das JAFK nur als Geldbeschaffer missbraucht zu haben:

"Wäre Stalin ein zweiter Hitler gewesen, so wäre der Kampf des JAFK an Stalins Seite eine Absurdität gewesen." (S.326).

Dabei gibt Lustiger zu, dass Stalin die Juden nur ausgenutzt hat (ab Mai 1945, S.206) und die Ausrottung 1953 bevorstand (Jan 1953, S.17).

-- Lustiger bekämpft auch Courtois Schwarzbuch des Kommunismus und die These, dass der Tode eines Judenkindes genau gleich viel Wert sei wie der Tod eines Kulakenkindes (S.326).

-- Lustiger verherrlicht Ilja Ehrenburg, der mit seinen Memoiren ein "ein literarisches, politisches und moralisches Testament" hinterlassen habe (S.193).

[Ehrenburgs völkerrechtsverletzende Hetzreden zur Vernichtung der deutschen Bevölkerung erwähnt Lustiger mit keinem Wort].

Polen: weiterhin keine Auszahlung der Renten für die 1968 vertriebenen Juden
(S.298)

2.3.1998
Berlin: Benefiz-Veranstaltung für das Jubiläum 50 Jahre Israel mit Gorbatschow
der Israel als "blühendes Land" verherrlicht, und "so ein Volk verdient Hochachtung und Bewunderung" (S.320)

[trotz allem Rassismus und planmässiger Apartheid und Lohn- und Wasserdiskriminierung gegen Palästinenser].

[und in Russland dürfen die Menschen bis heute keinen freien Wohnsitz nehmen, sonst würde niemand mehr in Sibirien wohnen wollen...]


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